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Fotos: sein

sein

Scheffelstr. 57
76135 Karlsruhe
0721-40244776

aktualisiert: 07 / 2022
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Fr von 12-13.30 Uhr u. ab 18.30 Uhr, Sa u. So ab 18.30 Uhr, Mo u. Di Ruhetag
Menüs: 50-200 €

In einer ruhigen Wohnstraße der Karlsruher Weststadt gelegen, wird im Restaurant sein demonstriert, was moderne Gourmetgastronomie heute sein kann: entspannt und trotzdem fokussiert, stylish, aber nicht übertrieben. In der kleinen Location mit ihrem puristischen, im vergangenen Jahr schick aufgefrischten Ambiente, blanken Holztischen (aus deren Schubladen das Besteck gezogen wird), dunklen Dielen und noch dunkleren Wänden, setzen kleine Lichtspots zu gemäßigtem Loungesound die Kulinarik in Szene. Man fühlt sich vom vierköpfigen Team um Inhaber Thorsten Bender sehr persönlich betreut. Gelegentlich erscheint er selbst wie auch sein Souschef am Tisch, um die Gerichte zu präsentieren oder sich ein direktes Feedback abzuholen. Zwei Menüs in sechs Gängen stehen zur Wahl, und es gibt sogar einen kleinen Mittagstisch.

Die Küche ist weltoffen, ohne einer festgelegten Stilistik zu folgen, wenngleich durchgehend ein asiatischer Twist mal mehr, mal weniger zu spüren ist. Mit einem Apero-Feuerwerk zeigte sie gleich mal, mit welcher Aromenkraft im Verlauf des Abends noch zu rechnen ist. Die sogenannten „Lustmacher“ wurden ihrem Namen sehr gerecht und boten Schärfe, Säure, Süße und viel Umami. Im Einzelnen: eine Gyoza-Tasche mit Kimchi und Avocadocreme, eine Karottentartelette mit Kumquat und Verbenegel, eine Sommerrolle mit Minze und Erdnuss, ein Kohlrabiröllchen mit Wasabicreme und auf Eis eine in Bergamotte eingelegte Birnenkugel mit Pistazie – alles natürlich getunt durch Pickeln, Saucen und Suds.

Eine doppelte Portion Umami breitete sich aus bei der folgenden „Einstimmung“, einem kunstvollen Aufbau (Takoyaki-Bällchen mit Kräuterseitlingen, grünem Spargel und Blüten), der nur mit einem Happs zu bewältigen und somit eine Aromenrundreise über den Gaumen war. Noch mehr verdichteten Geschmack mit langem Nachhall – wie viele Gerichte im sein – bot dazu ein Powershot mit einem Süppchen von Miso, Kokos und Orange, in dem alle Regler bis an die Grenze aufgedreht waren. Als Neutralisierer folgte ein warmes Bockshornkleebrot, obwohl: Sowohl die aufgeschlagene Fassbutter mit Kresse als auch ein grün-grasiges Olivenöl gaben ordentlich Schmackes dazu. Toller Auftakt durch und durch!

Zum ersten Gang konnte man sich etwas zurücklehnen, was wir als Teil der Dramaturgie im Sechs-Gänge-Menü sehen. Beim in Sojasauce und Yuzu eingelegten grünen Spargel mit Blüten, Knusper und Roggenbrotchip, zu dem ein Estragonsud angegossen wurde, fügte sich alles zu einem stimmigen, aber eher milden Geschmacksbild. Noch größere Zurückhaltung wurde ganz bewusst beim zweiten Gang geübt. Die Fjord Shrimps waren naturbelassen, weder mariniert noch gesalzen, sondern in ihrer unglaublich zarten Konsistenz einem Umfeld mit Buttermilchsud und Kerbelöl überlassen, das den nussig-süßlichen Geschmack ebenso sanft begleitete wie das empfohlene Upgrade mit salzarmem Imperial Kaviar aus der Hausselektion und Kerbelblättern on top. Nur ein paar Bergamotte-Spritzer sorgten für leicht ätherische Spitzen in einem naturverbundenen Wohlfühlgericht.

Im Gegensatz zur schmelzenden Buttrigkeit der Shrimps erwies sich eine gebratene Tristan Languste als etwas widerspenstig beim Zerteilen. Von der Aromatik her wurde dieses Gericht als am exotischsten, nämlich betont süß-scharf, inszeniert. Dafür standen Ananas, Jasminreistee und gepickelter Minimais, vor allem aber ein Kaeng Khiao Wan, ein grünes Thai-Curry also, in dem Kokosmilch, Zitronengras und vermutlich auch Kaffirlimette für eine frische Lieblichkeit sorgten, zu der sich hinten raus eine bleibende Schärfe durch Chili gesellte. Als beruhigenden Ausgleich mit noch etwas mehr Süße gab es in einer Schale ein Tatar der Languste, auf das ein Ananassorbet und wie auf dem Hauptteller ein Reischip gesetzt war. Auch im folgenden Signature Dish wurde mit Schärfe und Süße gespielt, hier der von Ingwer und Mango als Mousse, Chutney und Gel, aber mit einem würzigen Tom-Yam-Sud, Buchenpilzen und letztlich der jodigen Note eines Austernblatts, fügte sich alles wunderbar den beiden Hauptprodukten: einem knusprig gebratenen Stück vom Oktopus sowie vom Schweinebauch.

Als am klassischsten erwies sich das Dreierlei vom Lamm, obwohl auch hier eine exotische Note durch Kalamansigel, Salzzitrone und eingelegtem Ingwer auf geschmortem Chicorée hinzukam. Koriander – frische Blätter sowie aufgepoppter und auch in der transparenten Jus eingekochter Samen – tat das Seinige zum Asia-Touch, dennoch: Insgesamt überwiegte hier die Herzhaftigkeit des rosa gebratenen Lammrückens sowie geschmortem und gebratenem Lammbauch, ganz besonders noch potenziert in einem Schälchen mit Ragout unter einer Hollandaise.

Für einen lange nachhallenden Abschluss sorgte das Dessert aus dem vegetarischen Menü, weniger durch den griechischen Joghurt als Mousse, Sorbet und Baiser, mehr durch erneut Kalamansigel, am meisten aber durch herb-säuerliche Holunderbeeren samt Sud. Danach schloss sich der Kreis, der mit den „Lustmachern“ eröffnet wurde, mit den sogenannten „Glücklichmachern“, auch hier Präzisionsarbeit auf kleinstem Raum, mit einer Himbeertartelette, einer Madeleine, einem Schaumkuss mit den Aromen von Bergamotte und Kardamon sowie einem crunchy Mini-Joghurt-Eis am Stiel.

Außergewöhnlich sind die Getränke dazu: Restaurantleiterin Franziska Dufner, die eine liebevoll zusammengestellte Weinkarte mit über 250 Positionen pflegt, servierte bei unserem Besuch eine Begleitung komplett aus Magnumflaschen, die den unterschiedlichen Aromen der Gerichte gut Paroli bieten konnte. Sie ist aber durchaus in der Lage – auch dies verdeutlicht die zeitgemäße Vielseitigkeit im sein – zu jedem Gang eine passende alkoholfreie Begleitung zu mixen.

Um die Pins anklicken zu können, müssen Sie den Zielort näher heranzoomen.



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