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Mi-Fr von 12-14 Uhr u. ab 18 Uhr, Sa ab 18 Uhr, So-Di Ruhetag |
Hauptgerichte: 19-59 €, Menüs: 149-169 € |
Bei den genussfreudigen Badenern gehört ein sehr gutes Essen vielleicht noch etwas mehr zum Selbstverständnis als anderswo. Das garbo im Löwen kommt dem sehr entgegen, denn Marcel Kazda bietet in dem etwas unscheinbar an der Hauptstraße gelegenen Haus weiterhin wie seit anderthalb Jahrzehnten schon ein ungemein vielfältiges Spektrum, wie es leider nur noch selten zu finden ist. Außer dem „Inspiration Menü à la Kazda“ gibt es noch eine Speisefolge mit badischen Klassikern, beide auch mittags zusätzlich zum Business-Lunch und mehreren À-la-carte-Gerichten. Stilistisch breitet der Küchenchef die Arme ebenso weit aus: mit regionalen Spezialitäten und französischen Klassikern, aber auch mit mediterranen und asiatischen Anleihen.
Der Eindruck unseres jüngsten Besuchs bestätigte einmal mehr, dass sich das Team mit diesem abwechslungsreichen Programm nicht im Irgendwo verläuft, sondern dass Marcel Kazda ein sehr präziser Handwerker ist, der zumeist süffige und unter klassischen Aspekten „stimmige“, aber auch mal erfrischend mutige und kontrastreiche Geschmacksbilder kreiert, dabei aber die Bodenhaftung nie verliert. So gab es zuletzt vorneweg zur Brotauswahl mit aufgeschlagener Butter mit Kürbiskernöl sowie Hummus von der Roten Bete gleich ein paar Grüße des Hauses, die nicht überkandidelte Kunststückchen, sondern solide Aromenwerke waren: einen Shot Kürbissüppchen mit Kokosschaum und Curry, eine kleine, salzige, abgeflämmte Dampfnudel sowie auf einem Löffel ein Kubus Zwiebelkuchen mit Gel von neuem Wein und gepickelten Radieschen.
Nach diesen durch und durch herzhaften Einstimmungen ging es sehr fein in die asiatische Richtung weiter. Ein blitzsauberes Carpaccio vom Carabinero war als Rechteck geschnitten und von allerlei exotischen Aromen eskortiert, die zusammen ein so vielschichtiges wie federleichtes Geschmacksbild mit fruchtiger Süße, nachhallender Schärfe und auch etwas Bitterstoffen ergaben. Zuständig dafür waren Papaya und Yuzu als Kügelchen, Ragout und Gel, begleitet von etwas Erdnusssplittern und einer Hippe, die vielleicht nicht nur so aussah wie eine hauchdünne Scheibe Lotuswurzel… Wenn man so wollte, konnte man das, was sich rechts und links des Krustentiers abspielte, als Erde mit Crumble und Meer mit der Gischt einer angegossenen Tom-Kha-Gai als Vinaigrette (mit Krustentieröl) betrachten.
Der zweite Gang war vegetarisch – und ein wahres Rote-Bete-Festival! Die wurde im Salzmantel gegart und als Tatar verarbeitet, als Sockel ein Carpaccio mit Chioggia-Bete, darauf eine Schaumnocke und ebenso intensive Baiserstäbchen. Dazwischen versteckt war auch Granny Smith und eine geräucherte Creme de Bresse, und damit das Ganze nicht zu fruchtig-lieblich wurde, stand der turmhohe Aufbau in einem herb-kräuterigen Brunnenkressesud.
Der Fischgang war erstaunlich erdig, wuchtig, würzig, denn außer einem kross auf der Haut gebratenen, nach Ike-Jeme-Art geschlachteten Wolfsbarsch und Muscheln waren da noch weitere starke Player auf dem Teller zu finden: Chorizo als krosse Scheibe, Gelee und tonangebendes Aroma im orangefarben-schaumigen Muschelsud, Pecorino in einem ausgebackenen Krapfen sowie Schnippelbohnen in feinen Streifen und als Creme. Alles zusammen summierte sich zu einem säurefreien Powergericht, das die Komplexität einer Bouillabaisse hatte, aber eben doch eine eigene mediterrane Spielart war.
Richtig heimisch wurde es mit dem „Rehrücken Baden-Baden“, der recht klassisch und mit seinen vielen kleinen Impulsen auch sehr festlich war. Gottseidank nicht sous-vide gegart, trotzdem superzart und auch noch sehr saftig, war das Fleisch ummantelt von einem Kräuterflädle mit feinrauchiger Note, da Schwarzwälder Schinken nicht nur als Röllchen am Rande, sondern auch unsichtbar im Crêpe verarbeitet wurde. Aus der Gemüsefraktion gaben Rosenkohlblätter und Kerbelwurzel (auch als Creme) etwas Erdig-Süßes dazu, adäquate fruchtige Akzente wurden durch Johannisbeergelee und eingelegte Birne hinzuaddiert. Ein Waldpilzschaum und eine Rehjus mit Wacholder verbanden die Komponenten zu einem harmonischen Hauptgericht, in dem auch die Portionierung von Fleisch und allen weiteren Zutaten sehr ausgeglichen war.
Im Dessert wurde ebenso auf Experimente verzichtet und lieber auf einen großen gemeinsamen Nenner gesetzt: Wohlgeschmack! Zum „Nougatdom“, also einer großen bestäubten Kuppel, gab es Piemonteser Haselnuss, Creme von weißer Schokolade, eingelegte Zwetschgen und deren Sud. Zudem wurde das Ganze am Tisch mit Zwetschgenwasser besprüht und von einem Sauerrahmeis als Satelliten mit Zwetschgenstückchen und Salzbutterstreuseln begleitet. Klassisch auch die Petits Fours mit Vanillekipferl, zweifarbiger Schokopraline mit Krokant und Tiramisù-Praline zum exzellenten Kaffee.
Die Weinkarte hat ihren Schwerpunkt – selbstverständlich! – im Badischen, öffnet sich aber über viele Grenzen und listet dort überraschend viel aus Spanien. Auch in der Weinbegleitung tauchte Spannendes aus Galizien auf, der Sitta Pereriras Naturalmente Dulce zum Carabinero. Überhaupt trägt der Restaurantleiter und Sommelier Philipp Spielmann mit seiner detaillierten Kenntnis von Speisen und Getränken viel dazu bei, dass man sich im gediegenen, aber gar nicht steifen Ambiente des garbo sofort abgeholt fühlt und gerne wiederkommt.
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