Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
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Abends |
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Mi u. Do ab 18 Uhr, Fr-So von 12-15 Uhr u. ab 18 Uhr, Mo u. Di Ruhetag |
Hauptgerichte: 25-80 €, Menüs: 30-175 € |
Münchens Stadtteil Großhadern ist vor allem für sein Klinikum berühmt. Weitaus weniger bekannt ist die Tatsache, dass es dort auch eine Handvoll Gasthäuser gibt, unter denen eines deutlich herausragt: Von außen völlig unscheinbar, bietet das Hotel Neumayr in seinem Restaurant Johannas nicht nur eine gehobene Küche, sondern angesichts von gut 2000 Positionen auch einen der opulentesten Weinkeller der gesamten Republik.
Seit Andreas Neumayr das Haus von seinem Vater übernahm, konnte das Lokal immer weiter an Profil gewinnen und sich wohltuend von der umgebenden Konkurrenz abheben. Nicht nur der imposante Weinkeller, sondern auch die Vorliebe des Chefs für Wild und Innereien hat dem Lokal zwischenzeitlich einen Ruf eingebracht, der schon in vereinzelten Reportagen in Fachmagazinen gipfelte.
An drei Tagen in der Woche wird sogar mittags auf demselben Niveau wie abends in bis zu sechs Gängen aufgetischt. Wer knapp an Zeit ist oder weniger ausgeben möchte, der findet ein ansprechendes und fair bepreistes Lunchmenü auf einfacherem Niveau sowie eine Handvoll Gerichte à la carte. Etwas überraschend dominierten im Gourmetmenü bei unserem jüngsten Besuch eher die Fischgerichte, doch ganz ohne die spezifischen Stärken der Küche kam auch diese Speisefolge natürlich nicht daher.
Den Auftakt machte erst mal roher Bachsaibling im eigenen ungesalzenen Kaviar, der auf Verjus mit etwas Schnittlauchöl platziert war. Ansonsten gab die Küche nur marinierten wilden Fenchel dazu, so dass unterm Strich ein leichtes und bekömmliches Gericht entstand, das allerdings recht simpel gestrickt war und neben den hier obligatorischen hohen Produktqualitäten noch kein höheres Maß an kompositorischer oder handwerklicher Raffinesse erkennen ließ.
Beim Zwischengang um Black Tiger Garnele erwies sich die Produktqualität als hoch und die Zubereitung als schlüssig, doch bei der Komposition gab es Abstriche zu vermelden: zwar verleihen Auberginentatar und Tomatenvelouté dem Gang mediterranes Kolorit, doch leider erschlägt eine viel zu fettige Nussbutter die Kreation, die dadurch in den Details deutlich an Kontur verliert. So wird die fermentierte weiße Tomate fast ertränkt und erlangt dadurch eine unvorteilhafte Konsistenz, die durch das Fehlen eines krossen Texturgebers noch verstärkt wird. In Summe wirkt das zu massig für die Krustentiere, die es somit schwer haben, so ihr volles Potential auszuspielen.
Die getauchte Jakobsmuschel wurde roh aufgeschnitten und in gedämpfter Form als Carpaccio auf dem Teller drapiert, wobei der Kontrast, den sie dabei mit Chip und Püree von Topinambur eingeht, zumindest geschmacklich eher gering ausfällt. „Majestic Caviar“ wertet das Gericht als stilsicherer Begleiter auf, während eingelegte Chioggia-Bete dazu einen sehr säuerlichen, unnötig scharfen Kontrast beisteuert. Was sich im Gang zuvor andeutete, setzte sich leider hier fort: handwerkliche Ungenauigkeiten und eine zu hohe Fettlastigkeit führen letztlich dazu, dass es dem Zusammenspiel der Komponenten an Harmonie und Trennschärfe mangelt.
Von ihrer gewohnt besten Seite zeigt sich die Küche dagegen auch diesmal bei Innereien, denn ihr neuester Einfall rund um eine originelle Komposition von Milz und Zunge eines Rehkitzes schnitt nach unserem Gusto signifikant besser ab. So ist hier die Milz ähnlich der Technik, die oberbayrische Metzger zur Herstellung der Milzwurst anwenden, in einer rahmigen Polenta verarbeitet, wodurch der erdig-bittere Charakter der Innerei besonders schön, aber nicht zu grell zur Geltung kommt. Périgrod-Trüffel verstärken das Aroma noch und dank knackiger Tropea-Zwiebeln sowie säuerlich eingelegter Kalbszunge entsteht ein spannungsgeladener Teller voller animierender und sorgsam herausgearbeiteter aromatischer Kontraste. Welch eine Eingebung!
Auch den bretonischen Loup de mer zum Hauptgang bereitet die Küche in solch einer Referenzqualität zu, wie es selbst viele weitaus höher dekorierte Chefs nicht besser hinbekommen könnten. In dem durchweg klassisch inszenierten Gericht wird der Fisch mit der vorzüglich krossen Haut nach oben auf Saubohnen, jungen Spinat und Karotten gebettet und die begleitende Kartoffelmousseline lässt ebenfalls keine Wünsche offen. Doch eine gewisse Unwucht trübt den ansonsten exzellenten Eindruck: anstatt den Teller abzurunden, schwächt das Duett von Hummerjus und Steinpilzcreme angesichts übermäßiger Portionierung und wenig Trennschärfe dessen Wirkung eher ab. Hier wäre weniger deutlich mehr gewesen.
Der süße Ausklang macht vor, wie radikal Regionalität bisweilen ausfallen kann: eine opulente und kunstvoll hergestellte mehrlagige Schnitte von Blätterteig kommt neben einer gehaltvollen Creme von weißer „Grand Cru“-Schokolade lediglich mit grünem Apfel (dehydriert und als Sorbet) und Texturen von bayrischer Kiwi aus. Die auch unter dem Namen „Weiki“ bekannte Rarität wächst im hauseigenen Garten und gelangt beispielsweise als Beeren oder Gel auf den Teller. Deren ungewöhnliches Aroma sowie die ausgelassene Kreativität prägen dieses ausladende und etwas kapriziöse Dessert, dem man ansonsten lediglich vorwerfen kann, alles andere als winterlich geraten zu sein. Mit dem ökonomischen und facettenreichen Einsatz weniger Produkte ließ die süße Abteilung jedenfalls ihr beachtliches Können aufblitzen.
Dass man innerhalb der Stadtgrenzen Münchens ein derart an einen Landgasthof erinnerndes Lokal findet, macht schon deutlich, welchen Geheimtippstatus das Johannas im Grunde noch immer genießt. Dabei stellen die Weinkarte, die faire Preispolitik und der bodenständige Service neben den lukullischen Freuden weitere klare Argumente für eine Einkehr dar. Als regelmäßige Besucher wissen wir um die Stärken und die Konstanz der Küche und lassen die hohe Bewertung unangetastet, obwohl heuer etwas überraschend, aber vermutlich nur der Momentaufnahme geschuldet, ein paar Schwächen, insbesondere bei den Saucen auszumachen waren. Und an der Attraktivität des unkonventionellen Kulinariums ändert das ohnehin nichts.
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