Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
Abends |
Mi ab 18.30 Uhr, Do von 12-14 Uhr u. ab 18.30 Uhr, Fr ab 18.30 Uhr, Sa von 12-14 Uhr u. ab 18.30 Uhr, So-Di Ruhetag |
Hauptgerichte: 95-125 €, Menüs: 239-305 € |
So behäbig und in gewisser Weise auch altmodisch die Moselregion an sehr vielen Stellen wirkt, so interessant ist der Kontrast dazu, der die Gäste des Weinhaus Schanz in Piesport in dessen Gourmetrestaurant erwartet. Denn das lädt nicht nur in ein, gemessen am sonstigen Angebot, fast schon provozierend modernes Ambiente, es hat mit dem Kulinarium von Spitzenkoch Thomas Schanz auch noch eine der besten und zugleich spannendsten Küchen Deutschlands zu bieten.
Es ist eine moderne, aufwendige, filigrane, kreativere und sogar bisweilen sogar überraschend progressive Spielart der französischen Klassik. Und eine jener Küchen, die so zugänglich und zugleich so ereignisreich und originell sind, dass sie Gourmet-Novizen wie weitgereiste Foodies gleichermaßen in ihren Bann ziehen kann. Und sie ist vielleicht sogar die „kompletteste“ Küche aus der Reihe von Deutschlands Spitzenvertretern, weil sie einerseits so stark auf die traditionellen Werte der Haute Cuisine setzt, dass sie konservative Esser begeistert, andererseits aber auch so spannungsreich und mutig originell ist, dass auch abenteuerlustige Gourmets immer wieder mit großer Vorfreude nach Piesport pilgern.
Wie markant und zugleich fein abgestimmt die Küche von Thomas Schanz ist, wie scharfgestellt sie sich aromatisch und haptisch selbst auf der Microebene präsentiert, das demonstrierten auch zuletzt schon gleich die ersten Fingerfood-Snacks eindrucksvoll, die jedes für sich auf höchst grazile Art ein Maul voll komplexen Geschmack an den Gaumen brachten. Und dieses Kunststück gelang dann im Anschluss auch mit dem satten Geschmack einer Minestrone, die in Gestalt schaumiger weißer Mousse – mit dünnen Olivenscheiben, winzigen Basilikumblättchen und Tupfen von Basilikumpistou verziert und von einer kleinen Nocke Zitroneneis mit Anchovi getoppt – als Kuppel um ein Kalbstatar herum aufgebaut war. Auch hier wurde ein sattes mediterranes Geschmacksbild auf verblüffend filigrane, ätherisch leichte Art interpretiert.
Schon davor zeigte das bereits zur essbaren Legende avancierte Trüffel-Ei einmal mehr, warum es aus dem Repertoire von Thomas Schanz nicht mehr wegzudenken ist: eine zart angestockte, in der Eierschale servierte Trüffel-Royale unter Trüffelschaum, die mit nobler alkoholischer Süße in Vermählung mit der für Périgord-Trüffel typischen, feucht-dumpfen Erdigkeit spielt, die Harmonie und Intensität zum Löffeln auf engstem Raum hocharomatisch zusammenbringt. Achtung: extrem hohe Suchtgefahr!
Der oft als stohig-streifige Angelegenheit bekannte Taschenkrebs wurde in der Vorspeise in Gestalt von überraschend schmelzigem Tatar als Füllung mehrerer dünn und zart von Gelee ummantelter kleiner Cannelloni und als Podest für eine Kuppe Störkaviar auf einer Scheibe confierter Cedra-Zitrone inszeniert. Auf Produktseite sehr deutlich und effektiv verstärkt von einem Eis und einem Sud vom Krebs, die hier in Zusammenspiel ein herrlich intensives, süßlich-jodiges Geschmackserlebnis aufs Porzellan zauberten. Famos ins Geschehen eingebunden und irgendwie auch spielentscheidend war hier die deutliche alkoholische Süße vom Sherry im Krustentiereis, die an dieser Stelle einmal mehr dick das klassische Fundament von Thomas Schanz‘ Küche unterstrich, ohne es auch nur ansatzweise altmodisch wirken zu lassen.
Ein in jederlei Hinsicht perfekt auf den Punkt gebrachter und selbstredend qualitativ herausragender Seehecht war aufgrund eines mit Safran, Vanille und Papaya aromatisierten klaren gelben Suds auf Basis von geröstetem Mais mit Öl von Zitronenblatt karibisch inspiriert. Dynamisch ätherisch von einem Minzsalat angefacht und von Meeressalat jodig mit viel Umami, aber eben sehr leicht und transparent unterfüttert. Groß! Und nicht minder großartig war auch der unter seinen röschen aufgestellten Schuppen optimal glasig belassene, mit sautierten Calamaretti, geschmorter Paprika und gelben Johannisbeertomaten beladene Wolfsbarsch, der zusammen mit Fenchel in einem Passionsfruchtsud auf Gemüsebasis angeschwommen kam.
Trotz origineller markanter Optik war der Carabinero mit Ochsenmark auf mikroskopisch fein gewürfeltem, roh mariniertem Staudensellerie und einem am Tisch angegossenen Bergamotte-Sud, in den dann vom Service noch ein sehr mildes Minzöl getropft wurde, der wahrscheinlich puristischste Gang des letzten Menüs. Doch auch damit gelang es dem Chef, ein eindrucksvoll volles und vielschichtiges Geschmacksbild zu kreieren, in dem das Krustentier völlig unangefochten im Mittelpunkt steht, drumherum aber erstaunlich viel passiert.
So wie auch optisch bei der an der Karkasse gebratenen Taubenbrust, die von einem im kunstvoll hochgezwirbelten Zucchinimantel versteckten Keulenragout sowie der als Füllung eines Strudelsäckchens auf den Teller geschickten Innereiencreme auch noch weitere gewinnbringende Verstärkung von Produktseite erfuhr. Dieses Maximum an Ausdruckskraft und Eleganz in Sachen Taubenschmaus breitete Thomas Schanz unkonventionell auf einer dünnen Matte gebeizter Süßkartoffel aus und stellte ihm auch mit knackig-kühlaromatischem Eiskraut und getrockneter Weinhefe alles andere als alltägliches oder gar bewährtes Geleit zur Seite. Der eigentliche kreative Clou, der hier einen herausragenden klassischen zu einem originellen und sehr eigenständigen Hauptgang werden ließ, war jedoch die so markant wie möglich und so elegant wie nötig mit Rooibuschtee aromatisierte Jus.
Mit einem alkoholfreien Begleitgetränk aus Artischockentee, Kirsche, Espresso, Orangenblüte stellte Sommelier Aleksandar Petrovic an dieser Stelle einmal mehr klar, dass er nicht nur ein versierter Weinberater mit guten Ideen für alkoholische Pairings ist, sondern auch ein besonderes Händchen für alkoholfreie Begleiter hat, die er angenehm leicht und doch spannend prägnant selbst entwickelt. Schon zuvor gab es beispielsweise zum Taschenkrebs einen Butterfly Pea Tea mit Himbeermark, Zitrone, Kokos, Tomatenconsommée oder eine Mixtur aus Rosenblatttee, Grapefruit und geröstetem Reis zum Carabinero. Auch in dieser Disziplin spielt das Restaurant Schanz bundesweit ganz vorne mit.
Womit wir aber nicht die Patisserie übergehen wollen, die zuletzt mit einer fast schon avantgardistischen, geometrisch angerichteten Kreation aus den Leitmotiven Kiwi, Mango und Blattpetersilie für einen echten Hingucker sorgte: Unter der länglichen grün-roten Kiste aus dünnen pulverbeschichteten Platten von weißer Schokolade versteckte sich ein facettenreiches Schichtwerk aus den genannten Produkten in Form von Sorbet, Baiser und Espuma, kontrastierend aufgelockert von knusprigem Reis und Teigplättchen, harmonisch vermählt vom sahnigen Schmelz einer Crème fraîche und aromatisch akzentuiert von einem Hauch Rum-Flavour. Leicht und trotzdem vollmundig, unkompliziert und dennoch finessenreich, zu hundert Prozent eingängig und nachvollziehbar, zugleich aber originell kreativ. Alles Eigenschaften, die auch auf alles andere zutrifft, was aus Thomas Schanz‘ Küchenreich kommt.
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