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Fotos: Restaurant Kevin Gideon

Restaurant Kevin Gideon

Heiligengeistwall 9
26122 Oldenburg
0441-18005066

aktualisiert: 06 / 2022
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Fr ab 18 Uhr, Sa 12-14.30 Uhr u. ab 18 Uhr, So u. Mo Ruhetag
Menüs: 95-160 €

Der Koch Kevin Gideon, den wir vor einigen Jahren schon mal als angestellter Küchenchef des Restaurant Haus Uptmoor in Lohne in Aktion erlebten, hat sich mittlerweile im Zentrum von Oldenburg selbstständig gemacht: mit einem schicken, zeitgemäßen Restaurant, dank großer Fenster lichtdurchflutet, mit Stahl, Stein, Betonoptik und Holz schlicht und cool gestaltet, an den Wänden moderne Kunst und zentral im Raum ein Tresen. Somit der ideale Rahmen für das hier gebotene Casual fine dining Konzept, das sich offenbar größter Beliebtheit erfreut, wenn man sieht, wie schwierig es ist, hier selbst unter der der Woche einen Tisch zu bekommen.

So war dann das Restaurant auch bei unserem Antrittsbesuch bis auf den letzten Platz besetzt. Geboten wird für alle Gäste einheitlich ein bis zu siebengängiges Menü, das sich stilistisch zwischen moderner Regionalküche und Weltläufigkeit bewegt – also hier mal einen heimischen Klassiker neu interpretiert, dort mal asiatische oder mediterrane Aromen einfließen lässt. Das ist denkbar weit gefasst und wenig speziell, spricht somit aber ein breites Publikum an.

Seinerzeit im Haus Uptmoor fanden wir die Küche des jungen Chefs zwar sehr aufwendig und ambitioniert, die kreativen Kreationen aber mehrheitlich irgendwie übermotiviert, eher gewollt und nicht wirklich souverän umgesetzt. Das, was der Chef und sein Team jetzt am neuen Standort auf die Teller bringen, wirkt deutlich ausgereifter, handwerklich genauer und vor allem geschmackssicherer komponiert. Das konnte man schon an den drei Apero-Snacks wie beispielsweise einem mit Krabbencocktail gefüllten Tartelette erkennen – vor allem aber am Küchengruß, der sich um marinierten Thunfisch mit einer Art Lauchpesto, weißer Sojasauce, Ingwergel, Kimchi-Mayo und Nussbuttervinaigrette drehte: kraftvoll, bunt, kontrastreich, ausdrucksstark und dabei sehr harmonisch!

Dass trotzdem noch nicht alles perfekt durchdacht und ausbalanciert ist, zeigte beispielhaft die Vorspeise „Matjes, Sauerteig, Remoulade“, bei der die Komponente Sauerteig als Brotcreme und Brotchip und die Remoulade als Dekonstruktion in Gestalt von Gurke und Apfel, Apfelblüten, Perlzwiebel, roten eingelegten Zwiebeln oder Sardelle interpretiert wurde – irgendwo mittendrin aber ausgerechnet der (an sich sehr gute, milde) Matjes selbst arg ins Hintertreffen geriet.

Der Zwischengang „Ei, Sellerie, Belper Knolle“ war ein süffig-cremiges Löffelgericht, bei dem ein laut Serviceansage bei exakt gewählter Temperatur für genau eine Stunde gegartes Ei im Zentrum einer Melange aus Pumpernickel, Espuma von Knollensellerie, Spinat (als Creme und junge Blätter) und etwas Abrieb von der pfeffrigen Käsetrüffel Belper Knolle angerichtet wurde. Ein sehr schmackhaftes, herzhaftes Gericht, nur mit dem kleinen Schönheitsfehler, dass der Dotter des minutiös gegarten Eies schon deutlich fester als wachsweich, nämlich mehr oder weniger fast hartgekocht war. Mit zart fließendem Eigelb wäre das natürlich noch ein Stück weit raffinierter gewesen.

Trotzdem überwiegt hier eindeutig das Positive! Als ein sehr guter, ausgereifter Gang präsentierte sich zum Beispiel die punktgenau gegarte und nur angenehm zart gewürzte Saiblingstranche im Kreise verschiedener aromatischer Tomatenkomponenten von naturell über Sugo und Gel bis zum Schaum. Ergänzt um etwas Auberginencreme sowie Auberginenchips, aromatisch subtil untermalt von der zarten Würze eines Lauchöls machte das großen Spaß und war für uns der beste Gang des Menüs.

Als eine gute Idee, tendenziell aber etwas zu süß und fruchtig, entpuppte sich die Entenbrust mit asiatischem, etwas genauer: thailändischem Touch. Neben dem zwar sous-vide gegarten, aber noch angenehm kompakten und auch nur minimal mürben Entenfleisch sowie gebratenem grünem Spargel gab es da nämlich Erdnusscreme und -kerne, ein Kokoseis und etwas Yuzu-Gel – auf der anderen Seite allerdings viel zu wenig pikante Würze und leider auch kaum Schärfe, so dass kein richtiges Gleichgewicht entstehen konnte. Da wäre mit mehr Umami und Feuer noch einiges mehr drin gewesen…

In seiner puristischen Art rundum gelungen fanden wir dann dank des fantastischen Fleischs den Hauptgang um herzhaft würzig gerubbte und dann geduldig geschmorte Short Rib vom heimischen Wagyu-Rind, die so zart und doch kernig, saftig und eigenaromatisch daherkam, dass das Fehlen jedweder Sauce überhaupt kein Thema war. Ganz im Gegenteil, hätten wir hier beispielsweise eine intensive Jus eher als störend empfunden. So genügte dem ausdrucksstarken Beef als Begleitung voll und ganz ein kleines Gemüsebouquet mit unter anderem wildem Brokkoli, Buchenpilzen oder Bärlauchknospen.

Und auch beim Nachtisch wie etwa einer süßen Spargelvariation oder dem mit dunklen Beeren, Milcheis, Creme von Schokolade und Mokka sowie Atsinakresse den Aromen eines guten Kaffees nachempfundenen Dessert, bewegt sich das Team in geschmackssicheren Bahnen. Die glasweise zu den einzelnen Gängen empfohlenen Weine machen ebenfalls Sinn und das Serviceteam einen guten Job. Man fühlt sich wohl, gut umsorgt und fein bekocht. Somit ist das neue Restaurant von Kevin Gideon fraglos eine große Bereicherung für die gesamte Region. 

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