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Fotos: Tante Anna & Sascha Perrone

Tante Anna

Hauptstr. 58
45549 Sprockhövel
02324-79612

aktualisiert: 10 / 2025
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Di-Sa ab 18.30 Uhr, So u. Mo Ruhetag
Menüs: 95-155 €

Ein geschmackvolles Kleinod mit hellem Fachwerk und lichtdurchflutetem Wintergarten-Anbau verbirgt sich da hinter der Schieferfassade des in der relativ unspektakulären Hauptstraße durch Niedersprovkhövel herausstechenden kleinen Häuschens, in dem das erst im Frühjahr 2025 unter den neuen jungen Gastgebern Pia und Thies Henkel wiedereröffnete Lokal Tante Anna residiert. Schon das für alle Gäste einheitliche fünfgängige Menü, dessen zwar auf Regionalität und Saisonalität bedachte, aber in aromatischen Details auch klar fernöstlich inspirierte konzeptionelle Ausrichtung, und natürlich das gehobene Preisniveau, signalisieren unmissverständlich, dass hier anspruchsvolles Fine dining auf dem Programm steht. Mit dem „Schnitzel-Mittach“ wird an den Sonntagen aber auch etwas bodenständiger performt.

Am Abend startete der Schmaus mit warm, rösch und saftig serviertem dunklem Sauerteigbrot aus Roggen und Weizen, dazu mit gerösteten Sojabohnen und Kräutern aus eigenem Anbau aromatisierter Ricotta und eine nussbuttrige Butternocke. Schon die ersten Snacks zeugten auf völlig unaufgeregte Art von handwerklicher Präzision und aromatischem Feingespür: Das mit einer bemerkenswert dynamischen und transparenten Ponzu-Vinaigrette und einer Nocke Tomatentatar bespielte Chawanmushi und das mit Hamachi-Tatar, Kurkuma-Rettich und einer dünnen Schicht zitrisch aromatisierter Crème fraîche gefüllte Tartelette-Schälchen hätte man sich zwar als Auftakt auch in jedem anderen ambitionierten Restaurant heutzutage vorstellen können, aber in nur wenigen davon wären sie so gut, so präzise und feinsinnig ausgetüftelt gewesen.

Als eine gelungene Verbindung von Meer und Land erwies sich sodann die große pochierte Irish Mor Auster mit Apfel-Fenchel-Salat und verschiedenen Salzwiesenkräutern auf punktuell mit etwas Currymayonnaise angereichertem Frekeh, jenem unreif geerntetem und über offenem Feuer getrocknetem und geröstetem Hartweizen, den man hauptsächlich aus der nordafrikanischen und levantinischen Küche kennt. Jetzt kann man darüber diskutieren, ob dieses haptisch etwas habhafte Getreide der perfekte Partner für die feine Auster ist – aber das läuft dann schon fast unter persönliche Geschmackssache, denn sehr ausgewogen und elegant war diese Melange allemal. Und es gibt ja schließlich auch die populäre Kombination, Pumpernickel zu Austern, was dann schon ungleich plumper ist. Lange Rede, kurzer Sinn: ein attraktiver Auftakt!

Sehr puristisch auf drei wesentliche Produkte reduziert kam danach die qualitätssteigernd nach Ikejime-Art geschlachtete Lachsforelle, die mit gerösteter Kombu-Alge und Staudenselleriesalat gekrönt auf einer Knollenselleriecreme gebettet war und von einer geschmackspushend mit Koji-Schimmelpilzkulturen geimpften und mit Forellenkaviar und Schnittlauch angereicherten Beurre blanc umspült wurde. Hier war ein zitrisches Gel auf dem Fisch der Gamechanger, der zudem auch dafür gesorgt hat, dass das mit dem Sellerie hier nicht zu erdig-gemüsig in die Breite ging.

In die ging zwar auch der anschließende Cannellono von Kürbis, Federkohl und Gojibeere nebst etwas flankierendem Kürbiskerncrunch nicht. Allerdings fanden wir das Röllchen – ähnlich wie zuvor den Freekeh als Unterbau für die Austern – ein klein wenig zu dominant gegenüber den drei kleinen Ama Ebi Kaltwassergarnelen, die darauf zusammen mit etwas Ponzu-Gel und weiteren Kürbis-Komponenten drapiert waren. Zwar wurde den Krustentierchen durch einen leichten Krustentierschaum von Produktseite noch zugearbeitet, aber ihr schmelziges, glasiges, zart süßliches Fleisch konnte seine Vorzüge auf der Gemüserolle nicht so deutlich zeigen, wie das im Rahmen einer leichteren, haptisch weniger präsenten Entourage möglich gewesen wäre. Auch das ist wieder Kritik auf hohem Niveau und letztlich allenfalls ein kleiner Schönheitsfehler, was die ideale Balance angeht.

Ganz hervorragend ausbalanciert empfanden wir allerdings wieder der Hauptgang rund um eine Tranche vom eigenaromatischen Limousin-Lammrücken mit dünnem, zusätzlich geschmackspushendem Fettdeckel, der knusprig und schmelzig über dem roszarten Fleisch lag – begleitet von zweierlei Karotte, einem Shiro-Miso-Flan und Ingwergel sowie à part auch noch von einer Art gedämpftem Bao-Bun, was (leider nur äußerst spärlich) mit etwas geschmorter Schulter vom Lamm gefüllt war. Allerdings erwies sich der schaumige Teig so oder so als ein willkommener Saucenschwamm für die wirklich hervorragende Lammjus, mit der der Teller vom Service am Tisch geflutet wurde. Da bewegte sich die Küche einmal mehr in Richtung 8 Pfannen!

Und auch das Dessert, das sich um Valrhonas Bitterschokolade „Extra Noir“, Joghurt und Sanddorn drehte, die hier als festcremige Mousse (Schokolade), schmelziges Eis (Joghurt) und in verschiedenen Aggregatzuständen (Sanddorn) sehr apart und wohlproportioniert angerichtet waren, wirkte kompositorisch elegant ausgewogen und handwerklich makellos. Neben glasweisen Weinempfehlungen gibt’s zu jedem Gang auch ansprechende alkoholfreie Begleitgetränke, die vom frisch gepressten, sortenreinen hocharomatischen Apfelsaft über selbsthergestellten Kombucha bis zu leichten Saft-, Sud- und Auszüge-Cuvées reichen.

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