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Fotos: Restaurant 360°

Restaurant 360°

Bahnhofsplatz 1a
65549 Limburg an der Lahn
06431-2113360

aktualisiert: 01 / 2023
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Sa von 12-13 Uhr u. ab 18.30 Uhr, So-Di Ruhetag
Menüs: 125-175 €

Der Standort des Restaurants von Rebekka Weickert und Alexander Hohlwein im dritten Stock eines relativ nüchtern und sachlich anmutenden Büro- und Geschäftshauses, das an ein großes Einkaufszentrum angegliedert ist, mag für eine ambitionierte Gourmetadresse etwas ungewöhnlich sein, bringt dem Gast aber auch Vorteile. Man kann zum Beispiel in der Tiefgarage der WERKStadt parken und direkt mit dem Fahrstuhl bis vor die Tür des Restaurants fahren. Außerdem bieten die großzügigen Räumlichkeiten unheimlich viel Platz, durch die Rundumverglasung ist das Lokal maximal lichtdurchflutet, und man hat hier oben sogar einen schönen Ausblick über die Dächer der Stadt.

Alexander Hohlweins kreative weltoffene Küche hat sich in den vergangenen Jahren sukzessive weiterentwickelt und auch der Weinservice seiner Lebensgefährtin und Gastgeberin Rebekka Weickert legte seit der Eröffnung merklich an Niveau und Individualität zu. Um auch beim Gesamtauftritt und in der Außenwirkung den nächsten Schritt zu gehen, hat man jüngst weder Kosten noch Mühen gescheut und in Zusammenarbeit mit einer Agentur eine neue Corporate Identity entwickelt, die das 360 Grad Restaurant nun vom Logo über die Speisekarte bis zur Kleidung des Serviceteams noch stilvoller und stringenter anmuten lässt.

Veränderungen waren zuletzt aber auch auf den Tellern des großen „Weltreise“-Menüs zu erkennen, das sich zwar stilistisch unverändert kreativ und vielseitig präsentierte, in Sachen Aromatisierung aber subtiler und nicht mehr ganz so plakativ wirkte wie in der Vergangenheit. Ob man das nun positiv oder negativ empfindet, dass der Chef, der beim Würzen immer gern Vollgas gegeben hat, nun behutsamer vorgeht, ist Geschmackssache. Manchen Kreationen tut es definitiv sehr gut, auf anderen Tellern haben wir den Mut, aromatisch auch mal bis an die Grenze zu gehen, aber um ehrlich zu sein auch etwas vermisst. Unterm Strich überwog jedoch wieder die Begeisterung über eine im besten Sinne bunte, weltoffene Kulinarik auf sehr hohem Niveau.

Schon zu Beginn wurden Rindertatar, Wachtelkeule und eine Tranche vom geflämmten Färöer Lachs konzeptgemäß auf Weltreise geschickt, eine Tom Yum als Fingerfood-Snack neu interpretiert oder ein „Cocktail“ von mild umamiwürziger Gänselebercreme, Ananas und fermentiertem Rotkohl kreiert – und bescherten einen ebenso spannend exotischen wie frischen und leichten Auftakt nach Maß im hier von vielen Stammgästen gewohnten und liebgewonnenen Stil.

Welch hohes Niveau die Küche schon seit Jahren hält und wie feinsinnig sie sich weiterentwickelt hat, zeigte gleich eindrucksvoll die Vorspeise um zweierlei roh marinierten Hamachi. Die Gelbschwanzmakrele war hier perfekt proportioniert als Tatar und Sashimi-Tranchen in bestechend guter, klar und rein schmeckender Qualität – fest im Fleisch und mit zartem Schmelz – der Mittelpunkt einer von elegant transparenter Ponzusauce untermalten, von Avocadocreme geschmeidig unterfütterten und von erfrischend fruchtigen Mandarinenkomponenten sowie mineralischen Dünenkräutern und pikanter grüner Chilischärfe akzentuierten Kreation.

Schon da zeichnete sich ab, was sich im weiteren Verlauf der Weltreise bestätigte: Der bis dato oft grenzwertig intensiv aber immer geschmackssicher würzende Chef hält sich in jüngster Zeit etwas mehr zurück. Wir wollen uns wie gesagt gar nicht unbedingt festlegen, ob wir das nun grundsätzlich gut oder nicht so gut finden – beim Hamachi jedenfalls hat sich die behutsame, aber trotzdem sehr pointierte Aromengebung als äußerst vorteilhaft erwiesen. Eine ausdrucksstarke, federleichte Komposition in perfekter Balance.

Perfekt balanciert war zweifelsohne auch die charakteristisch festfleischige, auf Holzkohle gegrillte Tristan-Languste, die mit cremig-knackiger Karotte, Erdnuss und einer vom indisch-portugiesischen Gericht Vindalho abgeleiteten Creme aufs Porzellan geschickt wurde. Hier allerdings hätten wir uns durchaus noch etwas mehr aromatischen Druck vorstellen können, was die robuste Kaltwasserlanguste auch locker vertragen hätte.

Ganz anders sah das wieder beim grandiosen Wolfsbarsch aus, der in absoluter Referenzklasse mit festem und doch zartem und vor allem maximal saftigem Fleisch sowie einer sehr dünnen, effektvoll akzentuierenden, aber in keiner Weise auftragenden, mit Chat Marsala gewürzten Kruste auftrumpfte. Die Kruste war mit ebenfalls herausragend guten, klar und frisch schmeckenden Herzmuscheln sowie Tupfen von Blumenkohlcreme und winzigen Röschen geröstetem Blumenkohl appliziert und so schwamm der Prachtfisch auf einer Muschel-Velouté, der wenige Tropfen eines äußerst aromatischen Öls von schwarzem Senf den entscheidenden Twist gaben. Das war völlig unaufgeregt und in seiner Klarheit und Prägnanz dennoch sehr aufregend.

Ähnlich wie der in Nussbutter zur Perfektion gebrachte Flusszander, der in Begleitung eines homogen wachsweichen Eigelbs, mildem Blattspinat und einem geflämmten Kohlrabiröllchen in einem Bonitosud baden durfte. Und der vom Begleitgetränk aus der alkoholfreien Getränkeauswahl, einer mit etwas Reisessig angespitzten und somit entschärften Umami-Bombe auf Basis von Soja, gegrilltem Gemüse und Kombualge, überraschenderweise noch weiter nach vorne gepusht wurde.

Zeigten die Vorspeise und beide Fischgänge starken Zug in Richtung 9 Pfannen, waren die beiden Fleischgänge diesmal etwas verhaltener unterwegs. Sowohl Rücken und Ragout vom Juvenil-Ferkel mit gelbem Curry, Wildem Brokkoli, Spitzkohlröllchen und Kardamom-Gewürzjus, als auch Rücken und Ragout vom Hirschkalb mit Roter Bete, Roter Shiso, Moosbeere und Mandel konnten in puncto Präsenz und Präzision nicht nahtlos an den Vorgängern anknüpfen – brachten aber nichtsdestotrotz klares 8-Pfannen-Niveau aufs Porzellan. Hier wäre nach unserem Dafürhalten auch wieder etwas mehr Wumms wünschenswert gewesen.

Den gab es im Anschluss beim Dessert um Sudachi, Sake, Minze und Kefir, wo die japanische Zitrusfrucht, das Reisgebräu und die Minze klare Kante zeigen durften und doch von der laktischen Milde des Kefirs sehr harmonisch in Schach gehalten wurden. Ein sehr leichter, frischer und doch prägnanter Schlussakkord. Unterm Strich also wieder eine begeisternde und sehr kurzweilige Performance, die von mit Sachverstand ausgesuchten und versiert vorgestellten Weinen oder wahlweise spannenden promillelosen Begleitern meist noch gewinnbringend ergänzt wird.

Um die Pins anklicken zu können, müssen Sie den Zielort näher heranzoomen.



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