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Fotos: Courtier

Courtier

im Hotel Weissenhaus (Grand Village Resort & SPA)
Parkallee 1
23758 Weissenhaus
04382-92620

aktualisiert: 10 / 2022
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Sa ab 19 Uhr, So-Di Ruhetag
Menüs: 239-259 €

Nachdem sich uns in der zurückliegenden Testsaison leider keinerlei Möglichkeit bot, dieses in einem neobarocken Herrenhaus inmitten einer von Deutschlands luxuriösesten Hotelanlagen residierende Gourmetrestaurant als externe Gäste zu besuchen, mussten wir die Bewertung vorübergehend aussetzen. Nachdem das Tor des imposanten weitläufigen Hideaways nun aber auch für Nicht-Hotelgäste, die Christian Scharrers Kochküste genießen wollen, wieder permanent offensteht, konnten wir uns endlich ein frisches Bild vermitteln und dürfen nun erfreut herausposaunen, dass der stets sympathisch bescheiden auftretende Küchenchef und sein Team hier unverändert Vollgas geben und weiterhin eine beeindruckende Performance abliefern, die unsere Höchstbewertung zweifelsohne rechtfertigt.

Im Direktvergleich zu unserem letzten Besuch hat uns die Küche diesmal in der Gesamtschau sogar noch etwas besser gefallen, wirkte noch klarer und akzentuierter, in den Details präziser und jede Komposition mit einer enormen Tiefenschärfe. Ganz grundsätzlich pflegt der in Baden geborene und einst bei Harald Wohlfahrt in der Schwarzwaldstube zum großen Könner gereifte Scharrer für sein Menü einen sehr klassischen französischen Stil, ganz wie sein einstiger Lehrmeister, lässt viele seiner Kreationen aber auch modern wirken, weil er handwerklich und technisch auf einem höchst anspruchsvollen Level arbeitet und auch nicht an kreativen Ideen spart. Dennoch kommen seine Gerichte niemals verkopft oder übermotiviert daher. Vielmehr holt Scharrer die Gäste mit sehr zugänglichen Geschmacksbildern ab, die er allerdings so facettenreich und vielschichtig interpretiert, dass er damit vom Gourmet-Novizen bis zum erfahrenen und sehr aufgeschlossenen Feinschmecker eine breite Zielgruppe begeistern kann.

So auch zuletzt schon mit seinen vegetarischen Einstimmungen zum Aperitif im Fingerfood-Format, etwa einer Chawanmushi-Variante mit Aubergine und insbesondere mit dem Amuse-Bouche, das sich um Hamachi und Avocado drehte: Die japanische Gelbflossenmakrele kam hier als Sashimi und als Ceviche zusammen mit perfekt reifer und aromatischer Avocado, Tupfen einer wohldosiert feine Umamiwürze spendenden Korianderkresse-Mayonnaise, der grünen prononcierten Schärfe von ebenfalls sehr exakt eingebrachtem Jalapeño und kleinen erfrischenden Stücken von Pomelo als sehr schön klar und natürlich schmeckender Einstieg an den Tisch. Und wurde im Anschluss von einem süchtig machenden warmen Laugenplundergebäck mit darauf langsam anschmelzender Algenbutter beinahe noch getoppt. Weiteres Brot ist im Rahmen der insgesamt siebengängigen Speisefolge nicht vorgesehen und man vermisst es auch nicht.

Man vermisst trotz der klassischen Prägung der Küche auch weder Spannung noch Originalität. Denn schon die Komposition um Gänseleber und Aal wirkte kompositorisch äußerst einfallsreich und dynamisch. Die Foie gras fand hier als Würfel einer Terrine statt, die aus gebratener Leber gefertigt war und dergestalt ein ausgeprägteres Aroma aufs Porzellan brachte, als wenn sie nur roh mariniert gewesen wäre; der Aal süßlich-würzig karamellisiert und deshalb auch sehr vielschichtig. Mit Birne in unterschiedlichen Aggregatzuständen und Brunnenkresse als prononciert herben Gegenspieler, aber auch dem Clou einer geräucherten Crème fraîche unter einer dünnen Geleeschicht von der Brunnenkressegelee, die hier zudem als Bindeglied zwischen den einzelnen Komponenten fungierte, gelang es dem Chef, einen richtig schmissigen Akkord und eine unkonventionelle Gänseleber-Vorspeise zu kreieren.

Deutlich traditioneller, aber durch die raffiniert ausgearbeiteten und freigestellten Akzente ebenfalls alles andere als behäbig, war das Geschmacksbild der Rotbarbe à la Bouillabaisse mit Strandgewächsen. Neben Bouchotmucheln, einer Fenchelcreme, Sauce Rouille als Creme und Pulver, der kraftvollen Bouillabaisse-Sauce selbst, sowie den crunchigen Schuppen des Fischs, sorgten allerhand mineralische Kräuter von Passepierre über Meerfenchel bis Austernblatt für aromatische Vielschichtigkeit und haptische Reize. Ein ganz hervorragender Gang, federleicht aber mit viel Tiefgang und dabei mit gestochen scharfen aromatischen Konturen.

Etwas schlichter war im direkten Vergleich der Carabinero mit Bohnen und Bohnenkraut angelegt, allerdings bot auch dieser Zwischengang mit einem erstklassigen Hauptprodukt und perfekt herausgearbeiteten markanten (aber nicht dominanten) Aromen höchstes Niveau. Genau wie die grandiose, mit Café-de-Paris-Butter gratinierte, kleinen Pfifferlingen bestückte und dem markanten Aroma der Tahoonkresse akzentuierte Seezunge, die auf einem See aus süchtig machender Champagner-Beurre-blanc angeschwommen kam. Mit Eleganz, viel Zug und Tiefe, sowie ihrer prägnanten, perfekt eingebundenen Schaumweinaromatik und -säure demonstrierte letztere Scharrers Saucenmeisterschaft einmal mehr höchst eindrucksvoll.

Und diesen Beweis blieb auch die komplexe rotweinschwangere Wildsauce nicht schuldig, die den mit gepufftem Knusper und kleinen Stückchen gefriergetrockneter Kirschen beflockten Rehrücken und süffiges Rehkeulen-Schmorfleisch barock tiefschürfend und zugleich grazil leichtfüßig umspielte. Kirsche war hier auch in Form mit Gänseleber gefüllter Früchte zugegen, außerdem bilderbuchhafte kleine, feste Steinpilze und scharf angerösteter wilder Brokkoli. Den originellen Aha-Effekt spendete dem Wildbret aber eine seidige und sehr pure Pistaziencreme, die genau die richtige Dosis an Nussigkeit, Schmelz und Süße an das Gericht brachte und ihm so seine unwiderstehliche Note verlieh, die den gewissen Unterschied machte.

Und ganz gleich ob beim Käsegang zum Thema Frischkäse, Zitrone und Thymian, oder dem Dessert rund um die Leitaromen von Zwetschge, karamellisierter Milch und Brot: auch die Pâtisserie im Restaurant Courtier folgt dem Credo der maximalen Ausdruckskraft bei höchster Eleganz. Mit starken Aromen in handwerklich perfekt umgesetzten Komponenten, die in idealer Proportionierung höchst geschmeidig ineinandergreifen und ein zu hundert Prozent harmonisches und dabei trotzdem sehr aufregendes Geschmackserlebnis bieten. So macht die französische Klassik richtig viel Spaß! Und weil dem allen auch der liebenswürdige Service von Nathalie Scharrer und die Qualität der Weinauswahl (sowie der glasweisen Empfehlungen) in nichts nachsteht, können wir nach dem jüngsten Besuch wieder besten Gewissens resümieren, dass Weißenhaus für Gourmets eine Reise wert ist.

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