Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
Abends |
Mi u. Do ab 18.30 Uhr, Fr u. Sa von 12-13 Uhr u. ab 18.30 Uhr, So-Di Ruhetag |
Hauptgerichte: 42-52 €, Menüs: 155-185 € |
Das zum gleichnamigen Hotel in der namensgebenden Rote Hahnengasse gelegene Restaurant von Laura und Maximilian Schmidt, das sich in einem geschmackvoll schlicht gehaltenen Ambiente auf unterschiedliche Ebenen erstreckt und mit seinem dunklen Ambiente zwischen schwarzen und natursteinernen Wänden etwas Stylisches und Exklusives ausstrahlt, zählt längst zu den spannendsten Gourmet-Hotspots in Bayern. Der hochambitionierte Chef hat nach seiner Lehre beim Kollegen und lokalen Mitbewerber Anton Schmaus mit dem Stockholmer Frantzén, dem Hangar 7 in Salzburg oder dem Zén in Singapur weltweit spannende Top-Adressen besucht und setzt den dort erlangten kreativen Input seit ein paar Jahren im eigenen Betrieb immer konsequenter um.
Seit der Eröffnung liegt Schmidts Fokus hinsichtlich seines Kulinariums nicht nur immer stärker auf Purismus bei zugleich hoher geschmacklicher Komplexität – auch Regionalität spielt eine zunehmend größere Rolle. Allerdings nicht als dogmatisches Konzept, sondern als breite und auch sehr spannende Basis für eine maximal weltoffene Küche aus eben überwiegend heimischen Produkten. Man erkennt bereits im vielgestaltigen Aufwärmprogramm, dass es dem noch sehr jungen Chef nicht um Spektakel und Show, sondern um Produkt und Geschmack geht. Gerne kraftvollen und tiefen Geschmack, aber immer sehr balanciert und elegant, mit feiner Linienführung.
Schon der Pilztee mit Miso-Hollandaise und Schnittlauchpulver war eine warme Umarmung, die aber nicht bloß mit Umamiwucht daherkam. Dieselbe feinsinnige hintergründige Finesse boten auch die anderen Kleinigkeiten im Fingerfoodformat, etwa die filigrane knusprige Tartelette von Zwiebel und Mandel oder die von feinen Ceviche-Noten durchzogene Miniatur mit Verschiedenem von der Karotte.
Das Menü selbst startete in Gestalt eines mit milder Meerrettichcreme unterfütterten Tatars vom zunächst mehrere Tage trockengereiften und dann in milde Salzlake eingelegten Karpfen. Vermengt mit eingelegtem Saiblingskaviar, obenauf aromatisch akzentuiert von eingelegten weißen Zwiebeln und Dillmayonnaise-Tupfen, erfrischt von einem mit Dillöl marmorierten Buttermilchsud, war das eine sehr ausgewogene und balancierte Angelegenheit, bei der das festfleischig-wachsige Rohfleisch vom Karpfen klar als Star des Tellers im Mittelpunkt stehen durfte und drumherum trotzdem viel passierte.
Dass hier sehr feinfühlig komponiert wird, machte insbesondere der Zwischengang rund um auf dem Big Green Egg gegrillten und geräucherten „BBQ-Kürbis“ deutlich, der als quadratisches Stück auf Kürbispudding und umgeben von Kürbisschaum angerichtet war. Nussig und tief akzentuiert von Kürbiskerncrunch, säuerlich erfrischt von grünem Apfel und in Cassis eingelegten Zwiebeln, war auch das trotz der Barbecue-Anspielungen kein rustikal zupackendes Gericht, sondern ein elegant balanciertes mit spannenden Facetten.
Wie sehr hier das hervorragende Produkt gefeiert wird, war auch sehr schön am Stör zu sehen und zu schmecken, der aus derselben Fischzucht von Marco Mulzer stammte wie schon zuvor der Karpfen. Nur mild gepökelt und dann sehr kurz angegrillt, brachte die mit Knusperpartikeln von Topinambur beflockte Tranche viel reinen und klaren Geschmack auf den Teller, war aber meilenweit davon entfernt, karg und leer zu wirken. Zumal da als Sockel für den Fisch auch noch gegrillte Topinambur mit mariniertem Chicorée, Birnengel und wachsigen Schmelz verleihende Eigelbcreme sowie ein dunkler, viel Tiefe spendender Topinambursud im Spiel waren. Auch das zeichnete sich wieder durch eine ebenmäßige Verbindung aller Aromen und Strukturen aus, bot eine beeindruckende Balance mit flirrenden Zwischentönen in bitter, fruchtig, nussig sowie ein animierendes Spiel von Säure, Süße und Würze.
Die „Pomme Paillasson“, die wir so oder so ähnlich schon von unserem allerersten Besuch im Roten Hahn unter der Ägide von Maximilian Schmidt kannten, hat sich offenbar zum Signature Dish entwickelt. Was uns nicht wundert, denn der mit süßen Zwiebeln und herzhafter Creme von Parmesan und gereiftem Balsamico gefüllte und on top mit viel dünn aufgehobelter Périgord-Trüffel beladene krosse Kartoffelriegel hat nicht nur Suchtpotential, er dürfte in seiner vollmundigen, maximal zugänglichen und doch sehr raffinierten, differenzierten Art so ziemlich jeden Gast begeistern – egal ob Gourmet-Novize oder weitgereister Foodie.
Im Hauptgang bekamen wir es mit Taubenbrust zu tun, die mit einem Lack von Szechuan Pfeffer und Lavendel glasiert war und zuvor geräuchert und sous-vide gegart wurde. Das sehr zarte, aromatisch allein durch den Rauch und die Würze kraftvoll aufgeladene (aber leider nicht mehr ganz so saftige) Fleisch thronte auf einem Sockel aus kleinen, noch leicht knackigen Fenchelstücken und schaumig-cremigem Baba Ganoush, also quasi einer sublimierten Version des aus der arabischen Küche bekannten Pürees, das traditionell aus Auberginenfruchtfleisch, Sesampaste und verschiedenen Gewürzen besteht. Umgeben von einer klassisch angesetzten Sauce Vierge, die hier allerdings noch mit Taubenjus, Kaffeeöl und Knoblauchöl verfeinert war, ergab sich ein sehr markantes Geschmacksbild: herzhaft, rauchig, salzig, würzig – es fehlte nach unserem Geschmack allerdings ein wenig der frische, ätherische, vielleicht auch säuerliche Gegenpol, der diese sehr gute Kreation zu einer herausragenden gemacht hätte.
Das ist natürlich Kritik auf sehr hohem Niveau und soll an dieser Stelle nur ein beispielhafter Hinweis darauf sein, warum wir uns diesmal noch nicht dazu durchringen konnten, die Bewertung auf durchaus mögliche 9 Pfannen zu erhöhen. Das Dessert um die Leitprodukte Tee, Milch und Honig, die als Rahmeis und geeister dreischichtiger Ring aus überwiegend cremiger Parfaitmasse, etwa aus Graupen-Amazake mit Fichtensprossenaroma interpretiert waren, hätte nämlich diese Bewertung ebenso verdient, wie zwei, drei andere Kreationen an diesem Abend. Denn die Akkorde, die hier aus den unterschiedlichen rahmigen Komponenten und dem in den geeisten Savarin gegossenen süßen Kamillensud entstanden, garantierten einen nicht nur höchst harmonischen, sondern auch sehr spannenden und wieder überraschend variantenreichen Nachtisch.
Ausdrücklich zu loben ist im Roten Hahn neben der Weinauswahl unbedingt auch die alkoholfreie Getränkebegleitung. Zwar ist nicht alles hausgemacht und man greift auch mal auf sehr gute Produkte von Jörg Geiger oder vom Obsthof Retter zurück. Wenn dann aber zum Beispiel Hausgebrautes aus Rhabarber-Garum mit Gewürzessig, Aprikose und weißem Tee (zum Karpfen-Tatar) oder aus Granatapfel, Sauerkirschsaft und einem anderen, weniger lang gereiften und deshalb ganz andere Aromen beisteuernden Rhabarber-Garum (als feinwürzig Rotwein-Alternative zum Hauptgang) ins Glas kommen, sind sehr individuelle und spannende Pairings garantiert.
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