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Fotos: BjoernsOx

BjoernsOx

in der Rhöner Botschaft
Bahnhofstr. 2
36466 Dermbach
036964-869230

aktualisiert: 11 / 2022
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Sa ab 18.30 Uhr, So-Di Ruhetag
Menüs: 139 €

Selten führen in der mitteldeutschen Gastronomielandschaft Tradition und Heimatverbundenheit zu einer so zeitgemäßen und weltoffenen Kulinarik wie in der Rhöner Botschaft, respektive deren Gourmetrestaurant BjoernsOx, in dem Gastgeber und Küchenchef Bjoern Leist seit Jahren einen sehr eigenständigen und originellen Küchenstil jenseits gängiger Moden und Trends pflegt. Die mit ihrer dunklen Balkendecke heimelig und nostalgisch anmutende gute Stube des mit modernen Anbauten erweiterten Traditionshauses im Herzen des Rhön-Städtchens wird an mehreren Abenden in der Woche zum Treffpunkt für Gourmets, die hier ein einheitliches achtgängiges Menü kredenzt bekommen. Das fällt gemäß der Metzgerei-Historie von Familie Leist und des Gesamtkonzepts bewusst recht fleischlastig aus, kommt deshalb aber keineswegs einseitig daher.

Zumal bei allem Faible für gutes Fleisch und ehrenwerte handwerkliche Metzgereiprodukte aus eigener Fabrikation schon auch heimischer Fisch und manchmal auch Meerestier eine Rolle im Menü spielen. Was sich jedoch konsequent wie ein roter Faden durchs Kulinarium zieht, ist ein Hang für kraftvolle, gern sehr deftige Geschmacksbilder. Für stark verfeinerte, aber nicht verfremdete Rustikalität.

Schon die fünf Kleinigkeiten zum Aperitif spiegeln den Charakter der Küche deutlich wider. Auf der Fleischseite mit herzhaft abgeschmecktem Rindertatar auf Sauerteigchip, einem aparten Mini-Gericht von Thüringer Bratwurst mit Senf, Käsecreme und geflämmten Brotwürfeln oder der mit Bitterschokoladenkaramell umhüllten Leberwurst – auf der maritimen Seite in Gestalt von Russischem Ei mit Störkaviar und einer Amuse-Version der bereits aus dem Vorjahr so ähnlich als Zwischengericht bekannten Jakobsmuschel à la „Flurgönder“, inspiriert von einem hessischen Traditionsgericht aus Schwartenmagen. Das kommt alles ebenso authentisch wie fein daher, denn es ist wie gesagt Björn Leists Spezialität, herzhafte Rustikalität auf sehr elegante und trotzdem ursprüngliche, unverkünstelte Art zu interpretieren.

Dazu passt auch die klassische Kalbs-Paté „en croûte“ zur Vorspeise, die auf drei Tellerchen à part von einer Art Relish aus Kürbis und Zwetschgen mit Früchtebrot, einer etwas seltsam moussig-geleehaften Remoulade und vielsortigem Wildkräutersalat eskortiert wurde. Letzterer war à la minute unter einer Glascloche geräuchert, was überraschenderweise tatsächlich sehr originell geschmeckt und wiederum perfekt zum zupackenden Stil von Björn Leist gepasst hat.

Der folgende Gang war dann der Sachsenhof-Forelle und der Zwiebel gewidmet und erstreckte sich ebenfalls über mehrere Teller: auf dem Hauptteller eine Ceviche-Interpretation mit etwas Forellenkaviar und Mädesüß-Gelee, daneben ein lauwarmer Zwiebelsalat mit hausgebackenem Weißbrot und als panierte Praline gebackenes Forellentatar mit Zwiebelcreme. Alles in allem durch die vielen teils recht rohen Zwiebeln und relativ viel Salz an manchen Komponenten eine ziemlich deftige Angelegenheit, als solches aber durchaus delikat – zumal die Süße der Geleewürfel der herzhaften Würze entscheidend etwas entgegensetzen konnte.

Zurück zur Fleischeslust und zu zarten Schweinebäckchen, die als gepökelte Variante und als Sülze zum Besten gegeben wurden. Ersteres auf einem Kartoffel-Kohlrabi-Stampf mit frischen Erbsen, umgeben von einem Sud aus Schnittlauchöl und Wurstbrühe, letzteres mit Kohlrabi-Dim-Sum getoppt auf einer leichten geräucherten Kartoffelcreme. Beides wieder relativ deftig und was den Salzgehalt angeht im Grenzbereich, aber ebenfalls gerade noch vertretbar, in Summe aber an dieser Stelle dann schon langsam etwas anstrengend…

Und aufgrund der nicht gerade zierlichen Portionsgrößen und der generellen Intensität der Gerichte wirkte diesmal der fast schon obligatorische „Kloß mit Soß“ – ein kleiner, mit kraftvoller dunkler Sauce gefüllter Kartoffelknödel mit schwarzer Trüffel – fast schon etwas zu mächtig. Grundsätzlich ist dieser Signature-Dish von Björn Leist aber eine feine Sache, der in der diesjährigen Version eine Art Brot-Gitter, mit der der Kloß im tiefen Teller abgedeckt war (und für das mutmaßlich die sonst obligatorische Brotwürfel-Füllung Pate stand), einen reizvollen Kontrast zum weichen Knödel entgegensetzen durfte.

Vom Rhöner Weideochsen gab es im Hauptgang nicht nur das kernige Flank-Steak, sondern auch eine dünne Scheibe von der zarten Zunge sowie à part unter Kartoffelschaum ein süffiges Ragout, auf einem weiteren Tellerchen sogar noch dünnen, schmelzigen Schinken, mit dem zwei fantastische hausgemachte Pommes frites umwickelt waren. Und apropos Pommes: Kartoffel auch auf dem Hauptteller, nämlich als kleines klassisches Gratin, daneben Pfifferlinge und Kräuterseitling sowie eine tiefe, torfige Creme. Alles in allem für uns das beste weil ausgefeilteste Gericht des Menüs.

Sehr gut auch diesmal wieder die Desserts, unter denen das erste mit wirklich hauchdünnen Schinkenchips ebenfalls etwas Fleischiges an Bord hatte – aber dergestalt tatsächlich als ganz harmlose feine Würze zu Mini-Cheesecake mit Basilikumsorbet, Melonenkügelchen und süßen reifen Mini-Tomaten. Der zweite süße Abschluss war überwiegend dem Akkord aus Kirsche und Bitterschokolade gewidmet, mit erfreulich wenig Süße und geschmeidig ineinandergreifenden Konsistenzen.

Bleibt als Fazit wieder ein sehr guter Gesamteindruck, geprägt von jeder Menge Originalität. Aber auch die Feststellung, dass dem Menü hier und da noch etwas mehr Leichtigkeit und weniger Deftigkeit guttun würde, damit ein noch ausgewogeneres Bild entstehen kann. So oder so zählt Bjoerns Ox aber weiterhin zu den besten und lohnenswertesten Genusszielen in Thüringen. Auch wegen der individuellen und auffallend fair kalkulierten Weinkarte sowie dem versierten und entspannten Service unter der Leitung von Gastgeberin Michelle Bremer.

Um die Pins anklicken zu können, müssen Sie den Zielort näher heranzoomen.



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