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Fotos: Atelier

Atelier

im Hotel Bayerischer Hof
Promenadeplatz 2-6
80333 München
089-2120743

aktualisiert: 03 / 2025
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Di-Sa ab 18.30 Uhr, So u. Mo Ruhetag
Menüs: 195-275 €

Zu einer so traditionsreichen Adresse wie dem Bayerischen Hof am Münchner Promenadenplatz gehört selbstredend auch ein herausragendes Restaurant. In der Rückschau wirkt es dennoch erstaunlich, dass das Atelier in den letzten fünfzehn Jahren trotz drei verschiedener (und auch stilistisch unterschiedlicher) Küchenchefs immer in der Oberliga der an Konkurrenz weiß Gott nicht armen Landeshauptstadt mitspielte. Die bestens vernetzte Patronin Innegrit Volkhardt bewies bei der Besetzung des Chefkochpostens immer ein gutes Händchen und ihr Gespür für junge und ambitionierte Köche mit reichlich Entwicklungspotential hat sie dabei noch nie im Stich gelassen.

So erscheint es nur folgerichtig, dass auch der aktuelle Küchenchef Anton Gschwendtner inzwischen ein Niveau erreicht hat, das der Reputation der altehrwürdigen Institution vollauf entspricht. In dem unverwechselbaren Ambiente des von Axel Vervoordt entworfenen Lokals gibt es schon länger absolut zeitgemäße und durchaus individuell konzipierte Teller zu bestaunen, die weit mehr als nur den kulinarischen Mainstream bedienen.

Schon das Trio zum Auftakt deckte eine recht große Bandbreite an Aromen ab: so begeisterte der auf der Zunge zergehende Sauerkraut-Macaron von minimaler Süße dank rustikaler Begleiter wie gegrilltem Pulpo, Schwarzwälder Speck und Spitzkohl in kluger Dosierung. Etwas konventioneller geriet eine Tartelette mit Gänseleber, Kürbis und Aprikose, doch auch hier legte die Küche dasselbe präzise Feingespür an den Tag. Den kühnen Höhepunkt im Vorprogramm bildete jedoch die mit Tomate, Avocado, Tempura und Grapefruit individuell begleitete Stabmuschel, deren jodiger Geschmack durch die teils erstaunliche Würze der Begleiter nicht überdeckt, sondern sogar noch betont wurde.

Mit dem Amuse-Bouche erreicht das Team dann bereits die volle Leistungsstärke, denn das Tatar von pochierter Poget-Auster auf roter Bete in Kombination mit geräuchertem Aal, grünem Apfel und Austernespuma erfährt eine virtuose Umsetzung, die in Teilen an Martín Berasategui erinnert. Dank seiner guten eigenen Ideen gelingt es Anton Gschwendtner jedoch mühelos, dem Ganzen nicht nur eine autarke Handschrift zu verpassen, sondern auch ein leichtes und bekömmliches Entrée auf den Teller zu zaubern, das bei aufmerksamem Verzehr mit einer stattlichen Anzahl an aromatischen Überraschungen aufwartet.

Zum Einstieg ins siebengängige Menü kommt eine nach der Ike-Jime-Methode geschlachtete Lachsforelle von festfleischiger Konsistenz auf den Teller, die mit großer Reinheit und makelloser Frische betört. Sie ist als üppige Tranche auf einer „Umami-Vinaigrette“ gebettet, die von einer intensiven und bestens dazu korrespondierenden Kimchi-Emulsion umrandet wird. Das Gericht benötigt außer einer kleinen Salatgarnitur, eine Handvoll Bouchot-Muscheln und einem Karottentatar nichts weiter, um den Eindruck einer konzentrierten und durchdachten Darbietung mit einem exzellenten Produkt im Mittelpunkt entstehen zu lassen.

Auch die nur kurz abgeflämmte handgetauchte schottische Jakobsmuschel mit ihrer leicht nussigen Aromatik kommt dank einer ähnlichen Priorisierung des Luxusprodukts bestens zum Tragen. Eine eher zurückhaltende Begleitung aus Rahmwirsing und confiertem Wachtelei gewinnt durch den Einfall, die beiden Komponenten durch ein Nudelfleckerl voneinander zu trennen und dadurch am Zusammenfließen zu hindern, noch weiter an Kontur. Parmesanschaum mit Rosenpfeffer erweist sich hier als schmeichelnder und leichtfüßiger Begleiter, während eingelegte schwarze Walnüsse eine süßliche Aromatik ins Spiel bringen, deren Kontrast aus unserer Sicht zwar nicht einmal unbedingt notwendig war, aber dennoch ansprechende Reizpunkte setzte.

Beim auf einem Kräuterrisotto gebetteten Zander mit knusprigen Schuppen kann sich Anton Gschwendtner nicht nur auf sein sicheres Gespür für optimale Garpunkte verlassen, sondern auch auf den komplementären Schaum von Kokos, Galgant und Vadouvan, dank dessen wohldosierten Kontrasts ein Abdriften in zu gefällige Gefilde gekonnt vermieden wird. Durch die Beigabe von leicht glasigen Cévennes-Zwiebeln, Tomate, Ingwer, Fingerlimes und Kinome erfährt der Teller zudem eine weitere Aufwertung mittels asiatischer Akzente, die dem Fisch die Bühne überlassen, daneben aber ein regelrechtes Füllhorn an subtilen Effekten offerieren.

Dass Anton Gschwendtner die Tradition der kraftvollen Kalbsbries-Berichte von seinem Vorgänger Jan Hartwig übernommen hat, fällt fraglos zum Vorteil des Gastes aus: der Verzehr seines kraftvollen Signature Dishs mit Alblinsen, Champignons, eingelegtem Sellerie und Sherrysauce bereitete uns dabei dasselbe Vergnügen wie wir es schon im letzten Jahr erfahren durften.

Die soufflierte Wachtelbrust zum Hauptgang im Stile der marokkanischen Pastilla indes besticht durch eine hochkomplexe orientalische Farce und gewinnt durch roh mariniertes Blaukraut an Textur und Säure zugleich. Gefährlich nah am Rande der Überfrachtung bewegt sich das Gericht dennoch im Hinblick auf Granatapfelkerne, Spinat, geröstete Zwiebeln und Minzöl – doch dank der fragilen Transparenz zwischen den Begleitern kommen fruchtige wie würzige Elemente gleichermaßen gut zur Geltung. Der begleitende Wein, ein schlanker und im Abgang auffallend würziger 2020er Volnay Saint François von der Domaine Roblot-Monnot, potenzierte die Wirkung des Gerichts sogar noch auf erstaunliche Weise.

Die vielseitige Verwendbarkeit des Crozier Blue unterstreicht man hier durch drei identische Türmchen des Käses mit Coppa-Schinken vom schwäbisch-hällischen Landschwein, Artischocke, Radicchio und Rumrosinen. Die gleichzeitige Aufnahme aller Komponenten als kompakter Happen erlaubt es dem Gast dabei, in wohldosierter Klarheit den verschiedenen Geschmacksrichtungen nachzuspüren, anstatt auf eine vorrangig monothematische Aromatik zu setzen.

Bemerkenswert: die Kunst, saisonal geprägte Desserts zu kreieren, beherrscht längst nicht jede Pâtisserie so gut wie diejenige in diesem Hause. Schon das Pré-Dessert dreht sich thematisch praktisch ausschließlich um Kaiser-Alexander-Winterbirne und Kaffee – zwei Produkte, die sich nicht nur in vielen zweckdienlichen Texturen umsetzen lassen, sondern auch ohne plakative Süße auskommen. Dasselbe trifft auch auf das Dessert zu, in dessen Mittelpunkt ein Türmchen aus einer geeisten Hülle von Felchlin-Schokolade geformt wurde. Die Füllung, bestehend aus Pekannuss-Crumble und einem gehaltvollen Eis von reduzierter Vanille (vielleicht eine versteckte Hommage an Christian Hümbs, den ehemaligen Pâtissier des Hauses?!), harmoniert wunderbar mit der herben Fruchtigkeit der Quitte, die auch als Sud aufgegossen wird. Unter den Ausklängen überzeugen die hausgemachten Pralinen praktisch immer, während diesmal auch eine launische Variante des „Maulwurf“-Kuchens aus Großmutters Zeiten mit Banane, Schokolade und Sahne eine gesonderte Erwähnung verdient.

Nach diesem Menü können wir beeindruckt bestätigen, was wir im Grunde genommen schon immer geahnt haben: Anton Gschwendtner hat sein Potential noch längst nicht vollständig ausgereizt, nur konnte er bei unserer jüngsten Stippvisite seine Qualitäten überzeugender denn je zur Schau stellen. Den leichten Hang zu verspielten oder etwas plakativen Tellern, den wir beim letzten Besuch noch konstatierten, haben wir diesmal längst nicht mehr in dieser Häufung feststellen können.

Gschwendtners bisweilen kosmopolitisch wirkender Stil bedient sich dabei durchaus asiatischer – oder seltener auch mal orientalischer – Aromenwelten, doch so fokussiert auf sein jeweiliges Hauptprodukt wie diesmal empfanden wir die Kreationen bisher noch nie. Sein virtuoser Umgang mit den fünf Geschmacksrichtungen wirkte dabei nie forciert oder überdreht, sondern stets zweckdienlich dosiert und im Sinne einer klaren geschmacklichen Aussage eingesetzt. Bei alledem ist dem Chef zwar eine gewisse Experimentierfreude und ein gelegentliches Ausscheren von ausgetretenen Pfaden dennoch nicht abhandengekommen, aber qualitative Konstanz bei seinen Menüfolgen geht ihm nach wie vor über alles.

Der aufmerksame und kompetente Service unter der Leitung von Daniela Heizmann agiert nah am Gast und schafft es, mit sicherem Gespür auf dessen Befindlichkeit einzugehen. Shahzad Talukder, den wir in der jüngsten Ausgabe zu unserem „Sommelier des Jahres“ kürten, empfiehlt mit sicherem Gespür und viel Kompetenz passende Weine zu jedem Gang, was angesichts der teils recht spezifischen Aromatik der Kreationen durchaus herausfordernd geraten kann. Genauso überzeugend abgestimmt präsentiert sich übrigens auch die alkoholfreie Begleitung, doch als echter Trumpf in der Hinterhand bieten sich als verlockende Alternative noch die meisterhaften Cocktails der hauseigenen Falk's Bar an.

In Anerkennung der imponierenden Leistung der Küche, der Arbeit des gesamten Serviceteams sowie der gereiften Darbietungen auf den Tellern können wir gar nicht anders, als das kulinarische Flaggschiff des Bayerischen Hofs diesmal zu den 9 Pfannen auch noch mit dem Bonuspfeil auszuzeichnen. Unter der Ägide Anton Gschwendtners ist das Atelier nach den unruhigen Jahren der Pandemie somit wieder auf bestem Wege, an die allerbesten Zeiten anzuknüpfen.

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