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Fotos: Alte Liebe

Alte Liebe

Alpenstr. 21
86159 Augsburg
0821-65057850

aktualisiert: 05 / 2025
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Sa ab 18 Uhr, So-Di Ruhetag
Menüs: 195 €

„Eine Küche. Zwei Konzepte.“ lautet das Motto der Alten Liebe von Inhaber und Küchenchef Benjamin Mitschele, der hier mit einem engagierten Team, allen voran seiner langjährigen rechten Hand Stefan Wagner, von vier Öffnungsabenden in der Woche zwei mit anspruchsvollen, stilistisch wechselnden Bistro-Gerichten (mittwochs und donnerstags) und die anderen zwei mit einem achtgängigen Tasting-Menü (freitags uns samstags) bespielt. Da manche der aufwendiger und detailreicher konzipierten Kreationen des Menüs auf den etwas einfacher zusammengesetzten Gerichten der Bistro-Karte aufbauen, macht das auch aus ökonomischen Aspekten durchaus Sinn.

Viele der verwendeten Gemüse und Kräuter stammen dabei aus der eigenen Gärtnerei, die Benjamin Mitscheles Frau Ines bewirtschaftet. Und auch sonst wird in der Alten Liebe sehr bewusst und nachhaltig gearbeitet, aber ohne ideologisch ein bestimmtes Genre zu bedienen. Überhaupt ist die Küche nicht nur kreativ, sondern auch erfrischend eigenständig. Und immer steht der gute Geschmack im Mittelpunkt. Das mag wie eine Phrase klingen, hat aber durchaus Bedeutung, denn wie oft wird heutzutage in der ambitionierten Küchenwelt irgendetwas zusammengebastelt, was nur Mittel zum Zweck scheint und vielleicht gut aussehen mag, aber eben nicht wirklich gut schmeckt. Anders hier, denn die Kreationen wirken alle bis ins Detail durchdacht und wurden klar erkennbar von den Produkten und Aromen hergeleitet.

Der Start ins Menü „Nah & Fern“, das in fünf oder acht Gängen zu haben ist, war zunächst ein kleiner, reinaromatischer Ausflug in den Wald: mit Rehtatar, Topinamburcreme, Cassisgelee und Fichtensprosse in einem Mini-Cupcake, flankiert von einer kräftigen Rehconsommé mit ätherischem Oberton, der von Fichtenöl herrührte. Ein weiterer Gruß folgte in Gestalt eines „Burgers“ mit „Bun“ aus Kombualgen-Baiser und „Patty“ aus Flussbarsch-Tatar, begleitet von etwas Kaviar des Fischs auf Tamagoyaki in einem milden Sojasud.

Wie feinmotorisch und vielschichtig die Kreationen von Benjamin Mitschele bisweilen sind, zeigte dann noch eindrucksvoller die Vorspeise mit Tatar von trockengereifter Seeforelle der Fischzucht Birnbaum und ihrem mild aber prägnant geräucherten Rogen, die sich inmitten des kühlen Schmelzes eines Molkesuds und geeister Meerrettich- und Kräuter-Stickstoffperlen tummelten – erfrischt außerdem von gepickelten Kohlrabischeibchen und frischem Sauerklee. Sowohl die Texturverläufe als auch die Temperaturen der Komponenten waren hier exakt kalkuliert. Das Tatar nicht kalt, sondern wohltemperiert, die Fischhaut kross, die Stickstoffperlen eisig, der Kohlrabi dazwischen knackig und saftig – feine Säuren, kühler Schmelz, roher fleischiger Fisch: ein vielschichtiger, frischer und leichter Eindruck mit einem klaren geschmacklichen Fokus und eben sehr viel gutem Geschmack.

Ganz ähnlich wie das Begleitgetränk der empfehlenswerten alkoholfreien Getränkebegleitung, das auf Basis von Kohlrabisaft zubereitet war und dessen klares und prägnantes Aroma mit genügend Frucht, Süße und Schmelz kongenial zu unterstützen vermochte. Auch alle anderen nullprozentigen Begleitgetränke, etwa eine Pink-Grapefruit-Limo mit Salzzitronensud oder ein Getränk aus entsaftetem Spitzkohl mit Bergamotte, Sauerkraut und Chardonnay-Traubensaft, waren spannend, individuell und für sich genommen absolut stimmig, als Essensbegleiter aber teilweise etwas zu dominant. Da könnten nach unserer Auffassung mit mehr Zurückhaltung, vor allem auch in puncto Süße, noch überzeugendere Ergebnisse zustande kommen. Wer die optimal korrespondierenden Weine zum Menü trinken möchte, begibt sich am besten ganz in die Hände von Peter Karl, unserem Sommelier des Jahres 2022, der hier ein ebenfalls sehr individuelles Sortiment kuratiert, das längst nicht nur mit einer beachtlichen Burgunder-Kollektion beeindruckt.     

Zurück zur Küche: Ein ebenfalls sehr feinsinnig und komplex arrangierter Gang war das vegetarische Zwischengericht mit dünnen, knackig blanchierten Spargelstreifen, die als Nest rund um feinwürzige Hollandaise und eine mit Umami voll aufgeladene Creme von Perlgraupen-Koji drapiert wurden. Einige knusprige geröstete Perlgraupen, eingelegte Holunderblüten, verschiedene Kräuter, sowie ein mit Holunderblütensirup abgeschmeckter Spargelschaum setzten dazwischen immer wieder Akzente.

Beim saftig gegrillten Wels, der mit crunchy Kartoffelpops und Croûtons beflockt auf seinem Dock aus einer Art Terrine von gegrilltem Lauch thronte, hat das Team gleich nochmal die herzhafte Umami-Karte gespielt. Nicht nur durch den Unagi-Lack, mit dem der Fisch vor dem Grillen glasiert wurde, sondern auch durch einen Dashisud aus Wurzelgemüse sowie eine aus geräucherter und gesalzener Butter hergestellte Sauce Hollandaise. Ein Nadelstich Säure als Kontrast hätte das Ganze zwar sicher auch noch etwas dynamischer wirken lassen, aber auch so war das ein großartiges, zwar recht molliges, aber auch wieder sehr facettenreiches Gericht. Die dazu kombinierte Safranlimonade mit Himbeeressig und Verjus aus der alkoholfreien Getränkebegleitung war einmal mehr ein originelles Getränk, nach unserer Auffassung aber eben etwas zu süß und plakativ, um als perfekter Essensbegleiter durchzugehen.

Ein sehr puristisches maritimes Intermezzo wurde sodann mit einer in festfleischiger Idealform und sehr klarem Geschmack nur mit etwas Kürbis und Sauce angerichteten Tristan-Languste aufgeboten. Der Kürbis als eingelegte runde Scheiben mit etwas Reischip und Korianderkresse auf dem Krustentier und als asiatisch angehauchter Kürbisschaum nebst aufgeschäumter Bisque mit etwas Krustentieröl darunter. Und mehr brauchte es da auch gar nicht, um ein sehr ansprechendes pointiertes Geschmacksbild mit Tiefgang zu erzeugen.

Der konzeptionell vielleicht auf den ersten Blick „klassischste“ Gang des Menüs, der aber durch seine frischen, ätherischen und laktischen Akzente in keiner Weise behäbig daherkam, war das erste Fleischgericht rund um Lamm. Als ein saftig-zartes Stielkotelett, eine Scheibe von einer kleinen Roulade aus Rückenfleisch, Bärlauchfarce und Fettlappen, sowie eine bemerkenswert pure und zugleich kraftvolle Jus, die von Schafsjoghurt, Minzschaum, und einer mit frischen knackigen Erbsen und Kohlrabiperlen gefüllten Erbsenschote begleitet wurden.

Ein zweiter Fleischgang drehte sich um ein kerniges Stück Rib Eye Cap von Wagyu-Rind der höchsten Marmorierungsstufe, das wieder eher puristisch nur von einer dicken, properen Stange grünen Spargels aus der Provence eskortiert wurde. Letztere lasiert mit Kimizu und einer Creme von fermentiertem Knoblauch und Soja, darauf ein zitrisch-pfeffriges Kinome-Blatt vom Sansho-Strauch. Nicht zu vergessen die Rinderjus, in der viele kleine schmelzige Würfel vom Wagyu-Fett schwammen.

Ein willkommen leichtes und frisches Dessert aus geeister Shiso-Sahne, Shisocreme und verschiedenen Zitrusfrüchtefilets läutete danach den süßen Teil des Menüs ein. Und der mündete anschließend in eine Interpretation vom Apfelstrudel mit Calvadossahne und Rumrosinen in Gestalt von Kartoffelteigblättern, Apfelchips, Karamellparfait und weiteren dünn geschichteten Elementen, bevor er mit einer raffiniert salzig-karamelligen Brioche Feuilletée nebst Rhabarberkompott und rahmigem Softeis ebenso raffiniert wie unkompliziert endete. Klarer Fall: die Aufwertung auf 8 Pfannen mit Bonuspfeil ist mittlerweile hoch verdient!

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