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Fotos: Zwanzig23 by Lukas Jakobi

Zwanzig23 by Lukas Jakobi

Brunnenstr. 35
40223 Düsseldorf
0173-1469554

aktualisiert: 02 / 2024
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Sa ab 18.30 Uhr, So-Di Ruhetag
Menüs: 145-175 €

Die Eröffnung des Zwanzig 23 by Lukas Jakobi war für uns gewissermaßen so etwas wie ein großer Aufschlag mit Ansage, denn den Küchenchef und frischgebackenen Gastronomen mit erstem eigenem Restaurant zeichneten wir bereits im vorletzten Jahr als unseren „Newcomer des Jahres“ aus. Und schon zu dieser Zeit, als er noch im Intensiù in Hilden gekocht hat, schrieben wir begeistert über ihn, er habe „…mit seinen sehr spannenden und erfreulich unkonventionellen Tellern sogar schon jetzt Potenzial für eine noch höhere Bewertung aufblitzen lassen“. Also wunderten wir uns, erstmals am großen Tresen seines maximal 20 Gäste fassenden Chefstable-Restaurants Platz genommen, dann auch gar nicht so sehr, dass es hier vom Start weg richtig stark losging.

Im Vergleich zu seiner alten Wirkungsstätte blieb es auf all seinen Tellern bei voll aufgedrehtem Powerlevel und ausgeprägtem Spiel mit Säure, Fett und Schärfe sowie einem kreativen und sehr progressiven Stil, der sich aber immer sehr souverän im geschmackssicheren und damit absolut mehrheitsfähigen Bereich bewegt. Neu ist nicht bloß die längere Menüfolge (acht bis zehn Gänge plus diverse Kleinigkeiten), sondern insbesondere der noch viel ausgeprägtere Fokus auf Regionalität und Nachhaltigkeit – ersteres sehr konsequent, aber ohne Dogma, letzteres kompromisslos wie nur wenige andere auf diesem hohen Niveau.

So lotet der Chef mit einer kleinen, würzig-sauer-scharfen Bitterschokoladenpraline (was experimenteller klingt, als es schmeckt…) zuallererst mal die Aufgeschlossenheit seiner Gäste aus, denn wem das schon too much ist, der darf sich an dieser Stelle nochmal entscheiden, ob er trotzdem bleiben oder lieber gehen möchte – und bekäme in diesem Fall dann den bereits bestellten Aperitif sogar aufs Haus). Dann kommt als opulentes und vielfältiges Amuse-Bouche „Taste the Waste“, sechs verschiedene Kleinigkeiten, die sozusagen als No-Waste-Statement aus den Abschnitten und Resten aller weiteren herzhaften Menügänge zubereitet sind. Und die damit nicht nur als genialer Nachhaltigkeitsschachzug durchgehen, sondern auch als neugierig machende Aromenteaser für alles noch Kommende voll ihren Zweck erfüllen.

Zum Beispiel die in Chiliöl sanft confierte Wipperfürther Lachsforelle, die im darauffolgenden Gang auf einer aus heimischen Grundzutaten bereiteten und mit à la minute frisch geschnittenem Schnittlauch und knackigem Forellenkaviar vermengten Kimchi-Beurre-Blanc angeschwommen kommt. Dieses Gericht ist prototypisch für den mittlerweile schon wieder weiter gereiften Stil von Lukas Jakobis Küche: es ist maximal puristisch und schmeckt trotzdem komplex und voll, es steht ein beachtlich gutes und perfekt auf den optimalen Punkt gebrachtes Hauptprodukt konsequent im Mittelpunkt des Geschehens, es ist eine Sauce im Spiel, die in Sachen Fett und Säure bis ans Maximum geht, damit einerseits vollmundig und rund, andererseits straff und zugespitzt daherkommt, es hat Ecken und Kanten…

Und genau in diesem Stil geht es weiter, ohne dass es redundant wirken würde. Etwa mit einer in Nassbeize eingelegten, mit Piment d’Espelette gewürzten und dann kräftig abgeflämmten Bastard- oder auch Holzmakrele, deren sechs als mundgerechte Quadrate zugeschnittenen Stücke jeweils mit etwas kandierter Zitronenschale und einem Perlzwiebelsegment appliziert und auf einer mit Yuzu knackig angespitzten Beurre blanc angerichtet waren. Auch hier ein fast schon rustikal behandeltes und trotzdem hochfeines Hauptprodukt, dessen zupackender Charakter sich in einem Spannungsfeld aus Bitternoten und Süße, zitrischer Säure und buttrigem Schmelz sehr wohl fühlt.

Auch das dicke, fleischige Stück des raren Rheinwels lag über Nacht in einer milden Flüssigbeize, wurde dann mit Röstkartoffel-Miso eingelassen und abgeflämmt, mit knusprig frittiertem Grünkohl gekrönt und auf ein dynamisches wie vollmundiges Saucenbett gelegt. Das bestand aus Hollandaise von Röstkartoffelmiso, einer Röstzwiebelsauce und einem Sud von Apfel und Lorbeer, der hier zu den vielschichtigen Umaminoten eine adäquate fruchtige Süße ins Spiel brachte. Den letzten Fischgang repräsentierte ein superkross auf der Haut gebratener Wolfsbarsch, der auf einem Spiegel aus statt Butter mit Knochenmark zubereiteten Sauce schwamm, die von einer dünnen Cremespur aus unter anderem Petersilie und geröstetem Knoblauch eingefasst war. Unter dem Fisch versteckte sich zudem ein Salat von Staudensellerie, Apfel, Petersilie und winzigen gerösteten Kartoffelwürfelchen. Es war der vielleicht ruhigste und klassischste Gang des Menüs, aber als solches immer noch sehr spannend und zupackend.

Wie gut Lukas Jakobi das Spiel mit unkonventionellen Aromen beherrscht, konnte man auch am kleinen Intermezzo von den Fleischgängen schmecken, für das er ein vollaromatisches Mandarinensorbet mit getrockneten schwarzen Oliven, Schaum von grünen Oliven und einem Lorbeergel liierte, was in Kombination mit den schwarzen Oliven einen medizinalen, an Eukalyptus erinnernden Touch erzeugt hat. Klingt vielleicht etwas strange, schmeckt aber aufregend gut!

Für den ersten von zwei Fleischgerichten stand der thailändische Fleischsalat „Laab“ Pate, der hier mit gebratenem Hackfleisch vom Wildschwein interpretiert wurde. Vermengt mit Rettich, geräucherter Roter Bete, getoppt mit vielen frisch gehackten Kräutern, unterfüttert von einem Sud aus Fleischsaft, Fischsauce und weiteren Ingredienzen, die neben viel Umami auch wieder eine belebende Säure in den Teller brachten und das Ganze dadurch effektiv verschlankte.

Der zweite Fleischgang und irgendwie auch konzeptionell das Hauptgericht des Menüs, war dem Thema „Nachos mit Käsesauce“ gewidmet und schmeckte tatsächlich ganz genau so – nur eben viel feiner und differenzierter. Es hatte mit zwei dünnen Tranchen vom Schaufelstück eines deutschen Wagyu-Rindes optimal bissfest-zart geschmortes Fleisch als Mittelpunkt, das mit Jalapeño und grüner Paprika sowie etwas Wurzelgemüse, einer aufgetupften Mayo und crunchy Bröseln ausdekoriert und eben neben einer herzhaft-cremigen Käsesauce platziert war. Auch diese in ihrer auf feinsinnige Art rustikal schlagkräftige Komposition war typisch Jakobi.

Wirkten diese beiden Gänge zwar raffiniert, aber etwas erwartbarer, wurde es bei den Desserts dann nochmal richtig kreativ. Vor allem der erste Nachtisch um Karamell und Eis von Hühnerhaut mit Reiscrisps unter einer Espuma-Decke von Eierlikör, zitrisch-herb akzentuiert von frisch darüber gehobelter Limettenschale war ein großer Wurf: originell und unfassbar wohlschmeckend. Aber auch das Rauch-Rahmeis mit Bitterschokoladen-Ganache und gesalzener Crème double auf kleingewürfelten Rumfrüchten in ihrem Sud ließ einen ebenso ungewöhnlichen wie harmonischen Akkord am Gaumen anklingen. Die eindrucksvoll auf Produktqualitäten und echte Nachhaltigkeit abzielende Herangehensweise von Lukas Jakobi und ein verdienter Originalitätsbonus geben es her, die Küche seines Zwanzig 23 vom Start weg mit 8 Pfannen zu bewerten.

Für attraktive, vorwiegend deutschsprachige Weine und alternative alkoholfreie Getränke zur Begleitung ist ebenso gesorgt wie für einen auch jenseits der Teller äußerst unterhaltsamen Abend. Ein zeitgemäßes Fine-Dining-Konzept und eine große Bereicherung für die Szene, nicht nur in Düsseldorf.

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