Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
Abends |
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Do-Mo ab 18.30 Uhr, Di u. Mi Ruhetag |
Menüs: 89-111 € |
Überraschungen zum Dinner muss man mögen – im Restaurant Stilbruch kann man das Risiko „Überraschungsmenü“ aber getrost eingehen. Was sich im Wohngebiet der Karlsruher Weststadt seit ein paar Jahren etabliert hat, ist nämlich ausschließlich auf sehr positive Art überraschend. Selbst am Tisch weiß man nicht, was im Rahmen des klassischen „Menü Inspiration“ oder der Alternative „Menü Recreation Vegan“ als nächstes kredenzt wird. Und auch die begleitenden Getränke sind eine Frage des Vertrauens – das aber nicht enttäuscht wird. Die „Vision“ von Küchenchef Pascal Oudotte und seinem Team spart in der Eigendarstellung nicht gerade mit großen Worten aber die „kunstvolle Reise, die alle Sinne anspricht“, hat in der Tat spannende Stationen zu bieten und wird zudem noch nach dem Zero-Waste-Prinzip organisiert.
Das Ambiente des Restaurants ist erfreulich unprätentiös irgendwo zwischen Szenelocation und Wirtshaus mit dunklem Holzboden, umlaufenden Sitzbänken und blanken schwarzen Tischen, auf denen aber wertige Gläser zum Einsatz kommen. Und auch die nacheinander gereichten Apéros werden angemessen in Szene gesetzt, etwa in einer Holzkiste mit Stroh eine Kartoffel mit japanischer Gewürzcreme, Blutampfer und Imperial-Kaviar. Es folgte Reis in verschiedenen gerösteten Zuständen vom Kissen bis zu Flakes mit Wasabicreme und Soja, hinterher ein Cornetto mit handgeschnittenem Rindertatar, Maronencreme und Kerbel. Als letzten Teil des Vorspiels gab es ein Süppchen von verschiedenen über Holzkohle gegrillten Kürbissorten, etwas überportioniert und ohne großes Tuning profan einfach nur nach Kürbis schmeckend. Die Grüße hielten sich insgesamt mit aromatischer Zuspitzung zurück, was wir wohlwollend so interpretieren, dass sie sanft den Weg für alle Weitere ebnen sollten.
Darauf folgte dann auch tatsächlich gleich ein Highlight, das sehr wohl zeigte, wie im Stilbruch mit intensiven Aromen-Impulsen gearbeitet werden kann, die gut nebeneinander bestehen können, ohne sich gegenseitig oder gar das Hauptprodukt zu beeinträchtigen. Dies war ein roh marinierter Toro vom Thunfisch, zu dem eine sieben Tage lang reduzierte Bouillabaisse angegossen wurde, die so temperiert war, dass der Fisch nicht weitergarte. Zur präsenten, aber nicht zu starken Meeresbrise gab es kleine Akzente durch Bronzefenchel und Kalamansicreme, die kurz mit ihrer exotischen Fruchtsäure aufblitzte. Am erstaunlichsten aber war, dass dazu auch eine Nocke Kokoseis, „paniert“ mit ausgebackener Quinoa, funktionierte. Die eisige Füllung irritierte zwar kurz beim ersten Löffel, fügte sich dann aber harmonisch ins warme Umfeld, zumal das Kokosaroma durch die Verwendung von mehr Wasser als Milch im Eis nicht zu dominant durchschlug.
Der nächste Gang bewegte sich dann eigentlich schon über 7-Pfannen-Niveau! Es handelte sich um ein sogenanntes Signature-Dish, aber ein trockengereifter Saibling begegnet einem nun wirklich nicht überall. Der Fisch war 14 Tage im Reifekühlschrank und wurde so zarter und zugleich komplexer. Nur kurz auf der Haut über Holzkohle gegrillt, war er mit eingelegten Schalotten und geröstetem Chili belegt, was eine angenehme Säure und nicht zu viel Schärfe beisteuerte. Roter Amaranth und eine Nocke Paprikamark aus einer dehydrierten Spitzpaprika gaben etwas Nussigkeit und sehr viel geschmackliche Dichte dazu, alles sehr gut zusammengehalten durch die leicht cremige Sauce aus unreifen Rieslingtrauben mit Schalotten und Petersilienöl. Ein echter Knaller!
Spannend, wenn auch in der Ausführung nicht ganz so stark, ging es weiter mit einem ebenso akkuraten Rechteck von der französischen Perlhuhnbrust, gratiniert mit österreichischem Bergkäse. Sanfte Süße und frische Schärfe kamen durch eine Rote-Bete-Creme mit Meerrettich on top ins Spiel. Einen bleibenden Eindruck im Gaumen hinterließ vor und nach allem das starke Umami eines nicht zu dickflüssigen Pilzfonds.
Danach öffnete ein mit Sekt angegossenes Zitronensorbet die Geschmacksknospen wieder für das eigentliche Fleischgericht, dessen Hauptprodukt ganz nachhaltig von einer Schweizer „Omakuh“ stammte. Mit dem recht rare gegarten Onglet hatte man ordentlich was zu kauen, was grundsätzlich zu begrüßen ist – allerdings gab es noch eine 48 Stunden lang gegarte Rippe dazu, sodass trotz schöner Beigaben wie zwei Nocken aus Petersilienwurzelcreme mit sehr knackigem Popcorn und einer knusprigen Reistasche mit Maisragout das Gericht arg fleischlastig wirkte. Die Sauce mit japanischen Barbecue-Aromen war hingegen aus optischen Gründen homöopathisch dosiert, was aber durch eine üppig-schaumige Miso-Hollandaise ausgeglichen wurde.
Auf die süße Zielgeraden ging es mit einem gar nicht so süßen Ragout aus rotem und grünem Apfel unter einem Schaum aus Tonkabohnen und Lorbeer mit Granola-Crumble. Die Komposition des eigentlichen Desserts hörte sich etwas schräg an, denn zu einem Vanillekuchen mit Cashew-Vanille-Tonkabohnen-Eis gab es Quitten, roh marinierte Topinambur und deren ausgebackene Schale mit Fichtensprossenpulver sowie 50 Jahre gereiften Balsamico. Doch im Zusammenspiel erwiesen sich die hochgetürmten Zutaten als rund und harmonisch. Mit den Petits Fours bewies das Team zudem, dass es sich auch gut auf eher klassischem Terrain bewegen kann.
Lobenswert ist auch der kundige Service, der sehr genau weiß, wie in der Küche gearbeitet wird und dazu treffsichere Getränkebegleitungen bieten kann. Die können hausgemacht und ganz alkoholfrei sein oder mit Weinen abgewechselt werden. Als größte Überraschung erwies sich bei unserem Besuch ein Saint-Estèphe Grand Cru Classé 2003 vom Château Calon Ségur, der noch einmal unterstrich, dass man im Stilbruch zu einem herausragenden Preis-Leistungs-Verhältnis viel geboten bekommt.
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