Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
Abends |
Mi-Sa ab 18.30 Uhr, So-Di Ruhetag |
Menüs: 169 € |
Die Rhöner Botschaft im thüringischen Dermbach verbindet als familiengeführtes Hotel eine lange Tradition und starke Heimatverbundenheit auf bemerkenswert natürlich-organische und zugleich anspruchsvoll kultivierte Art und Weise. Der Name ist in dem charmant und komfortabel von Familie Leist geführten Haus definitiv Programm. Insbesondere deshalb, weil sich wohl nirgendwo sonst wie hier in den heimeligen Stuben der Rhöner Botschaft so gut erleben lässt, was die Rhön kulinarisch zu bieten hat. Das gilt für das Angebot des mit dem sympathischen Motto „Essen wie bei Oma“ überschriebenen Wohnzimmer, in dem traditionelle Gerichte mit ebenso viel Herz wie Substanz und Anspruch zelebriert werden – aber noch einmal mehr für das Gourmetprogramm in BjoernsOx, in dem Küchenchef Björn Leist in einem einheitlichen achtgängigen Menü noch einmal deutlich zugespitzter und feiner aufkocht.
Wobei „fein“ im Zusammenhang mit dem, was einem bei einem Besuch auf den Tellern erwartet, etwas irreführend sein kann. Denn einerseits bewegt sich das Menü zwar ganz klar im Fine-Dining-Bereich, andererseits spielt es aber auch ganz bewusst mit bodenständiger Tradition und der Metzgerei-Historie der Familie und bringt deshalb immer wieder rustikal so zupackende Aromen auf die Teller, dass Besucher, die vor allem elegante Feinheiten schätzen, schon beinahe irritiert sein könnten – obwohl natürlich handwerklich immer alles sehr akkurat und wohlproportioniert daherkommt! Letztlich macht aber genau das den großen Reiz der Küche aus, so dass jeder Gast, der kein extrem enges Bild von landläufiger „Gourmetküche“, sondern stattdessen eine Vorliebe für charakterstarke Fleischzubereitungen mitbringt, hier garantiert ein angenehm aus dem Durchschnitt herausstechendes Erlebnis haben wird.
Das beginnt schon bei den ersten Kleinigkeiten, bei denen das Team zuletzt mit einer gebackenen Praline von der Räucherforelle, einer zart gelierten, als kleines „Sandwich“ interpretierten Sülze mit Kartoffelsalat, einer cremig gefüllten „Leberwurst-Zigarre“ mit Kakaokrokanthülle oder auch mit dem „Mettbrötchen“ als knusprige hohle Teigkugel mit Eigelbcreme und würzig-pikantem Gehacktem als Füllung, schon sehr deutlich machte, in welche Richtung sich das Menü bewegen wird.
Allerdings zeigte der erste offizielle Gang dann auch gleich, dass die typisch kraftvolle Linie keineswegs eintönig gezeichnet wird, sondern abwechslungsreich zwischen etwas leichteren und tieferen Eindrücken variiert. Das gröber geschnittene Tatar vom lange gereiften Weideochsen gehörte klar zur ersten Kategorie: filigran bedeckt von einer kräutergrünen Knusperhippe, Rinderschinken und Tupfen aus Crème fraîche in einer transparent kräuterwürzigen Emulsion neben einem „falschen Knochen“ aus Eiweißschaum rund um feiner gehacktes Rindertatar und Kaviar arrangiert. Nebenan erweiterten „Russische Eier“ als schaumig süffige Miniatur, ebenfalls mit Rhönkaviar verfeinert und von einem knusprig saftigen Zwiebelbrot ergänzt, sowie ein geräucherter Wildkräutersalat mit papierdünnen karamellisierten Schinkenchips, das Spektrum noch weiter. Starker Auftakt!
Runder und tiefaromatischer wurde es dann bei der folgenden Zwiebelsuppe, die in einen Teller mit filigran gestapelter Einlage aus heller Zwiebelcreme, knusprigem Teigkrokant als Hülle für zart gedämpftes Kalbsbries, einer abpuffernden Mousseschicht, dunkel karamellisierten Röstzwiebeln sowie zart aufplatzendem Vanillekaviar gegossen wurde. Dazu sorgten Käsecräcker noch für würzigen Knusperspaß – in der Suppe selbst überwog aber der tiefe harmonische Eindruck, während die Details der Einlage eher verschwommen im Hintergrund blieben.
Es folgten zwei Teller, die noch stärker in Richtung Soulfood und ins Spiel mit Traditionen gingen: Zunächst in Form von „Würzfleisch“ (die ostdeutsche Antwort auf „Ragout Fin“), das saftig geschmortes Rhönkaninchen in einem dünnen Blätterteigring mit herbsäuerlichen Moosbeeren, einem kühlen Waldpilzgelee, eingelegten Buchenpilzen, Kräutersponges und einem dichten würzigen Saucenschaum kombinierte. Und dann mit dem bereits zum Klassiker avancierten „Kloß mit Sauce“ in Form eines seidigen Kartoffelkloßes mit flüssiger Füllung in Gestalt von kraftvoll wuchtiger Schmorjus mit schwarzer Trüffel, die separat großzügig zum Nachdosieren mitgereicht wurde. Oben auf dem Kloß ein (nach unserem Geschmack etwas zu süßes) Hippengitter, das die obligatorischen Croûtons abstrahierte, die sonst traditionell im Kloß selbst versteckt werden. Beides war auf die hier typische Art mit etwas breiterem Pinselstrich kreiert, dadurch einnehmend markant und eine gelungene Weiterentwicklung der zugrundeliegenden Traditionsgerichte.
Im Mittelpunkt des Hauptgangs stand rosazart gegarter Kalbstafelspitz mit einer betont erdigen Betecreme und zart gegarten Betekugeln neben knackigem Frühlingslauch und einem cremig-knusprigen Kartoffelhörnchen mit säuerlichen Rübenjuliennes obenauf. Anstelle einer klassischen Jus betonte eine marmorierte hellgrüne Lauchsauce den leichteren Charakter des Tellers, der damit aber insgesamt auch ein bisschen flach blieb. Da wäre ganz traditionell mit schneidiger Meerrettichwürze, mehr Säure, generell markanter zugespitzten Akzenten, oder aber auch einfach mehr Hitze auf dem insgesamt sehr mild temperierten Teller noch mehr möglich gewesen…
Dafür lieferte der süße Abschluss nochmal eine umso spannendere Interpretation eines Klassikers, in diesem Fall zum Thema „Milchreis“: Zum einen mit einem gebackenen Milchreisknödel mit cremiger Füllung neben Rotweinzwetschgen (als Spalten und Gelee) sowie einer dunklen Schokoganache für eine gewisse Tiefe. Und nebenan noch mit einem zart schmelzenden Zwetschgenparfait und der klassischen Version des Milchreises in cremig-fließender Eleganz plus Zucker und Zimt. Das weckte einerseits gekonnt kindliche Emotionen und war andererseits anspruchsvoll differenziert umgesetzt. Super!
Neben der originellen und mutig eigenständigen Küche von Björn Leist sorgen auch die ebenfalls individuell zusammengestellte und fair kalkulierte Weinkarte sowie die ebenso entspannte wie kompetente Betreuung durch Gastgeberin Michelle Bremer für den insgesamt positiven Gesamteindruck. Auch wenn an der einen oder anderen Stelle mit etwas mehr Subtilität, Frische und Detailgenauigkeit vielleicht sogar noch mehr möglich wäre, wirkt die gesamte Performance absolut stimmig und macht BjoernsOx für uns ganz klar zu einem der lohnendsten Genussziele in Mitteldeutschland.
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