Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
Abends |
Di-Sa ab 18.30 Uhr, So u. Mo Ruhetag |
Menüs: 155-245 € |
Im Herzen des Städtchens Deidesheim kann man ab dem Frühsommer bei entsprechender Witterung sehr gut nachvollziehen, warum die südliche Pfalz als die Toskana Deutschlands gilt. Und insbesondere auch der üppig begrünte Innenhof des Ketschauer Hofs mit seinen zugehörigen renommierten Weinhütern und den unterschiedlichen Gastronomiekonzepten trägt zu dieser mediterranen Illusion bei. Die Küche von unserem einstmaligen Newcomer des Jahres (2010) und Koch des Jahres (2023), der seit nunmehr zehn Jahren in dessen Gourmetrestaurant L.A. Jordan reüssiert, geht allerdings in eine etwas andere Richtung. Statt opulenter Italianità gibt es auf seinen Tellern fernöstlich inspirierten Purismus – letzteres zunehmend ausgeprägter, so dass man im Jahr 2024 im Zusammenhang mit Daniel Schimkowitschs kulinarischem Werk fast schon von Minimalismus sprechen kann.
Der 1985 im oberbayrischen Fürstenfeldbruck geborene Küchenchef, der seine bemerkenswerte Laufbahn nach einigen Jahren im Team von Christian Jürgens auf Burg Wernberg und später auch in der Überfahrt am Tegernsee mit seiner ersten eigenverantwortlichen Stelle im Münchner Tramin begann, schaut seit jeher recht wenig nach rechts und links und konzentriert sich lieber auf seine eigenen Vorstellungen und das Formen einer Handschrift. Er war nach Christian Bau und Tohru Nakamura einer der ersten, die hierzulande fernöstliche, speziell japanischen Aromen und Produkte in den Mittelpunkt ihres Schaffens rückten. Und obwohl das hierzulande im Fine Dining mittlerweile mehr Alltag als Trend ist, hat sich Daniel Schimkowitsch immer deutlich intensiver und differenzierter mit diesen Themen auseinandergesetzt als die allermeisten anderen Köche und eine eigene Herangehensweise an den Tag gelegt, die ihn mittlerweile auch zu einer selbstbewussten, ausdrucksstarken Stilistik geführt hat.
Markante Appetizer, beginnend mit einer knusprigen kleinen Tartelette, gefüllt mit säuerlich-pikant abgeschmecktem Tatar vom Poltinger Lamm nebst Wildspargel, Senfsaat und gehobeltem Comté, setzten auf ruhige, aber doch nachdrückliche Art und Weise schon zu Beginn des letzten Menüs wieder deutliche Ausrufezeichen. Weiter ging es mit einer besonders reizvollen Verbindung aus Bodenständigem und Exklusivem, nämlich Kartoffel, Zwiebel und Schnittlauch mit besonders hellem und besonders dickkörnigem Almas-Kaviar, wobei hier die noble alkoholische Note im luftigen Kartoffelschaum der entscheidende Clou war. Beim dritten Küchengruß begeisterte die schiere Qualität der markant rauchig angegrillten und trotzdem wunderbar glasig, knackig und klararomatisch auf den Teller gebrachten Gamba Roja, die auf einem Bett aus winzigen, fast schon an Kaviar erinnernden, besonders aromatischen Erbsen nebst Salicornes und Creme-Cru-Tupfen sowie elegant druckvoller „Thai-Vinaigrette“ platziert waren.
Daniel Schimkowitschs kompromisslose Produktphilosophie ist ebenfalls bemerkenswert und in gewisser Weise sehr japanisch. In glasig-zarter Perfektion wurde die bayrische Tigerforelle aufs Porzellan geschickt, die, ganz „nackt“ in ein weißes Schaumbad gesetzt, maximal puristisch anmutete. Zumindest optisch, denn unter der Haube aus Holunderblütenschaum verbarg sich mit beherzt angeflämmtem weißem Pfälzer Spargel und einem effektiven Hauch von schwarzer Trüffel und Gänseleber ein bei aller Leichtigkeit erstaunlich volles und tiefes Gericht. Und genau diese frappierende Diskrepanz aus Leichtigkeit und Fülle ist ein ganz besonderes Merkmal von Daniel Schimkowitschs Küche, die über die Jahre hinweg immer noch ein wenig besser geworden ist.
Süße und Säure wurden bei „Mr. Kaisergranat“ aufs Schönste in Einklang gebracht. Die Säure durch die Fingerlimes auf dem Krustentier sowie die mit Galgant und Sakazu abgeschmeckte Beurre blanc und die Süße insbesondere durch den fermentierten Honig, mit dem der einmal mehr herausragend gute Langustino norwegischer Provenienz und bester Güte gewinnbringend eingelassen war.
Ähnlich minimalistisch wirkte die ebenfalls aus Norwegen angeschipperte, adäquat sanft gedämpfte Jakobsmuschel in bester festfleischiger und nullkommanull fasriger Fassung, die nur in mundgerechte Scheiben vorgeschnitten und mit Mandelcrunch und etwas Melisse getoppt auf einer Sauce auf Basis von gereiftem Mirin und Schmalz präsentiert wurde. Diese Sauce war zwar einerseits sehr von Umami und eleganter Süße geprägt, war bei aller Wucht und Vielschichtigkeit aber trotzdem transparent und fein nuanciert. Das Schmalz machte sie noch runder und fülliger, pufferte sie aber auf wundersame Weise auch sehr gefällig ab.
Frei nach dem Motto, dass ein Gericht immer erst dann perfekt ist, wenn man nichts mehr weglassen kann, genügte sich der Kinmedai von den Azoren mit seinem eindrucksvoll festen, hellen Fleisch unter rotschwarz schimmernder Haut, nur mit etwas Koshihikari-Reis und mariniertem feinstreifigem Palmherz als dünn auftragende Eskorte. Und ein pikanter Sud von Amarillo-Chili breitete sich darunter raumgreifend aber alles andere als dominierend aus und hob die Produkte subtil, fast beiläufig auf ein anderes Level.
Ähnlich aufgeräumt präsentierte sich auch der Hauptgang, in dessen Mittelpunkt eine Tranche von der sanft und lang geschmorten Short Rib eines Black Angus Rindes stand. Die war mit ebenfalls geschmortem, süßlich-bitteraromatischem Radicchio und satt marmoriertem, hauchzartem Rinderschinken getoppt, wurde ansonsten nur noch von einem Klecks seidiger Selleriecreme eskortiert und auf einer komplexen Steinpilz-Sojasauce angerichtet, einem Hybrid aus Kraft und Eleganz, aus Dichte und Transparenz.
Shiso-Blüten waren schließlich das i-Tüpfelchen auf dem Vordessert „Hanami“, das sich um aromatische Walderdbeeren mit feinsandigem Crunch und leicht rahmig unterlegtes Rhabarbereis auf süßschmelziger Panna cotta drehte und mehr hell, leicht und floral anmutete. Ganz anders, nämlich dunkel, opulent und tief, war dann das hochgetürmte Hauptdessert „Thai Chocolate“, bei dem sich 66%ige Beni Wild Harvest Schokolade in verschiedenen Aggregatzuständen wie Eis, Mousse oder Luftschokolade auch aromatisch in unterschiedlichen Facetten präsentierte und von einer mit Tamarinde mutig würzig gestalteten Ananassauce den unkonventionell kreativen Twist bekam.
Und weil das alles eben sehr reduziert, leicht und ausgewogen komponiert ist (dass man trotzdem satt wird, muss auch in der Pfalz nicht expliziert erwähnt werden), kann man die als finalen Streich statt Petits fours und Pralinés aufgetischte glasierte fluffige Buchtel mit rahmig-fruchtigem Cremeux von Tonkabohne, Kalamansi und Sanddorn à part auch noch in vollen Zügen genießen. Wer nicht mehr fahren muss, kann dies natürlich auch mit der anspruchsvollen Weinbegleitung von Sommelier Stephan Nitzsche machen, der dafür auf einen repräsentativen Weinkeller mit einem Fundus von weit über 1000 verschiedenen Gewächsen und unzählige gereifte Raritäten zurückgreifen kann.
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