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Fotos: Villa Kellermann

Villa Kellermann

Mangerstr. 34
14467 Potsdam
0331-20046540

aktualisiert: 03 / 2023
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Fr ab 18 Uhr, Sa u. So von 12-14 Uhr u. ab 18 Uhr, Mo u. Di Ruhetag
Hauptgerichte: 24-34 €,
Menüs: 66 €

Die von Küchenchef Christopher Wecker engagiert bekochte Villa von Fernsehmoderator und Weinmacher Günther Jauch am Ufer des Heiligen Sees in Potsdam ist in jederlei Hinsicht einen Besuch wert. Allein die großzügigen Räumlichkeiten mit hohen Decken und großen Fenstern in allen der drei zum See hin ausgerichteten Gasträumen, denen ein großzügiges Entree vorgelagert ist, machen Eindruck. Hier gehen sorgfältig ausgesuchte Gegensätze verblüffend harmonische Verbindungen ein: mit kraftvoll kontrastierenden Farben, edlen Stoffen, alter Bausubstanz und modernen Gestaltungsakzenten. Vor allem aber prägen grundverschiedene Muster diesen ebenso originellen wie stilvollen Rahmen. Aber auch die Küche steht dem im nichts nach, denn sie ist ebenso leicht zugänglich wie originell, hält qualitativ und handwerklich konsequent hohes Niveau und kommt auf jedem Teller mit dem typischen Tim-Raue-Touch daher, was daran liegt, dass der populäre Koch und Gastronom das Projekt seit der Eröffnung und auch noch zum Zeitpunkt unseres letzten Testbesuchs kuratiert hatte. 

Und Raue hat schon in der Vergangenheit an anderen Orten immer wieder eindrucksvoll bewiesen, wie gut es ihm gelingt, mit der tatkräftigen Unterstützung langjähriger enger Mitarbeiter seine eigene Handschrift auf völlig unterschiedlichste Kochstile und Weltküchen zu übertragen. In der Villa Kellermann ist der besonders hervorzuhebende ausführende (und mittlerweile in Eigenregie verantwortliche) Küchenchef von Beginn an Christopher Wecker und das Motto die typische deutsche Küche, also Rezepturen, Produkte und Aromen, wie man sie vielleicht noch aus Omas Küche kennt, die hier aber weltoffen und auf internationalem Niveau, moderat verschlankt, modernisiert und kreativ aufpeppt werden. Und die dabei überhaupt nicht angestrengt oder konstruiert wirken, sondern meist mit einem beglückend authentischen Ergebnis und dem verwegenen gewissen Etwas daherkommen, oft sogar echtes Soulfood sind. Maßvoll und doch mutig eingesetzte Schärfe, prägnante Säure und originelle Aromenkombinationen wirken an keiner Stelle anstrengend und ziehen sich wie ein roter Faden durchs Programm. Ebenso die auf jedem Teller wohlproportionierte, puristische und sehr markante Art der Präsentation, die bis dato ebenfalls klar Tim Raues Handschrift erkennen ließ. Wir sind gespannt, wie sich die Küche nun in den kommenden Jahren weiterentwickelt, nachem Raue sein Engagement beendet hat und Wecker künftig noch stärker seine eigene Handschrift einbringen kann.

Die Karte offeriert eine gar nicht so kleine Menge an Offerten à la carte sowie ein „Der gedeckte Tisch“ genanntes Menü, bei dem im ersten Aufzug synchron eine Vielzahl an Vorspeisen in kleinen Portionen serviert wird. Das gibt einen schönen Einblick und kann je nach Lust und Laune auch um den einen oder anderen Gang erweitert werden. Unser Schmaus begann zuletzt wie gewohnt mit süßsauer eingelegten Perlzwiebeln und Gürkchen sowie Brot und verschiedenen Aufstrichen wie etwa einer mit Leinsamen und Leinöl aufmontierten Frischkäsecreme oder der bereits liebgewonnenen Kalbsleberwurst mit Senfcreme. Das ist ebenso bodenständig und unaufgeregt wie animierend, lässt aber noch in keiner Weise erahnen, zu welch kreativen Ideen die Küche fähig ist.

Einer der Geniestreiche der aktuellen Testsaison war zum Beispiel die äußerst kontrastreiche Kombination von geröstetem Grünkohl, Erbse, Banane und den fernöstlichen Aromen von Zitronengras, Ingwer und Limette, welche als Vinaigrette forsche aber wohldosierte Schärfe und Säure ins Spiel brachten und die rauchig-kohligen Noten vom Kohl sowie die breite Süße von Erbse und Banane schlank und straff zuspitzten. Das schmeckt dann einerseits aufregend neuartig, andererseits aber deutlich weniger „speziell“, wie man es bei der Lektüre vermuten würde. An solchen Dingen erkennt man gut, wie sicher das Team unter der Leitung von Christopher Wecker beim Abschmecken agiert.

Einen weiteren erinnerungswürdigen Aha-Effekt brachte der Akzent von kühler Minze im Sauerkraut aufs Porzellan, das dergestalt einer wie aus dem Ei gepellten Zander-Tranche mit schneeweißem festem Fleisch und krosser Haut nebst knusprigem Speck und einer kümmelwürzigen Sauerkraut-Beurre-Blanc den entscheidenden Twist verlieh. Da wird im Grunde mit sehr einfachen Mitteln, nur mit guten, schmissigen Ideen, sehr viel bewirkt. Schon davor begeisterten Dinge wie der mit Leindotteröl und Zwiebel angemachte Kartoffelstampf unter mildem, dichtem Speckschaum mit Kartoffelcrôutons, ein mit pikanter Cocktailsauce auf Mayonnaisebasis zubereiteter Garnelensalat mit Champignons und Frisée oder eine Schweinesülze mit Schnittlauch, Perlzwiebel, Gurke und Apfel, bei der das unter anderem mit Senfkörnern in aromatisches Aspik gehüllte Fleisch nicht nur wegen des leichtend grünen Farbspiels ätherisch und frisch in Szene gesetzt war.

In seiner elaborierten und elegant umgesetzten, dabei aber durchaus sehr markanten Art präsentierte sich der mild geräucherte Aal auf einer schön transparenten Dunkelbiersauce nebst Brunnenkresse und Schwarzbrotknusper eigentlich schon auf 8-Pfannen-Niveau. Ähnlich anspruchsvoll, weil in alle Richtungen komplex und balanciert – dabei aber einfach nur köstlich, rund und unkompliziert – waren schließlich die mit gepökeltem Schweinebäckchen und der entsprechenden Fleischfüllung gefüllten Kohlrouladen, die in Begleitung von pikant mit Paprika angesetztem fermentiertem Kohl, buttrigem Kartoffelpüree und knusprig aufgepoppten Schweineschwarten-Chips auf einer süchtig machenden warmwürzigen Sauce von geräucherter Paprika und Piment d’Espelette angerichtet waren. Im Grunde genommen ein verfeinertes gutbürgerliches Gericht, das aber allein durch die prägnanten, klar und scharf herausgearbeiteten Aromen rein gar nichts von gediegener Bürgerlichkeit an sich hatte.

Besonders haptisch sehr raffiniert war das Dessert, eine mit Quittengelee glasierte und mit Quittenkompott gefüllte Käsekuchenmousse auf knusprig-splittrigem Boden aus Kataifistroh (gute Idee!), eingerahmt von Karamellsauce und säuerlich fruchtig akzentuiert von einem Passionsfruchtsorbet – exzellent! Auch dafür, dass man auf Wunsch zu allem im Glas etwas Exzellentes hat, ist gesorgt. Und zwar bei Weitem nicht nur vom quasi „hauseigenen“ Weingut von Othegraven...

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