Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
Abends |
Mi-Fr von 12-14 Uhr u. ab 18 Uhr, Sa ab 18 Uhr, So-Di Ruhetag |
Hauptgerichte: 19-59 €, Menüs: 149-169 € |
Marcel Kazda greift kräftig in die Tasten, wenn es um die Selbstdarstellung seines Restaurants auf der Homepage geht. Von „tiefgreifenden Gerichten für die Seele“ ist da die Rede, von Leidenschaft und „zeitgemäßen Kompositionen, basierend auf langjähriger Erfahrung und dem Wandel der Zeit.“ Wir sind bei solch wuchtigen Formulierungen zumeist ein wenig skeptisch, im Falle dieses hochsoliden Gasthofs im Karlsruher Norden jedoch äußerst gelassen. Schließlich kennen wir Küchenchef Kazda schon eine ganze Weile und wissen daher, dass die kraftvollen Sätze nicht teuer bezahltes Ergebnis einer PR-Agentur sind, sondern echte Überzeugung und gelebte Realität.
Gleiches gilt nämlich für die Hinweise auf der Homepage zu Handwerk, „regionalen Klassikern“ und „Liebe zum Handwerk“. Kurz: Hier wirkt ein Vollblutgastronom, einer, der die öffentliche Anerkennung sucht und schätzt, der jedoch zuerst und vor allem Koch und Wirt ist. Dazu gehört auch, dass er sich nicht mit einem schmalen Hochkünstlerprogramm zufriedengibt, sondern an vier Tagen mittags und abends gleich zwei große Menüs anbietet (eines davon Low Carb), außerdem À-la-carte-Gerichte, einen Businesslunch, Bowls, Burger und Bœuf bourguignon „To Go“, überdies sämtliche Event-Formate von der Küchenparty bis zum Winzer-Dinner und im Shop allerlei hausgemachte Köstlichkeiten. Ach ja: Umbestellungen und individuelle Wünsche sind selbstverständlich ebenfalls nie ein Problem.
Wie schön, dass bei alledem die kulinarische Substanz nicht leidet! Das erlebten wir jüngst bei einem sommerlichen Menü schon bei den Einstimmungen, die zum Brut-Nature-Sekt (Spezialabfüllung von Wambs samt Kazda-Konterfei, versteht sich) gereicht wurden: ein Viertel fluffige Dampfnudel mit Spargelsüppchen und samtigem Schaum aus Eigelb und Verjus, eine kross ausgebackene Schäufele-Praline mit Sauerkrautgelee und Senfcreme sowie eine hochfeine mineralische Auster aus der Bretagne mit feinsten Schalotten- und Granny-Smith-Würfelchen, einem aromatischen Kräuteröl sowie einem Tupfen eines angenehm wenig süßen Zitrus-Gels – eine exzellente Einfassung der ausgezeichneten Muschel!
Das zitrische Gel fanden wir, allerdings deutlich üppiger dosiert, auch beim folgenden Spargel-Gang, wo es im Konzert mit allerlei anderen Komponenten dem edlen Gemüse das Leben jedoch arg schwer machte. Wiewohl in einem kräftig gewürzten Sud gegart und anschließend abgeflämmt, hatte der Spargel gegen eine Limettenvinaigrette auf Molke-Basis, Asche-Mayonnaise, Kräuterspitzen, Kaviar, Sauerteigchips und -crumbles, eine klassische Eiervinaigrette sowie Bällchen von feingehacktem Balik-Räucherlachstatar keine Chance.
Ebenfalls nicht ganz leicht hatte es bei unserem Besuch in der aktuellen Testsaison ein Stück vom wilden Steinbutt auf geschmolzenem Kalbskopf mit einer Kalbskopfpraline, gepickelten Radieschen und Gartenerbsen angesichts seiner Begleitung durch sowohl eine Salzzitronen-Kalbsjus-Vinaigrette als auch eine Tomaten-Beurre-Blanc. Auch hier hätten wir uns – bei allem Wohlgeschmack, allem Schmelz und aller angenehmen Frische – ein wenig mehr Fingerspitzengefühl und Konzentration gewünscht.
Doch damit genug der Nörgelei! Die reine Freude folgte in Form eines Eggensteiner Landeis, sanft pochiert und von einem Spargel-Pfifferling-Ragout nebst glaciertem Sot-l‘y-laisse, seidigem Nussbutterschaum und knusprigen Hühnerhautchips begleitet. Ein großes, süffig-harmonisches Löffelvergnügen! Im Hauptgang schließlich gefiel ein klassisches Duett vom Pauillac-Lamm: rosiger Rücken unter einem krossen Fettdeckel, etwas mürbe geschmorte Keule sowie ein „Lahmacun“ mit Lamm-Hackfleisch, Paprika und Tupfen von schwarzem fermentiertem Knoblauch. Sowie – als absolutes Highlight des Abends! – gebratene Lamm-Nierchen: rosig, knackig, zart, ein Gedicht! Das Ganze begleitet von Aubergine und orientalischem Couscous, würziger Merguez sowie einer tiefen Lammjus, gehoben von schaumiger Sauce, pikant von Piment d’Espelette befeuert. Ein klassisch-opulenter Hauptgang alter Schule, sehr schön!
Gleiches galt für das Dessert, dem wir eine strukturelle Nähe zum berühmten „Bau.Stein“ anmerkten. Federleichte Erdbeer-Mousse im weißen Schokoladenmantel in einem fruchtigen Ring von Erdbeeren, Pistaziencreme, Baiser und Rhabarber, was uns in seiner fruchtigen Vielschichtigkeit ebenfalls ausnehmend gut gefiel. Ebenso wie der Service und die fundierten Empfehlungen von Sommelier und Gastgeber Philipp Spielmann, dessen besondere Aufmerksamkeit und Zuvorkommenheit uns auch in diesem Jahr einmal mehr auffiel.
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