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Esszimmer in der Alten Post

Alte Postgasse 53
69469 Weinheim
06201-8776787

Mi-Sa ab 18.30 Uhr, So-Di Ruhetag

Menüs: 115-140 €

Das etwas versteckt gelegene Esszimmer in Weinheim trägt seinen Namen absolut zurecht, denn in dem stilvoll und liebevoll-verspielt eingerichteten Restaurant mit vielen stehenden und hängenden Grünpflanzen, repräsentablen Weinflaschen überall und farbenfroher moderner Kunst, herrscht tatsächlich eine sehr einladende und entspannte „Wohnzimmer-Atmosphäre“. Diese wird von der herzlich und zuvorkommend agierenden Gastgeberin Renate Weigold noch weiter verstärkt und so macht man es hier dem Gast sehr leicht, sich auf die neuesten Ideen der Küche ihres Mannes Philipp Weigold zu freuen.

Zu erleben sind diese in einem einzigen, maximal fünfgängigen und mit einer Käseauswahl noch um einen sechsten Gang zu erweiternden Menü. Das gewährleistet zum einen hohe Produktqualität und stellt zum anderen sicher, dass auch mit wenigen Händen in der Küche jeder Handgriff exakt ausgeführt werden kann. Dazu sind aber auch die Gerichte selbst meist klug reduziert ausgedacht und kommen ohne unnötige Spielereien mit wenigen guten Ideen markant auf den Punkt.

Einen Vorgeschmack davon lieferten zuletzt bereits die ersten Miniaturen mit einem ätherisch erdigen Dim Sum aus hauchdünnem Kohlrabi mit durch Jalapeño leicht geschärfter und von Yuzu herb säuerlich erfrischter Jakobsmuschel sowie ein natürlich kräftig-würziges Rindertatar mit Rauchaal in einer dunkel-goldbraun gebackenen knusprigen Tartelette mit schneidig auffrischendem Meerrettich. Aber auch die obligatorische Brotzeitplatte mit kräftigem Sauerteigbrot, fermentierten Radieschen, verschiedenen zupackenden Aufstrichen und einem erfrischenden Fenchel-Orangensalat mit Kalamata-Oliven machte wie immer viel Freude.

Die wurde dann auch durch ein klugerweise gröber geschnittenes Tatar vom Balfegó-Thunfisch, mit geschmeidigem Biss und klarem Geschmack nicht getrübt. Ganz im Gegenteil! Denn der unter marinierter Gurke, Kalamansigel und einem laktisch zarten Eis von Burrata angerichtete Thunfisch war angenehm frisch und dynamisch in Szene gesetzt. Belebt und eingerahmt wurde das Ganze noch von einer gekonnt mit Umami und lebendiger Säure spielenden Vinaigrette und kontrastierend von einer enorm straff konzentrierten Hummerbisque ergänzt. Ein sehr starker Auftakt!

Als sommerliches Intermezzo folgten roh marinierte, jeweils vollreif aromatische Tomatensorten, gemeinsam mit Bronzefenchelspitzen, knackigen Scheiben winziger junger Zucchini und Kügelchen von markant würzigem Ziegenkäseeis – beides harmonisch verbunden von einem leichten weißen Tomatenschaum, der den säurebetont frischen Charakter des Sommergemüses noch weiter verstärkte. Und auch das wirkte einerseits unmittelbar schlüssig und harmonisch, sorgte mit feinen Akzenten aber auch für eine gewisse Spannung.

Mit dem fein marmorierten und überraschend eigenaromatischen „Barbecue-Kalbsrücken“ im Hauptgang wurde der Powerregler dann wieder deutlich stärker aufgedreht. Wobei das Endergebnis mit der Kombination aus knackig grünen Wildbrokkoli und Lauch auf feinen Streifen cremig milder Petersilienwurzelcreme und einer satt getrüffelten „Jus Gras“ – also eine mit Gänseleber montierte Kalbsjus – einen bei aller Süffigkeit und Kraft erneut eleganten und feinsinnigen Eindruck ergab.

Auch der süße Abschluss in Gestalt eines flauschig lockeren Topfenknödels in Florentiner-Bröseln neben herb erfrischenden Waldbeeren unter Topfenschaum sowie einem geschmeidig säurebetonten Sauerampfereis, fügte sich nahtlos in das hohe Gesamtniveau ein. Und so verband es, wie auch die vorherigen Gänge, unkomplizierten Genuss perfekt mit überdurchschnittlicher Finesse.

Dazu bietet die Weinkarte ein spannend individuelles Sortiment hochwertiger Gewächse, bei deren Auswahl die Gastgeberin kompetent zur Seite steht. Anstelle korrespondierender Gläser gibt es eine abwechslungsreiche Reihe offener Weine, die zwar nicht unbedingt zu jedem Gang ein perfektes Pairing bieten, dafür aber ebenfalls viel Spaß im Glas garantieren.