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Erhaben über der kleinen Promenade von Bodman, mit unverstelltem Ausblick auf den Bodensee, präsentiert sich das Gourmetrestaurant im Hotel Villa Linde in einer wahren Gunstlage. Auf dessen Terrasse kann man das Panorama über den oberen westlichen Ausläufer des schwäbischen Meeres zum Aperitif in vollen Zügen genießen. Drinnen im großzügigen Gastraum mit Naturholz, zeitgemäß wohnlich und harmonisch eingerichteten Ambiente, der in einen kleinen Barbereich übergeht, hat man zumindest von einigen Tischen aus Seeblick. Aber wir sind ja ohnehin zum Essen da und somit gleich beim Thema, denn in der Küche gab es kurz vor Redaktionsschluss unserer letzten Testsaison einen Wechsel: Auf Kevin Leitner, der hier seit der Eröffnung als Chef de Cuisine am Herd stand, folgte nun Aljoscha Füting, der Größen wie Franz Wiget und Heinz Reitbauer zu seinen Lehrmeistern zählen darf und mit Arbeitsauslandsaufenthalten in Japan, Südkorea und Lateinamerika auch schon weit über den Tellerrand der mitteleuropäischen Haute-Cuisine hinausgeblickt hat.
Statt große weite Welt gibt es auf seinen Tellern aber ganz bewusst jede Menge Heimat, denn das Team hat es sich auf die Fahnen geschrieben, mit den besten heimischen Produkten zu arbeiten, die wenn möglich aus der nahen Region oder zumindest aus Deutschland stammen. Und das beschert dem Gast von verschiedenem Gemüse der Insel Reichenau über trockengereiftes Flank-Steak von „True Wilderness“ bis hin zu Fischen von Nikolai Birnbaum eine schöne Bandbreite wirklich hochwertiger Viktualien, die – so viel vorweg – nicht nur thematisch originell, sondern auch geschmacklich ausgereift in Szene gesetzt werden.
Die Grüße aus der Küche sahen sehr ansprechend aus, waren aber Gott sei Dank kein Indikator für das grundsätzliche Niveau der Küche. Denn insbesondere ein in graue Kartoffelasche gehülltes, aus Kartoffelmasse und Creme von Frankfurter Grüner Sauce fabriziertes Gebilde, aber auch das auf einer dominant mampfigen (getreidigen) Masse als Happen angerichtete Tatar von der bayrischen Garnele waren verblüffend dröge, vor allem in ihrer Beschaffenheit überraschend grobe Angelegenheiten, die uns zu Beginn des Testbesuchs kurz an der Expertise des neuen Chefs zweifeln ließen. Auch in der Folge war zwar die eine oder andere Komponente vor allem texturell nicht hundertprozentig perfekt umgesetzt, aber diese Kleinigkeiten konnten den guten Gesamteindruck in keiner Weise trüben.
Denn schon der erste Gang des wahlweise fünf- oder siebengängig angebotenen Menüs, der nicht nur spannend aussah und bereits beim Einsetzen des Tellers verführerisch nach Basilikum duftete, konnte auch geschmacklich und haptisch überzeugen. Gewidmet war er unterschiedlichsten Spielarten verschiedener Bohnensorten, die hier von cremig über knackig bis knusprig zusammen mit etwas Tomatenconcassé und einer mit duftig aromatischem Basilikum-Olivenöl parfümierten Sauce von weißen Bohnen angerichtet waren. Ein ebenso pointiertes wie facettenreiches Bohnenallerlei.
Erfreulich auch der Zwischengang um Bachforelle, Süßkartoffel, Nektarine und Koriander, bei dem der Fisch aus der Premium-Zucht von Nikolai Birnbaum mild gebeizt, die Süßkartoffel als Cremetupfen und Brunoises, die Nektarine ebenfalls als kleine und geflämmte Würfel und der Koriander als Bestandteil eines sehr guten, komplexen Ceviche-Suds auf den Teller fanden. Ergänzt um geflämmte Perlzwiebel und Cashewnüsse war das ein zwischen Schärfe, Säure, Süße und Würze angenehm ausgewogener Gang rund um ein attraktives Hauptprodukt.
Dass der junge Chef gute Ideen hat und diese auch gut umsetzen kann, bewies insbesondere der vegetarische Zwischengang mit geschmortem Fenchel, Limette und Hibiskus. Das in einer Art Hibiskussud geschmorte und anschließend damit glasierte, außerdem mit seiner gerösteten Saat aromatisierte Gemüse kam in Gegenwart eines Limetten-Fenchelpürees und einer mit Blattpetersilie aromatisierten Fenchelsauce als spannend bitterherber Akkord daher und machte gerade in seiner etwas kantigen, aber eben nicht unharmonischen Art richtig viel Spaß.
Und weil Alioscha Füting eben das Spiel mit Süße und Säure offenkundig sehr gut beherrscht, gelang auch das Intermezzo aus Roter Bete, Kartoffel und Lammbries äußerst ansprechend, das von einer leicht rauchig wirkenden Lammjus kraftvoll und tief, aber trotzdem elegant und transparent unterfüttert wurde. Ebenso der fleischig-saftige Süßwasser-Stör, der wie schon die Bachforelle aus der in Gourmetkreisen hoch gehandelten Birnbaum’schen Fischzucht aus Epfenhausen bei Landsberg stammte. Und der von einem mit Creme aus sich selbst gefüllten und mit Kapuzinerkresseblättern tapezierten Artischockenherz begleitet wurde. Auch hier begeisterte wieder ein animierend säuerliches Aromenspiel.
Kontrastreich und markant fiel der Hauptgang aus, in dessen Mittelpunkt die mit Zitronenschale und Jalapeño markant aromatisierte Tranche eines nach unserem Gusto sehr guten Flanksteaks stand: mit dem typisch kernigen Biss, aber Dank viel schmelzigem intramuskulärem Fett auch wunderbar schmelzig und zart. Und damit viel ausdrucksstärker als zum Beispiel bloß weiches, langweiliges Filet. Begleitet von einer mit einer Art Hachée gefüllten, leider etwas zähen Schalottenhülle, einem mit weißer Schokolade und Zitrone effektvoll abgeschmeckten Püree auf Basis von Schalotten und Pilzen sowie einer klassischen reduzierten Jus war das ein toller, unkonventioneller Menühöhepunkt.
Mit einer erfrischenden Trilogie aus Wassermelone (Sorbet), Roséwein (Granite) und Verjus (Espuma) als Prädessert oder einer nussig-süßen Adaption des eigentlich herzhaften südamerikanischen Traditionsgerichts „Tamale“ mit Bodensee-Zwetschge und Kamille gelang auch der Dessertabteilung ein überzeugender Auftritt. Die Weinkarte listet alles, was am See Rang und Namen hat, eine schöne kleine Auswahl aus anderen deutschen Anbaugebieten und genügend Alternativen aus dem europäischen Ausland. Und der Service präsentierte sich bei unserem Besuch sympathisch und sehr engagiert. So präsentiert sich s’Äpfle auch weiterhin auf hohem gastlichem Niveau, hat in unseren Augen mit der schon jetzt recht eigenständigen Küchenlinie sogar das Zeug dazu, sich auch kulinarisch noch weiter abzuheben.
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