Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
Abends |
Mi-Sa ab 17.30 Uhr, So-Di u. Fei Ruhetag |
Menüs: 100-150 € |
Eigentlich ist es ja schon beachtlich genug, in Aue im Erzgebirge seit so vielen Jahren eine Fine Dining Destination aufrecht zu halten, so wie die Brüder Benjamin (Chefkoch) und Claudius Unger (Gastgeber und Sommelier) in ihrem Familienhotel Blauer Engel. Noch beachtlicher ist allerdings, dass mit deren Gourmetrestaurant St. Andreas neben der bodenständigen Gastronomie in der Tausendgüldenstube und dem Betrieb des komfortablen Hotels keineswegs nur ein Prestigeprojekt betrieben wird, sondern ganz offensichtlich sehr viel Herzblut und Engagement in die ständige Weiterentwicklung und Verbesserung investiert wird.
Das war in den letzten Jahren nicht nur in der Neugestaltung des mit natürlichen Materialien modern-elegant gestalteten Ambiente im Restaurant zu sehen, sondern auch auf den Tellern. Mit einem offenen Blick auf aktuelle Trends und Bewegungen in der gehobenen Küche, aber ohne deshalb blind irgendwelchen Ideen hinterherzulaufen, gab es dabei insbesondere im letzten Jahr noch einmal einen gewaltigen Schub. Das Team um Benjamin Unger hat sich dem Modethema „Fermentation“ mit einer ganz eigenen Perspektive gewidmet, die vor allem über mehr Zeit für natürliche Prozesse der Geschmacksentwicklung zu markanten und eigenständigen Akzenten führt. Angefangen vom Dry Ager für Obst und Gemüse über eigene Joghurts bis zur hauseigenen Sojasauce erhält die in ihren Grundzügen nach wie vor klassisch-moderne und auch durchaus weltoffene Küche ein deutlich individuelleres Repertoire, um feine und ausdrucksstarke Pointen zu setzten.
Wie gut das funktioniert, zeigten zuletzt schon zu Beginn die einstimmenden Kleinigkeiten in Form von gebeiztem Färöer Lachs mit Wasabimayonnaise und Gurke, außerdem ein Sauerkrautschaum mit viel Zug als perfekte Umgebung für eine warmwürzig-knusprige Blutwurstpraline und winzige Specksegmente. Oder auch das im Knochen servierte Rindertatar unter einer Glasur aus altem Balsamico. Noch einmal mehr wurde die Entwicklung aber bei den roh in Limonenblattöl marinierten Jakobsmuscheln sichtbar, die in wunderbar fleischig zarter Konsistenz unter hauchdünn gehobeltem Fenchel, reichlich Ossietrakaviar, feinen Streifen von Salzzitrone und einer eher sanft gehaltenen Rieslingsauce angerichtet wurden. Und die so einen eleganten, fein gewobenen und dynamischen Auftritt erhielten.
Auf gleichem hohem Niveau ging es mit einem klar winterlichen und dennoch vibrierend frischen Arrangement aus einem Buttermilchflan unter marinierten Rettichröllchen und Yuzugel weiter, die wiederum von einer Nocke Buttermilch-Zitroneneis sowie Juliennes und Knusperstroh von Rettich unter Kerbelpuder getoppt wurden. Drumherum sorgte eine Vinaigrette aus Rettichsaft, Reisessig und Sake mit knackigen Gemüsewürfeln, Forellenkaviar und Schnittlauch für eine schillernd gestraffte Grundlage mit feiner Säure und Würze.
Ein echter Seelenwärmer folgte mit dem inmitten von luftigem Blumenkohlschaum platzierten wachsig-cremigen Eigelb, das von in Safran und Champagner gepickeltem Blumenkohl, Croûtons und schwarzer Trüffel ein abwechslungsreiches Topping mitbekam. Die wohlige Seite des Ganzen wurde außerdem noch durch eine verführerisch duftende Sauce aus regionalen Waldpilzen, Rotweinschalotten und Périgordtrüffel verstärkt. Volltreffer!
Danach gab es Eintopf. Aber eigentlich nur wegen der Servierform in einer tiefen Schüssel, die dazu einlud, alle Komponenten gemeinsam mit dem Löffel aufzunehmen. Das, was hier allerdings auf dem Löffel landete, hatte mit herkömmlichen Eintöpfen allenfalls eine harmonisch wärmende Tiefe gemeinsam. Dafür sorgte insbesondere der Hoisin-Sud, in dem ein zart gebratenes Seeteufelmedaillon badete. Dieses wiederum wurde von einer knackig abwechslungsreichen Vinaigrette mit Karottenwürfeln, Kapern, Erdnuss und duftigen Kräutern gekrönt – und von einer lockeren Tapiokahippe mit einem Gel aus der eigens entwickelten hellen Sojasauce akzentuiert.
Diese kam, anders eingebunden, auch beim marinierten und in einem ätherisch pfeffrigen Lack unter Croûtons und eingelegtem Knoblauch servierten Flanksteak zum Einsatz. Dessen kräftiger, von feiner Fettmarmorierung getragener Geschmack steckte die markante Aromatisierung locker weg und wurde außerdem von einem mit Rot- und Portwein infusionierten und dann karamellisierten Radicchio und dessen rotfruchtig-bittersüßem Geschmack sowie einem abpuffernden Rondell aus Süßkartoffelscheiben und -schaum sowie einem noch konzentrierter bittersüßen Radicchio-Confit mit feinen würzigen Anisnoten ausgesprochen kontraststark begleitet. Hier spielte das Team auf gewisse Weise mit dem Barbecue-Thema, aber auf eher abstrakte und sehr feinsinnige Art und Weise, beeindruckte zudem mit der ausdrucksstarken individuellen Zubereitung der Gemüse.
Und weil auch der süße Abschluss rund um Joghurt, Tannenhonig, Salzkaramell, weiße Schokolade und Thaibasilikum sehr subtil und zugleich markant mit Frische, Süße und Salzigkeit spielte, gibt es in diesem Jahr hochverdient die Aufwertung auf respektable 8 Pfannen. Wobei zum positiven Gesamtbild unbedingt auch die entspannt souveräne Art des Gastgebers und Sommeliers Claudius Unger beiträgt, der gemeinsam mit dem auch immer wieder einzelne Teller einsetzenden Küchenteam nicht nur kenntnisreich die Küche moderiert, sondern auch spannend und bestens abgestimmt mit hochwertigen Weinen aus einem beachtlichen Sortiment ergänzt, das er über die Jahre passioniert aufgebaut hat.
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