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Fotos: Sterneck

Sterneck

im Badhotel Sternhagen
Cuxhavener Str. 86
27476 Cuxhaven (Duhnen)
04721-4340

aktualisiert: 07 / 2024
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Fr ab 18 Uhr, Sa von 13-14 Uhr u. ab 18 Uhr, So-Di Ruhetag
Menüs: 95-235 €

An der Nordseeküste zwischen Elbe- und Wesermündung ist die Zahl kulinarisch relevanter Restaurants überschaubar, auch wenn der Cuxhavener Stadtteil Duhnen sich touristischer Beliebtheit erfreut. Einen kulinarischen Leuchtturm gibt es mit dem Badhotel Sternhagen und seinem Aushängeschild dem Gourmetrestaurant Sterneck seit vielen Jahren. Das Restaurant mit dem klassisch-maritimen Ambiente bietet einen je nach Wetterlage mehr oder minder beeindruckenden Weitblick über die Strandpromenade und das Wattenmeer.

Die Küche wird seit 2012 von Marc Rennhack geleitet, dessen kulinarische Vita zuvor maßgeblich von Juan Amador beeinflusst wurde, dessen Sous Chef und Küchenchef er einstmals war. In der Tat bietet seine Küche einige Reminiszenzen an die Zeit, in der sich die deutsche Kulinarik zusehends vom klassischen französischen Vorbild löste und viel Wert auf Texturen, Techniken und strukturierte Tellergestaltung legte. Während heute zentrisch angerichtete Gänge das Bild dominieren, bei denen man am besten mit dem Löffel alle Komponenten zusammen verspeist, bietet der 1974 im westfälischen Kamen geborene Chef Teller mit vielen Komponenten und Strukturen und Konsistenzen, bei denen vieles individuell miteinander kombiniert werden kann. Man könnte die Kompositionen als kulinarische Youngtimer bezeichnen, die in dieser Qualität ohne Zweifel weiter ihre Berechtigung haben.

Das Menü beginnt mit drei Snacks, die zusammen auf einem Teller serviert werden. Ein erfrischendes Wassermelonensorbet reinigt den Mundraum. Dann gibt es kleine Scheiben Räucheraal, die auf eine Gurkencreme mit Nordseekrabben drapiert sind und wegen ihrer Kraft die Kombination geschmacklich dominieren. Am spannendsten ist ein Glas mit einem Tomaten-Pulpo-Sugo und etwas Chorizo-Schaum, der Anklänge Richtung der mediterranen Aromenwelt erkennen lässt. Diese wird dann auch im Folgenden, großen Amuse bedient, obwohl es als „Nordseegruß von Marc“ in der Karte annonciert wird: Der Taler von Thunfischtatar geht geschmacklich ziemlich unter, da die an Gazpacho erinnernde kalte Sauce aus Tomate und eine kleine Nocke Apfeleis ein entsprechend frisches und kräftiges Aromenspektrum zeigen. Viel präsenter ist die rote Garnele, auch weil sie leicht temperiert ist.

Wie schon in der Einstimmung, verbindet Marc Rennhack in seinen Gerichten meist zwei fischige bzw. fleischige Komponenten miteinander, wobei eine dominiert und die andere mehr oder minder ergänzendes Beiwerk ist. Im Fall der als „Langostino & Elsässer Saibling“ bezeichneten kalten Vorspeise ist der zart confierte Saibling das geschmacklich prägende Element. Langostino als Tatar ist in einer Gel-Rolle versteckt, dessen geschmackliche Intensität dadurch gedeckelt. Beides kann sehr schön mit der pinken Grapefruit, dem Salat aus Erbsenkernen oder den Schoten kombiniert werden, so dass ein erfrischendes, grünliches Geschmacksbild entsteht. Zwei kleine geschmorte Pilze erweitern den Geschmacksraum merklich um dunkel, erdige Töne. Fragezeichen erzeugen allerdings drei Segmente eines arg kohlig-senfig schmeckenden marinierten Rübchens und einer geschmacksfreien und festen Gel-Halbkugel.

Beim folgenden dänischen Seeteufel entscheidet sich die Küche für eine italienisch schmeckende Suppeninterpretation. Es wird am Tisch ein klarer, sehr aromatischer Tomatensud angegossen, dazu kommen Tomaten in verschiedenen Konsistenzen und optimal portionierte Wassermelonenwürfel und Basilikumblättchen, die das mediterrane Geschmacksbild erweitern. Kleine Stückchen Sardine, die in dünn gehobeltem Stangensellerie eingerollt sind, setzen einen salzigen Akzent. Schwer mit dem eingedeckten Fischmesser zu händeln sind nur der festfleischige Seeteufel und die Nocke Kaviar on top, weshalb sie unweigerlich in den Sud rutscht und der ihr angedachte Effekt als mineralische Würzung für den Fisch verwirkt.

Die Holländische Gelbschwanzmakrele im nächsten Gang ist außen leicht gegart und innen noch roh. Das heißt, das Gericht ist zwar warm, aber die Makrele spielt auch mit den durch unzählige Hamachi-Kreationen bekannten fleischigen Effekt, den sie im rohen Zustand bietet. Der Fisch ist umgeben von einer roten Sauce, die als ein mit roter Bete versetzter Dashi bezeichnet wird, der Umami-Faktor ist allerdings nicht so groß wie die Beschreibung es erwarten lässt. Stattdessen prägt das Spiel von Spinat und Zitronen-Aromen das Gericht und gibt ihm eine insgesamt frische Anmutung. Eine feine Säure, aber auch der feinbittere Geschmack der Zitronenschale ist immer wieder gut wahrnehmbar, was nicht nur hervorragend mit dem Spinat, sondern auch mit den Artischockenstückchen und Chips korrespondiert, die hier ein Gericht komplettieren, dass schon im 9-Pfannen-Bereich zu verorten ist.

In diese Höhen strebt auch der Steinbutt, der mit Weißwurst, Spitzkohl und Senf serviert wird. Diese etwas wild klingende Mischung ist sehr gut balanciert, der Geschmack des Fiches bleibt trotz der kräftigen Säure und der feinen Schärfe des Senfs tonangebend. Der Geschmack der Weißwurst wirkt nur ganz dezent im Hintergrund, denn ihre Textur wurde in einem Taler so verändert, dass kein fleischiges Gefühl auf die Zunge kommt. Auch der Spitzkohl ist genau in der Intensität justiert, wodurch die Kreation einen reizvollen Hauch von Rustikalität bekommt.

Im Hauptgericht kombiniert die Küche ein sehr gut geschmortes, kleineres Stückchen Rinderbäckchen mit einer sehr zarten Scheibe Filet vom Cuxhavener Galloway-Rind, begleitet von Texturen vom Mais und grünen Bohnen sowie einigen Pfifferlingen. Handwerklich ist daran nichts auszusetzen, aber das Gericht stützt einmal mehr das gängige Vorurteil, das Hauptgänge die schwächsten Gerichte in vielen Fine Dining Menüs sind.

Wie üblich präsentiert Marc Rennhack Predessert und Hauptdessert aus den gleichen Zutaten, in unserem Fall Erdbeere und Waldmeister. Die Einstimmung ist stärker auf den Waldmeister und dessen duftig-ätherische Aromatik ausgerichtet und texturell eher cremig, dass Hauptdessert nimmt mit frischen Früchten, Creme und Granité mehr die Deklination der Erdbeere in den Fokus und der Waldmeister verschwindet etwas in einer milchigeren Creme, so dass das Dessert einen wohligen Charakter hat.

Auch wenn wir die Tendenz zu neun Pfannen in diesem Jahr seltener feststellen konnten, als im vergangenen Jahr, ist die Bewertung mit 8 Pfannen und Bonuspfeil weiterhin voll gerechtfertigt – dafür spricht die Qualität der Kompositionen und die handwerkliche Umsetzung. Der von Anika Nührenberg geleitete Service ist freundlich und versiert bei der Arbeit. Die Weinkarte bietet im Rot- und Weißweinbereich eine breite Auswahl aus allen wichtigen Weinregionen Deutschlands und dem Ausland. Damit leuchtet auch dieses Jahr der kulinarische Leuchtturm an der Nordseeküste zwischen Hamburg und Bremen.

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