Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
Abends |
Mi-Sa ab 18 Uhr, So-Di Ruhetag |
Menüs: 159-189 € |
Nachdem zunächst Corona den Restart von Gina Duesmann und Lars Keiling in der von Nina und Felix Greiner ins Leben gerufenen Friedrich-Genusswelt mit Vinothek, Tageslokal, Veranstaltungslocation, Bistro und Gourmetrestaurant ausbremsten, sind die beiden mittlerweile so richtig in Osnabrück angekommen und bespielen das schick renovierte und im Herbst 2021 wiedereröffnete Lokal mit Bistrobereich und Gourmetrestaurant nun schon im zweiten Jahr erfolgreich. Im Team ist weiterhin auch Sommelier Sven Oetzel präsent, den viele Feinschmecker noch aus Thomas Bühners La Vie kennen.
Warme markante natürliche Farben und harmonische Kontraste prägen das Bild in dem eleganten, sich auf zwei Räume erstreckenden Restaurant, was sehr gut zur Küche von Lars Keiling passt. Der knüpft hier nämlich unbeirrt an dem Stil an, den er schon zu seiner Zeit in Bad Bentheim gepflegt hatte, kreiert also auf Basis der französischen Klassik sehr zeitgemäße, weltoffene und ausdrucksstarke Gerichte, die im besten Sinne bunt und facettenreich daherkommen und sich durch eine hohe Dynamik auszeichnen.
Diese Dynamik wird zumeist durch markante geschmackliche und haptische Gegensätze und unterschiedliche, immer sehr gut aufeinander abgestimmte Aromenfarben erzeugt. Und hält so von den Amuses bis zu den Petits fours einen Spannungsbogen aufrecht, der aber an keiner Stelle zu sehr ausgereizt wird und sich immer sehr harmonisch präsentiert. Nach klar und ausdrucksstark komponierten Apero-Snacks, unter denen insbesondere ein Sesam-Soja-Cracker mit Mandelcreme, aber auch der Happen von Aal, Karottenketchup und Apfel herausstachen, grüßte die Küche ebenso kraftvoll zupackend wie fein ausdifferenziert mit einer Deluxe-Version von Labskaus: ein auf Creme von Roter Bete platzierter, mit confiertem Eigelb, eingelegter Gurke und Kaviar gekrönter und von Tranchen säuerlicher Makrele eingefasster Rindertatar.
Nicht nur optisch sehr komplex und kontrastreich präsentierte sich im Anschluss die Vorspeise um zweierlei Kingfisch mit bunter Bete, Dillöl und Pumpernickel. Der Fisch als lauwarm temperierte gebeizte und mit Pumpernickel bestäubte Tranche sowie als Tatar in einem Gelbe-Bete-Cannellono, aromatisch kraftvoll grundiert von würziger Pumpernickelcreme, leisen Umami-Kicks durch Sojaperlen und Salty Fingers. Säuerlich erfrischt durch ein wohldosiert eingesetztes Kalamansigel und dehydrierten Essig und Öl als weißes Pulver, die hier mit ihren unterschiedlichen Säurestrukturen einen lebhaften Akzent einbrachten.
Beim Eismeersaibling, der ebenfalls in zwei Varianten zum Einsatz kam, nämlich als pochierte und mit Sesam beflockte Rolle sowie als mit dem eigenen eingelegten Kaviar vermengtes Tatar, erzeugten die nussige Tahin-Creme und mit Kumquats erfrischend herb gestaltete Alblinsen einen sehr reizvollen Akkord. Auch hier wieder beispielhaft, wie klar und deutlich der Chef die Aromen seiner tonangebenden Komponenten herausarbeitet. Da wird nichts bloß dezent angedeutet oder im Ungefähren gelassen, da ist alles klar umrissen. Der einzige kleine Schönheitsfehler dieses Gerichts war in unseren Augen das sehr weiche, fast schon breiige Fleisch der Saiblingsrolle.
Deutlich in die klassisch französische Richtung tendierte die mit einer opulenten süßlich-erdigen Creme aus Brioche und Trüffel betupfte Wachtelbrust nebst kleinen cremig-knackigen Schwarzwurzelkomponenten und einem pochierten Wachtelei im Kataifi-Knuspernest auf Cremespinat. Das war dann fast schon als Ausnahme von der Regel ein zwar auch eher starkes, aber sehr auf Harmonie und weiche Überfänge abzielendes Gericht mit zarter Süße und Gänseleberschmelz in schönstem Einklang mit den erdigen Trüffelaromen, nur etwas aufgespalten von der Säure und Fruchtigkeit eines Gels aus Cranberries.
Doch schon im nächsten Aufzug wurde wieder etwas mehr auf Spannung gesetzt. Obwohl die Tranche einer klassisch gekochten butterzarten Kalbszunge, die auch als Kleingewürfelte und etwas anders zubereitete Füllung eines Tortellono auf dem Teller zugegen war und von einer gerösteten Flower Sprout auf einem cremigen Bett Nussbutterschaum flankiert wurde, eher auf ein breites, opulentes Geschmacksbild schließen ließ. Doch wurde dem geschickt mit Rotkrautsaft und fermentiertem Rotkraut sowie der knackigen Säure einer Mayonnaise-artigen Passionsfruchtcreme entgegengesteuert, so dass auch hier wieder auftreibende Action statt Gediegenheit auf dem Teller gegeben war.
Und nicht weniger als das hätte man auch bei der mit einer Teriyakisauce mit Barbecuearomen glasierten und von einer dünnen Spur Salzzitronenpüree säuerlich herb akzentuierten Tranche vom Iberico-Schweinekinn erwartet. Flankiert von einem umamisatten asiatischen Spitzkohlröllchen und herb-säuerlich gepickelten (Mirin, Reisessig…) Gurkenscheiben ein tendenziell eher fernöstlich inspirierter Hauptgang, der aber – wie fast alles bei Lars Keiling – nicht streng einer bestimmten Stilrichtung folgt, sondern klug gecrossovert wurde. Im Glas übrigens sehr ansprechend begleitet von einem eleganten Valpolicella (Corte Sant’Alda) mit animierenden Frucht-Säurespiel und guter, kerniger Struktur.
Das Konzept des aromatischen Wechselspiels ging auch beim Dessert voll auf, wo eher nussig-erdige Komponenten von Walnuss und Sellerie durch ein Apfel-Joghurt-Sorbet und grünfrisches Apfelgel entsprechend schlank und dynamisch zugespitzt waren. Und selbst alle Petits fours trumpften jeweils durch einen gut implementierten Frischemoment auf und gaben dem Menü auf die Art und Weise tatsächlich noch ein beschwingtes i-Tüpfelchen statt eines massiven Schlusspunkts.
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