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Nicht selten gehen Generationswechsel in renommierten Betrieben mit kleineren oder größeren Konflikten oder zumindest mit einem klaren Cut einher. Dass es allerdings auch ganz anders gehen kann, wird bei Steinheuers in Heppingen auf beeindruckende Art und Weise sichtbar. Der über viele Jahre von Hans Stefan und Gabriele Steinheuer zu einer der besten Genussadressen des Landes entwickelte Landgasthof „Zur Alten Post“, der neben dem Gourmetrestaurant auch die bodenständigeren Poststuben, stilvolle Zimmer im gegenüberliegenden Haupthaus und vielfältige Möglichkeiten für Tagungen und Events beherbergt, hat über die Jahre eine treue Fan- und Gästegemeinde aufgebaut. Die schätzt seit jeher den klassischen, vor allem auf exzellenten Gourmetprodukten und kraftvoll komplexen Saucen basierenden Stil, den Hans Stefan Steinheuer geprägt hat.
Insofern war es alles andere als selbstverständlich, dass seit 2015 mit dem Einstieg von Schwiegersohn Christian Binder, der unter anderem bei Michael Hoffmann im Margaux und bei Nils Henkel im Schlosshotel Lerbach auch ganz andere Stilistiken kennengelernt hat, der Charakter des Restaurants und der Küche im Grunde unverändert (und somit auch für Stammgäste gleichermaßen attraktiv) weiterbestehen würde. Seitdem sind nun schon sieben Jahre vergangen und dank einer sehr behutsamen und sorgfältig aufgebauten Stabübergabe an Desirée Steinheuer und Christian Binder, der als Küchenchef mittlerweile das Gourmetrestaurant maßgeblich (mit-) prägt, wurde genau das erreicht. Veränderungen und Neuerungen sind zwar sichtbar, aber bei weitem nicht so gravierend, wie das auch von unserer Seite durchaus für möglich gehalten wurde.
Im Wesentlichen sind die Saucen bei gleicher Komplexität etwas leichter und transparenter und die Gemüsezubereitungen wirken detaillierter und mit mehr Finesse ausgearbeitet. Aber ansonsten bleibt die klassische, auf Produktqualität und eine klare kraftvolle Tellersprache setzende Linie weiterhin typisch „Steinheuer“. Tatsächlich wirkte die Küche bei unserem letzten Besuch sogar wieder etwas mehr „back to the roots“ als noch kurz nach dem Einstieg von Christian Binder. Auch wenn die Entwicklung und der Generationswechsel sicherlich noch bei weitem nicht abgeschlossen sind, überwog bei vielen Gerichten eine eher sanfte harmonische Art zwischen den beiden Welten der Tradition und Moderne, so dass an der einen oder anderen Stelle sogar entweder mehr scharfgestellte Details oder aber mehr von der Wucht und Power früherer Jahre wünschenswert gewesen wären.
Zunächst aber stimmten die ersten Kleinigkeiten zum Aperitif gewohnt feinsinnig und animierend auf das Menü ein. Etwa mit dem durch feine duftige Holundersüße akzentuierten Ziegenfrischkäse, oder einer prononcierten pikanten Würze an der krossen Kartoffelrolle als Hülle für feinwürziges Kalbstatar, bevor anschließend als Gruß aus der Küche noch ein klares, reintöniges Thunfischtatar mit zarter Süße und feiner Säure von gepickelten Gurken nebst Avocadocreme, Rettich und Reisknusper als animierendes Präludium auf den Tisch kam.
Der „Gemüsegarten“ im ersten offiziellen Gang hatte eine luftig leichte Erbsencreme als Basis, die von dunklem Würzpilzpulver tiefe Umaminoten mitbekam, während knackige Karottenstreifen, Wildspargel, Radieschen und weißer Spargel vor allem eigenaromatisch für Auflockerung sorgten. Ergänzt wurde dieses frühlingshafte Arrangement von charakterstarken Kaninchenzubereitungen (gebratene Bauchrolle, Niere, Rücken), die einen salzig-würzigen Kontrast lieferten. Trotz des Abwechslungsreichtums blieb das Ganze insgesamt aber eher auf der harmonischen Seite und hätte beispielsweise durchaus etwas keckere Säure vertragen können.
Ohnehin voll auf Kraft und Tiefe ausgerichtet war die hohe Tranche von geschmeidig mild gebeiztem Lachs unter krossen Kartoffelwürfelchen und Ketakaviar neben relativ weich gegartem und kräftig geflämmtem weißem Spargel (Köpfe und Streifen), die von einer stoffig-rauchigen Aalvelouté getragen wurden, angereichert mit Spargelbrunoises, Rauchaal und Schnittlauch. Und auf diese eher breitschultrige, aber dennoch elegante Art war das absolut überzeugend.
Genau wie der Steinbutt in grandioser reinweißer und fest-zarter Qualität, mit klarem nussigem Geschmack neben einem konzentrierten pacojetcremigen Blumenkohlpüree, geröstetem Blumenkohl und zarten Kohlrabilamellen in einer harmonisch-zarten Vin-Jaune-Sauce, gesprenkelt mit Kohlrabiblattöl und neckisch ergänzt von einer Kohlrabi-Tasche mit Taschenkrebsfüllung. Insgesamt entstand so eine leichtfüßige Verbindung von Meeresfrische und erdig-ätherischem Gemüse – nur die Vin-Jaune-Sauce wirkte im Vergleich zu dem, was beispielsweise Christian Bau unter demselben Label auf die Teller bringt, sehr leise und nach unserem Geschmack in dem Kontext etwas zu zurückhaltend.
Im Hauptgang punktete ein Lammrücken mit ausdrucksstarker Eigenwürze dank seines schmelzend zarten Fettdeckels und krosser Kruste und wurde ergänzt von mit Bärlauchpesto akzentuierter geschmorter Lammschulter in löffelzarter Konsistenz und mit aromatischer Tiefe. Dazu gab es knackigen grünen Spargel mit feinen frischen Bittertönen, eine (etwas faserige) Artischocke und einen Hauch von Säure in Gestalt von mit weißer Zwiebelcreme und Röstzwiebel gefüllten Perlzwiebelsegmenten, während die auf elegante Art kraftvoll gehaltene Lammjus den harmonisierenden Rahmen bildete.
Während der Hauptgang großes Format und durchaus Potential in Richtung einer noch höheren Bewertung aufzeigte, wirkte der süße Abschluss mit jeweils einer Nocke Himbeersorbet und Pistazieneis neben einer Torte mit dünnen filigranen Schichten aus Himbeer- und Pistazienzubereitungen vergleichsweise simpel, brachte aber die beiden Leitaromen in jedem Fall sehr ausdrucksstark und klar an den Gaumen.
Im bundesweiten Vergleich bedingt der aktuelle Entwicklungsstand der Küche zwar eine minimale Rückstufung der Bewertung, was aber rein gar nichts daran ändert, dass ein Besuch in dem zeitlos eleganten Gourmetdomizil der Steinheuers unverändert ein beeindruckendes Genusserlebnis rund um durchweg herausragende Produkte garantiert. Und genauso wenig ändert sich an der herzlich-zuvorkommenden Art der Gastgeber und des gesamten Teams, die atmosphärisch das Ankommen und Zurücklehnen wunderbar leicht macht. Zudem ermöglicht hier der bestens sortierte (und bei weitem nicht nur auf Ahr-Weine fokussierte) Weinkeller sowohl bei der Auswahl von Flaschen als auch bei den korrespondierend empfohlenen Weinen viel anspruchsvollen Trinkspaß.
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