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Fotos: Restaurant Kevin Gideon

Restaurant Kevin Gideon

Donnerschweer Str. 325
26123 Oldenburg
0441-18005066

aktualisiert: 07 / 2023
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Di-Fr ab 18 Uhr, Sa von 12-14.30 Uhr u. ab 18 Uhr, So u. Mo Ruhetag
Menüs: 70-140 €

Gastgeber und Küchenchef Kevin Gideon verbirgt seine Ambitionen nicht, doch er weiß wohl, dass Oldenburg nicht München oder Berlin ist. In dem bistroartig gestalteten Restaurant Zentrum der kleinen Großstadt möchte er einiges zeigen, hält aber die Zugangsschwellen bewusst niedrig. Durch die Fensterfronten kann man von außen hineinsehen, der Service ist locker und herzlich, das Einstiegsangebot am Samstagmittag erschwinglich, aber auch abends muss man nicht befürchten, Bankrott zu gehen. Auch ein Glas Champagner kostet hier weniger, als es in den meisten vergleichbar guten Restaurants in anderen Teilen Deutschlands üblich ist.

Auf die Holztische kommen Speisen, die eine gewisse Offenheit auf Seiten des Gastes erfordern. Modern ist die Küche, eher mit mediterranen und asiatischen Akzenten spielend als regional geprägt, aber ein paar Anspielungen an den Norden sind dann doch dabei. Schon bei den ersten Kleinigkeiten, die auf einem Holzbrett drapiert sind, darunter Kartoffelsalat mit Kimchi, Ponzu-Baiser mit Gurke und Aal sowie ein Matjes-Cornetto. Alles frisch und gut abgeschmeckt, handwerklich tadellos gemacht – nun ja, der Kartoffelsalat wirkt dann doch ein bisschen zu mächtig.

Die Vorspeise um Königskrabbe mit Paprika und Gurke entpuppt sich als Duo aus Tatar vom Krustentier mit confierter Krabbe und einem mutig scharf abgeschmeckten Gazpachosud, dazu Gazpacho-Sorbet und die verschiedenen Gazpachobestandteile noch mal separat drapiert. Das ist tadellos gemacht und durchdacht, ein bisschen mutig sogar, gleichzeitig frisch und würzig; das Hauptprodukt wird ereignisreich umspielt, aber nicht allzu sehr in die Defensive gedrängt. Was will man mehr?

Der Lachs mit Kumquats und Liebstöckel zeigt gut die Art und Weise, wie Gideon kocht. Außer viel Frische ist hier nämlich oft eine gewisse Süße mit im Spiel. Das ist riskant, funktioniert in diesem Falle aber gut, denn die Kumquats dominieren nicht und die Liebstöckel-Emulsion ergänzt den saftigen Fisch adäquat. Der folgende Gang ist ganz ähnlich aufgebaut, dreht sich um Kikok-Huhn mit ausgebackener Hühnerhaut, Aprikosensorbet, einer angebratenen Aprikosenhälfte, Kräuteröl und Couscous. Auch hier zeigt das Geschmacksbild gelungene Kontraste zwischen Süße und Frische, Knusprigkeit und Weichheit.

Als nächstes wendete sich der Chef einem Produkt zu, das man nach wie vor selten in der gehobenen Gastronomie findet. Doch warum eigentlich? Der Pom-Pom-Pilz, auch als Igelstachelbart bekannt, eignet sich nämlich durchaus sehr gut zur Zubereitung anspruchsvoller Gerichte, weil er im gegarten Zustand eine interessante Textur behält. Auch hier bleibt die Küche bei ihrer Linie, auf der einen Seite mit kräftigen Aromen und auf der anderen Seite mit Frische und leichter Süße zu spielen. Der ausgebackene Pilz kommt mit Kirsche als Gel und gedünstet sowie Kerbel als Öl und Mayonnaise daher. Das führt dazu, dass zum dritten Mal in kurzer Zeit eine grüne Flüssigkeit die Hauptbestandteile umrahmt, was man durchaus als redundant bezeichnen kann. Kerbel und Kirsche passen gut zusammen, allerdings wirkt das Gericht nach unserem Gusto ein wenig zu fettig, was die Balance stört.

Zum Glück kommt nun kein Kräuteröl mehr, sondern ein saftiges Stück Presa vom Iberico-Schwein samt einer kraftvoll-würzigen, an Barbecue-Aromen erinnernden Sauce. Der ebenfalls begleitende Lauch ist gedünstet, der Mais wird ebenfalls gedünstet sowie als Püree und als knackiger Zuckermais serviert. Ein Hauch von Süße ist zu spüren in der Sauce, aber das funktioniert im Zusammenspiel mit dem Mais und dem saftigen Fleisch prima.

Es ist übrigens der erste Gang des Menüs, zu dem man sich einen Rotwein vorstellen könnte; alles andere harmoniert besser mit Weißwein. Flaschenweise gibt es einiges, manches wirkt allerdings etwas beliebig zusammengestellt. Drautz-Able aus Württemberg neben Prestigeweinen wie dem 2009er Mouton-Rothschild zu weit über 1000 Euro oder dem 2014er Opus One von Mondavi zu 750? Da wäre eine stärkere Fokussierung wünschenswert.

Das erste Dessert kombiniert Buttermilch, Stachelbeere und Thymian und tut dies clever. Die gestockte Buttermilch, als Ring auf den Teller drapiert, ist erfreulich wenig süß und erfrischend, Thymian gibt dem Ganzen auch noch eine interessante würzige Note, die Stachelbeeren fügen Frische hinzu, auch Waldmeistergel und Mandelcreme sind mit von der Partie.

Etwas grobschlächtiger wirkt dann das zweite Dessert auf der Basis von Erdbeeren, Mohn und Mascarpone, das mit einer mächtigen Kugel aus weißer Schokolade aufwartet, in der sich Erdbeercoulis und eine Art Mascarponemousse befinden; das Bergamotte-Gel wirkt etwas zufällig. Von dem sehr guten Mohneis (auch das ist eine Zubereitung, die man leider selten findet) ist leider nur wenig auf dem Teller. Während man hier noch einmal die Komposition überdenken sollte, stimmt indes bei den abschließenden Süßigkeiten alles. Rote-Grütze-Praline, Mandelschnitte, Waldmeister-Macaraon: Die Patisserie kann was! Und der Kaffee ist weit besser als üblich in der Gastronomie. Kevin Gideon ist auf dem richtigen Weg…

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