Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
Abends |
Di-Sa ab 18 Uhr, So u. Mo Ruhetag |
Hauptgerichte: 48-65 €, Menüs: 80-160 € |
Fast könnte man von Vorherbestimmung sprechen: 1903 als Schweizer Hof eröffnet, heißt die Adresse im Stuttgarter Süden seit 2017 Schweizers Restaurant – benannt allerdings nicht nach der Nation, sondern nach dem neuen Inhaber Gero Schweizer, der sich hier nach Top-Stationen im In- und Ausland den Traum von der Selbstständigkeit erfüllte. Inzwischen gibt es in den Jugendstilräumen, die zudem einen Wintergarten und Hinterhof zu bieten haben, ein klassisches und ein vegetarisches Menü in bis zu sieben Gängen, mit denen Schweizer und sein Küchenchef Florian Rühlmann das Niveau der straight und präzise ausgeführten Produktküche in jüngerer Vergangenheit beachtlich steigern konnten.
Schöne Geste: „Zum Aufwärmen“ brachte Gero Schweizer, der im Laufe des Abends öfters an die Tische kommt, eine kleine Tasse Bouillon, um kurz darauf erneut aus der Küche zu grüßen und erstmals eine Filigranarbeit zu präsentieren. Zu Focaccia und Sauercreme gab es rot-gelbe Betevariationen, die im Halbkreis auf dem Teller arrangiert waren – als satte Creme und leuchtender Schaum, als gefüllte Geleekugel und kleines Ragout.
Den ersten offiziellen Menügang schickte das Team in Gestalt einer Art Weiterentwicklung des Vitello Tonnato, jedenfalls waren hier die beiden wichtigsten Bestandteile des norditalienischen Klassikers verarbeitet: Scheiben vom roh marinierten Thunfisch und von rosa gegartem Milchkalb, dazu eine cremige Thunfisch-Rillette. In ein vielfältig pointiertes Geschmackserlebnis fügten sich dazu nicht zu kräftig angemachte Alblinsen, gepickelte Radieschen, kleine runde Radicchioblätter sowie in der Mitte des Tellers ein Gurkensud mit Schnittlauch. Und so entstand ein spannendes, aber harmonisches Wechselspiel von kalt und warm (die Linsen), süß-sauren, leicht bitteren und sanft würzigen Noten.
Apropos sanft: Als fast schon lieblich erwies sich der cremige Acquerello-Risotto, auf den neben zwei handgetauchten Jakobsmuscheln mit leichten Röstspuren vom Anbraten ein Chip und ein blütenweißer Schaum gesetzt waren. Trotz des Parmesans drängte sich die Würze nicht in den Vordergrund, ein Dillsud und wie Schnittlauch geschnittene Passepierre-Queller setzten dazu nicht nur optisch kleine Akzente.
Sehr viel mehr Grün kam dann beim Fischgericht zum Einsatz, das im doppelten Sinne ein Höhepunkt war, denn auf dem sanft pochierten und noch leicht glasigen Skrei war allerhand aufgetürmt: ein knuspriger Chip aus seiner Haut, Buchenpilze, über allem aber ein dichter Garten aus Microgreens, die das schmelzig-schäumende Gericht effektvoll mit herb-knackigen Spitzen versahen. Unter dem Skrei machte sich auch noch eine Scheibe süß-säuerlich gepickelter Daikon-Rettich sehr gut, und als alle Komponenten sanft und schmelzig verbindendes Element diente eine schön ausbalancierte Beurre blanc.
Mit dem Fleischgang wurde das hohe Niveau gehalten! Zum einen durch das Produkt selbst, denn der hier zubereitete rot-saftig gegarte Riegel vom Rinderrücken hatte neben aromatischer Ausdruckskraft auch noch eine gute Struktur vorzuweisen. Zum anderen durch die Komposition, denn hier hatte jede Komponente für sich einen gewinnbringenden Anteil an einem so komplexen wie texturreichen Geschmacksbild: der Umami-Schmelz eines Ochsenschwanzraviolo, der knackige Biss von Wildem Brokkoli, die auch süßschmeichelnden Noten von Kartoffelschaum und Kohlrabicreme. Dazu noch eine Brandteigkugel und gebratene Kohlrabiwürfel in einer eleganten Jus. Sowohl dieser Gang als auch das vorausgegangene Fischgericht bewegten sich klar auf 7-Pfannen-Niveau!
Das Dessert schließlich konnte weniger mit seiner Optik punkten, weil sich hier eine aufgeschäumte „Crème brûlée“ über das Löffelgericht wölbte. Dafür aber geschmacklich, denn darunter verbargen sich ein Sauerrahmeis und ein Zitrusfrüchteragout, was in Summe einen sehr frischen, leichten, aber nachhaltigen Eindruck hinterließ. So wie auch ein wahrlich „oliviges“ Olivenölgelee unter den Petits Fours zum Kaffee. Nachhaltige Erlebnisse beschert zudem auch Restaurantleiter und Sommelier Ralf Pinzenscham, den manche Gäste sicher noch aus seiner langen Zeit im einstigen top air in bester Erinnerung haben. Seine Weinbegleitung bietet nicht nur Bekanntes, sondern auch immer wieder Überraschendes. Und das alles bei einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis.
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