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Seit vielen Jahren ist der Familienbetrieb an der Weinsteige mit Jörg Scherle als Küchenchef und Andreas Scherle als Serviceleiter eine verlässliche Adresse für Genießer. Trotz der Pflege der Tradition wird hier eine sehr moderne weltoffene Kulinarik geboten, umrahmt vom klassisch gediegenen Ambiente eines Gourmetrestaurants, das einen schönen Außenbereich hat. Geschützt vor der vielbefahrenen Straße sitzt man wie in einer Weinlaube mit Blick auf eine zweite große Leidenschaft des Küchenmeisters: Jörg Scherle ist auch ein sehr erfolgreicher Koikarpfenzüchter. Einige seiner Prachtexemplare tummeln sich in einem großen Aquarium an der Rückseite des kleinen abgegrenzten Innenhofs.
Bei aller Konstanz in der Küche hat es aber doch eine Anpassung gegeben. Statt eine Auswahl an Gerichten auch à la carte zu schreiben, konzentriert man sich inzwischen auf gewohnt hohem Niveau auf drei Menüs: das große „Zur Weinsteige“, ein kleineres mit drei Gängen, bei dem der meisterhafte Zwiebelrostbraten nicht fehlen darf, und ein eigenständiges vegetarisches Menü. So oder so – zur Einstimmung kamen zuletzt zügig zwei hübsche Apéros auf den blanken Eichentisch: ein Tapiokachip mit einem mit Yuzu getunten Thunfischtatar sowie ein Quader aus Meerrettichcreme, dessen Frischeeffekt durch grünen Apfel verstärkt wurde. Nach Brot mit dreierlei Salzsorten, aufgeschlagener Butter und einem Olivenöl mit Kaffirlimette ging es mit dem Amuse-Gueule munter weiter. Zum kurz abgeflämmten Saiblingswürfel in Koshu-Fond gab es exotisch-fruchtige Aromen durch Kiwi und Passionsfruchtgel, geerdet durch herbere Noten von Avocado und Kresse.
Ebenso federleicht folgte der erste offizielle Gang mit gebeizten Jakobsmuscheln in Wildkräuteröl und einem Ceviche-Fond, der nicht zu säurebetont, aber dann doch so präsent war, dass sich die winzigen Meerestrauben zwar mit ihrem kaviarähnlichen Platzeffekt im Gaumen bemerkbar machten, geschmacklich aber kaum. Dafür jedoch gepickelte Scheiben und Brunoise von lila Radieschen, die dem sehr sanften Gericht ein bisschen Biss dazugaben, mehr noch die knackigen Erbsenschoten, zu deren dezent süßen Momenten auch die von Erbsencremekugeln beitrug.
Beim vegetarischen Gang des nicht-vegetarischen Menüs konnte man meinen, die Küche hat die Herausforderung, ohne Fisch und Fleisch ein Ausrufezeichen zu setzen, besonders engagiert angenommen, denn das Zwischengericht hatte ziemlich viel Power. Sie rührte vor allem von einer sehr herzhaften Dashi-Beurre-Blanc her, die rund um ein Reisbällchen angegossen wurde. Genauer gesagt: eine in Pankomehl ausgebackene Kugel aus Koshihikari-Reis, die zur Hälfte mit Blättern aus Wasabi-Rotkohl-Gelee (mit Kräutern und Blüten on top) bedeckt war. Als Sockel dienten Edamame, die auf fein geraspelten Rotkohl gesetzt waren, was in der Summe nicht nur ein sehr warmes, dichtes Geschmacksbild ergab, aus dem gelegentlich Wasabischärfe hervorblitzte, sondern beim Löffeln durch die Vermischung von Rotkohl mit der Beurre Blanc auch ein sich interessant wandelndes optisches Bild.
Schön anzuschauen war die durch Spinat und Schnittlauch giftgrüne gelierte Kugel zum Steinbutt in einem knusprigen Teigkörbchen. Allerdings ließ sie mit ihrem cremigen Inneren den Artischockenstückchen darin und darunter kaum Raum zur Entfaltung. Die recht kleine gebratene Tranche vom Steinbutt musste sich zudem gegen eine große Scheibe Sommertrüffel und einen sämigen Kaisergranatschaum behaupten.
Filigrane Vielfalt wurde dann zum Flap-Steak vom Wagyu Beef in Szene gesetzt. Zu den drei rosa-saftigen Scheiben wurde eine Sauce angegossen, die dank eingekochter Johannisbeeren (die vereinzelt auch im Ganzen mit angerichtet waren) eine fruchtige Leichtigkeit hatte. Auf und um einen Polentariegel waren „Mixed Pickles“ mit unter anderem Blumenkohlröschen, Karottenstücken, Minimais und Zwiebeln drapiert, die mit ihrem Säuregehalt zusätzlich dafür sorgten, dass das Fleischgericht nicht zu schwer wurde.
Die Pâtisserie stellte ihr Können gleich dreimal unter Beweis, wenn man die Petits Fours zum Abschluss mitzählt. Hübsch und kleinteilig war das Pré-Dessert: ein Halbkreis aus weißer Ganache mit grünem Apfel, Fenchel und Gurken, daneben ein Melonensorbet und Joghurtschaum mit Knusper. Etwas kompakter das Dessert mit einem nachgebauten Weinbergpfirsich mit Kakaokern auf einem Mandelcrumble-Bett. Damit es nicht allzu lieblich wurde, gab’s dazu ein mit Szechuan-Pfeffer leicht verschärftes Himbeersorbet.
Mit der Weinbegleitung steht Andreas Scherle den komplexen Gerichten seines Bruders in nichts nach, vielleicht eilt er ihm gelegentlich sogar etwas voraus. Jedenfalls pflegt er mit über 1500 Positionen den besten Weinkeller weit und breit. Allein schon die Riesling-Auswahl sucht ihresgleichen – zum vegetarischen Gericht servierte der Sommelier ein gereiftes Gewächs von Frank John, Jahrgang 2016. Aber bei aller Vorliebe für beste deutsche Weine hat er auch ein Auge für internationale Gewächse und schenkte zur Jakobsmuschel einen vielschichtigen Verdejo von Isaac Cantalapiedra ein. Keine Frage: So ein Abend bei den Scherles macht einfach immer wieder Spaß.
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