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Fotos: Votum

Votum

Hannah-Arendt-Platz 1
30159 Hannover
0511-30302412

aktualisiert: 08 / 2025
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Sa ab 17.45 Uhr, So-Di Ruhetag
Menüs: 99-210 €

Mit den Restaurants Schorse und Votum befinden sich unter dem Dach des niedersächsischen Landtags gleich zwei hervorragende Optionen mit unterschiedlichem kulinarischem Konzept vom gleichen Betreiber. Während ersteres auf à la carte und verfeinerte Klassiker spezialisiert ist und bei hohem Eigenanspruch ein etwas niederschwelliges Konzept für ein breiteres Publikum verfolgt, stehen im Aushängeschild „Votum“ die Zeichen klar auf exklusives und entsprechend höherpreisiges Fine Dining in Menüform.

Küchenchef Benjamin Gallein zeichnet hier seit der Eröffnung vor rund vier Jahren für eine moderne, kreative Küche auf klassischer Basis verantwortlich, die in nicht geringem Maße auf heimische Produkte setzt. Es gibt sie in einem sechsgängigen Menü mit bis zu drei weiteren, stilistisch tendenziell eher etwas konservativeren kostenpflichtigen Extras zu erleben. Wer hier einkehrt, darf sich in jedem Fall auf viel Einfallsreichtum, Experimentierfreude und überhaupt einen erfrischend eigenständigen Stil freuen, der sich fernab vom gängigen Gourmet-Mainstream bewegt.

Das belegten auch zuletzt schon gleich vier hochfeine Snacks, etwa eine Tartelette mit Forelle und ihrem Kaviar in einem filigranen, sommerlich-leichten Bouquet aus Apfel, Staudensellerie und Gurke, oder ein süßlich-erdige Aromen verströmendes Pilzsandwich, dessen Innenleben aus Heumilcheis und Ziegenjoghurt etwas an Foie gras erinnerte. Am weitesten aus dem Fenster lehnte sich die Küche bei Auster in einem Röllchen von Norialge mit Austerncreme und grüner Erdbeere – und überzeugte mit dem geschmacklichen Ergebnis ebenso wie bei der Croustade mit Lammtatar, Erbse, Walnuss und Eis von Earl Grey Tee. Benjamin Gallein geht zwar manchmal auf Nummer Sicher, aber viel lieber ins Risiko – immerhin hat er ein Händchen für unkonventionelle Aromen- und Produktkombinationen und seine visionären Ideen treffen auf präzises, klassisches Handwerk, so dass auch gewagte Einfälle im Votum eigentlich immer Treffer sind.

Geradezu avantgardistisch wirkte der Auftakt ins Menü mit der vielseitigen Deklination einer Wassermelone. Dafür platzierte das Team auf einem Sud von unter anderem Wassermelone und Erdbeere Segmente von gebeizter, getrockneter und geräucherter Melone und positionierte dazwischen dünne Spuren von Joghurt, etwas Kapuzinerkresse, kleine Stücke von Taggiasca-Oliven und Streifen von trockengereiftem Saibling, der hier interessanterweise als Hauptprodukt annonciert war, obwohl er in diesem vielschichtigen Arrangement eigentlich nur eine (zumindest nicht unwichtige) Nebenrolle. Die Melonen-Varietäten standen klar im Vordergrund, aber alles zusammen ergab ein vielschichtiges und nuancenreichen Geschmacksbild mit der dezenten, vielschichtigen Fruchtsüße in Kombination mit unterschiedlichen Säuren und dazwischen dem zarten, festfleischigen Schmelz des Fischs.

Ähnlich farbenfroh, aber minimalistischer ging es bei lauwarmer White-Tiger-Garnele in einem schmelzigen Mantel aus Kräuterspeck zu. Als cleverer frischer Kontrapunkt setzte eine Art Kirschtomatenragout und eine mit Tomatenwasser aromatisierte Basilikumemulsion der Deftigkeit feinsäuerliche vegetabile Noten entgegen, so dass hier wenige, leichte Komponenten dem schmelzigen Krustentier einen sommerlich leichten Touch mit mediterraner Aromatik verliehen.

Im an dieser Stelle aus den Optionen eingeschobenen Zusatzgang stand ebenfalls Purismus auf dem Programm. In einem tiefen Schälchen thronte auf geeister Beurre blanc und gelierter Fischconsommé eine generöse Schicht von „N25“-Kaviar, dessen mineralische Aromen ein fast schon kontrastreiches Spannungsfeld mit dem zart süßlichen Gelee eingingen. Die kompakte Inszenierung funktionierte auch bei einem würzigen Madeleine von Roggen und Miso mit weiterem Kaviar und cremiger Beurre blanc ganz ausgezeichnet.

Gediegen wirkte auf den ersten Blick oder zumindest bei der Speisekartenlektüre die Crêpinette vom Lammrücken in mediterran anmutender Begleitung von Paprika, Bärlauchkapern, Zwiebeln und Lammjus. Doch der Gang hatte dann doch eines an unkonventioneller Überraschung zu bieten, denn mithilfe einer Paste aus fermentierter Mandarine bekam der Teller straffe fruchtige Säure verpasst, die ihm einen besonderen dynamischen Twist gab. Aber auch sonst war das dank sehr präziser Zubereitung mit zugespitztem Finish und einfallsreicher Interpretation wie einem fragilen Türmchen aus Lammbauch und Paprikasphäre alles andere als langweilig.

Beim Hauptgang zeigte sich einmal mehr, warum Benjamin Galleins kreative Einfälle so herausragend gut funktionieren: er beherrscht auch die kulinarische Klassik aus dem Effeff! Hier hatte das Team keinen Aufwand gescheut, eine Wachtel auszulösen, um sie mit einer luxuriösen Füllung von Périgord-Trüffeln, Foie gras und Geflügelfarce zu füllen, im Ganzen zu grillen, und schließlich nach alter Schule Sitte am Tisch zu tranchieren. Begleitet von apart arrangierten Pfifferlingen in unterschiedlichen Texturen und Aprikose, was die Geflügelaromen kongenial bereicherte, war das ein typisches Beispiel für meisterlich umgesetzte opulent französische Traditionsküche in zeitlosem Gewand.

Progressiv und mutig dann wieder die Idee, Foie gras im Dessertbereich einzusetzen. Oder vielmehr als Übergang zum süßen Abschluss, denn die hier aufgebotene Crème brûlée von der Gänseleber, die durch die Zugabe von Blut noch etwas herber daherkam und noch mit geriebenen, geeisten Spänen der Leber angereichert war, wurde nur von Hafercrunch, Shisokresse und verschiedenen Texturkomponenten der Sauerkirsche in die Nähe eines Desserts gerückt. Der ohnehin schon wenig süßen Kreation verliehen Périgord-Trüffel noch mehr erdige Aromen – durch die recht kompakte Präsentation in einem tiefen Schälchen konnten sich hier zwar nicht alle Komponenten gleichermaßen entfalten, aber es entstand ein durchaus spannender Mischgeschmack.

Ebenfalls zurückhaltend süß und sogar noch progressiver folgte ein Eis von fermentiertem Knoblauch mit Dill, Joghurt und Gurkensorbet als kleines erfrischendes Intermezzo, ehe die mit etwas Fenchel aufgelockerte Spielart einer Tarte Tatin mit Umrandung von Miso-Ganache nebst erfrischend kontrastivem Minzeis und mariniertem Fenchel obenauf den eigentlichen Abschluss gab. Als sinnstiftende Verbindung setzte die Patisserie hier einen Sud von Zitronenverbene und Kombucha ein, der die etwas plakative Wirkung mit milder Säure auffangen und zuspitzen konnte. Auch das ein relativ unkonventioneller und dennoch auch nach konservativeren Gesichtspunkten harmonisch runder Schlussakkord.

Benjamin Gallein bespielt praktisch die gesamte Klaviatur an kulinarischer Stilistik, die von avantgardistisch bis ultraklassisch reicht, souverän. Die einen werden das als vielseitig und facettenreich feiern, die anderen als zu wenig stringent abtun – doch was ist gegen eine hohe Bandbreite einzuwenden, wenn alle Genres so gekonnt umgesezt werden? Benjamin Gallein selbst denkt ohnehin nicht in Kategorien oder Schubladen, sondern strebt unabhängig von ästhetischen Kriterien bei jedem Teller das bestmögliche geschmackliche Ergebnis an. Und das glückt ihm immer häufiger und besser.

Und Sommelier Jonas Gohlke gelingt das Kunststück, diese stilistisch heterogene Speisenfolge mit sehr attraktiven alkoholfreien Optionen oder aber mit treffsicher ausgewählten Weinen aus Deutschland, Österreich und Frankreich homogen zu begleiten.

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