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Fotos: La Vallée Verte

La Vallée Verte

im Hotel Hohenhaus
Hohenhaus 1
37293 Herleshausen
05654-9870

aktualisiert: 09 / 2024
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Sa ab 19 Uhr, So-Di Ruhetag
Hauptgerichte: 94-145 €,
Menüs: 175-255 €

Auf Schloss Hohenhaus, das idyllisch verwunschen im Hügelland Waldhessens direkt an der Grenze zu Thüringen liegt, ist alles im Fluss. Was hier unter Hoteldirektor Peter Niemann bereits in den vergangenen Jahren angegangen und realisiert wurde, ist bemerkenswert – und es sind immer weitere neue Projekte in der Entstehung. Auch auf dem Küchenchefposten des kleinen, feinen Gourmetrestaurants La Vallée Verte, das im kommenden Jahr zudem in sein neues Domizil umziehen soll, hat sich kürzlich wieder etwas getan: Mit Luca Allevato steht hier seit Juli 2023 wieder ein neuer erfahrener und ambitionierter Cuisinier am Herd, der viele gute Stationen wie das Gästehaus Klaus Erfort, die Schwarzwaldstube unter Harald Wohlfahrt und das Restaurant Bareiss in seiner Vita stehen hat, in jüngerer Vergangenheit der Sous-Chef von Benjamin Chmura im Tantris war, und zuletzt für ein halbes Jahr in der Steinhalle Bern reüssierte.

Die seit längerem propagierte „Kreislaufwirtschaft“ und der überwiegende Bezug regionaler Produkte aus dem kleinen Umkreis von nur 20 km Entfernung steht in dem inmitten von wild und unberührt wirkenden Wiesen, Wäldern und Weiden versteckten Schloss weiterhin klar im Mittelpunkt des Kulinariums. Vom eigenen Anbau vieler Produkte und Viehzucht auf dem eigenen Landgut, der handwerklichen Herstellung auch von Basiszutaten wie Brot und Essigen, bis hin zum engen Lieferantennetzwerk und sozialem Engagement findet man hier als Gast einen faszinierenden eigenen Kosmos vor – und erkennt schnell, dass das Thema Nachhaltigkeit hier nicht bloß ein Lippenbekenntnis ist, sondern gelebt wird.

Die Teller des im Gourmetrestaurant servierten, wahlweise sechs- oder achtgängigen Menüs widmen sich also überwiegend sehr konsequent der Region, lassen aber immer wieder auch Produkte und Geschmäcker der Bretagne hochleben, was damit zu tun hat, dass Gastgeber Peter Niemann lange Zeit auf der größten Halbinsel Frankreichs verbracht hat und nach dort nicht nur familiäre Verbindungen hat, sondern auch direkten Kontakt zu vielen Erzeugern pflegt. Und seit neuestem scheinen bei manchen Gerichten auch die italienischen Wurzeln von Luca Allevato durch. Eine durchaus spannende Kombination…

Die synchron aufgetragenen sechs Apero-Snacks, die hier meist nicht im Restaurant selbst, sondern entweder in der großzügigen Kaminlounge oder im Sommer draußen auf der Terrasse serviert werden, ließen auch beim jüngsten Besuch keine Zweifel aufkommen, dass mit unvermindert hohen Ambitionen gekocht wird und der Gast sich wie im Schlaraffenland wähnen soll. Kleinteilig und vielschichtig, aber nicht zu verspielt, vor allem aber jeweils mit einer sehr deutlichen und klaren aromatischen Aussage, überzeugten da zuletzt Dinge wie ein kleiner süßsäuerlich marinierter „Gemüsegarten“ im Knusperkörbchen, eine Zwiebelwähe, eine vollaromatische Essenz aus den ersten heimischen Steinpilzen, eine intensive Gurkensphäre mit Joghurt und Kaviar oder ein „Mini-Burger“ aus Tomatenbaiser mit Panchetta von den eigenen Schweinen und Parmesan.

Auch der herzhafte Brioche-Gugelhupf mit Speck und Fenchelsaat und das helle Sauerteig-Krustenbrot, die mit Wiesenkräuterbutter und Sardellenbutter mit Salzzitrone aufgetragen wurden, standen für ausdrucksstarke Geschmäcker. Mit wieviel Fokussierung auf die herausragenden Produkte und Feingefühl für Proportionen und Aromen gearbeitet wird, zeigte dann schon der mit einer dünnen Hülle aus rohem Apfel ummantelte Rauchaal, der in Idealform als saftig-mildes fleischiges Zentrum des Amuse-Bouches mit genau der richtigen Dosis an Apfelfrucht, Meerrettichschärfe und Erdigkeit von Gelber Bete umspielt war. So stand der Fisch klar im Mittelpunkt und war dennoch nicht auf sich alleingestellt.

Noch viel elaborierter, nämlich sehr kunstvoll und präzise unter einem mit verschiedenen Kräuterblättchen und Blüten ausdekorierten halbkugelförmigen Hippengitter in Szene gesetzt, war die Vorspeise um Makrele aus dem dänischen Skagen, die als Produkt ebenfalls voll begeisterte. Nicht wie so oft etwas derb, sondern ausgesprochen klararomatisch, mild und sauber im Geschmack, dabei saftig und zart, waren die nur dezent gebeizten und minimal angeflämmten Stücke, die von ebenfalls sehr mildem, zurückhaltend eingesalzenem Störkaviar auf der mineralischen Seite verstärkt wurden, rund um ein von Vadouvan-Espuma getopptes, mit grüner Bohne, Tomate und Olive vermengtes Makrelentatar angerichtet. Unterlegt von einem viel Frische spendenden Escabeche-Sud, dazwischen ätherische Würze einiger Kamillenblüten – ein großer Wurf!

Nicht ganz so komplex und feingezeichnet wie dieser Auftakt, aber dennoch sehr überzeugend, präsentierte sich der Kabeljau mit Nussbutterschaum, Beurre blanc, fruchtig mariniertem Blumenkohl sowie Öl und Creme von Schnittlauch. Spielentscheidend war für die Komposition eine zwischen dem blättrigen, festfleischigen Fisch und den marinierten knackigen Blumenkohlscheiben on top versteckte Nocke aus unter anderem Blumenkohl, Pinienkernen und geröstetem Lardo-Speck, die dem Ganzen nicht bloß als Puffer diente, sondern auch Tiefe spendende.

Der sehr große und einmal mehr auch qualitativ wieder voll begeisternde Kaisergranat hatte es mit seinen Mitstreitern auf dem Teller in Gestalt zweier Mais-Komponenten (knackig und cremig) nebst milder Schmandcreme und aromatisch wie haptisch sehr konzentriert verdichteter Krustentierjus nicht gerade leicht. Doch der knackig-feste, leicht angeröstete Langustinenschwanz konnte da allein durch seine starke Präsenz locker mitspielen. Ein schwächeres Produkt mit weicherer Konsistenz hätte es da schon schwerer gehabt, sich zu behaupten. Und genau deshalb hatte auch der in festfleischiger Perfektion zusammen mit seinem Kaviar auf den Teller gebrachte Stör aus der Fuldaer Zucht von Olga Kunst keine Probleme mit seinen ebenfalls äußerst markanten Mitstreitern, vielmehr dockten die intensive Haselnusscreme und der Bucheckernschaum fast kongenial am natürlichen nussigen Charakter der Hauptakteure an.

Unser persönliches Highlight war jedoch der Hauptgang, der sich um exzellentes Kalbfleisch (von Sabine Opfer aus Datterode) drehte, das hier in Gestalt eines überraschend ausdrucksstarken, saftig-eigenaromatischen, nur sehr dezent mit einer Art Barbecue-Lack eingelassenen Rückenstücks und als Scheibe einer Art Schicht- oder Pressterrine von Kalbskopf und Kalbsbries (großartig!) zugegen war. Zweierlei fruchtig-pikante Varianten von der roten Paprika, ein Stück hell geschmorter Aubergine mit einem flockigen Topping aus Parmesan, Pinienkernen, fadendünnem Basilikum und Zitrone, eine kleine raffinierte Pomme Duchesse und kraftvoll ausgewogene Jus mit unaufdringlichen Barbecuearomen fügten sich rundum stimmig ins zupackende Gesamtbild.

Ein kleiner, cremig-knuspriger Käsegang und ein erfrischend leichtes und dennoch mit herben Zitronen- und Verbene-Aromen markant zugespitztes Vordessert zeigten ebenso wie das eigentliche Dessert auch im Finale hohes Niveau. Letzteres drehte sich eigentlich ausschließlich um 68%-prozentige, über sechzig Stunden zu unvergleichlichem Schmelz conchierte Felchlin-Schokolade und Passionsfrucht – doch durch die unterschiedlichsten Texturen, in denen insbesondere die Schokolade interpretiert wurde, hatte man es auch hier mit einem sehr facettenreichen Abschluss zu tun. Und weil der neue Sommelier Jonas Erhardt, der aus dem Restaurant Schanz nach Herleshausen gekommen ist, innerhalb seiner Weinreise mit guten Ideen für spannende Pairings punktet, ist im La Vallée Verte auch in den Gläsern weiterhin Anspruchsvolles zu finden.

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