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Fotos: Nose & Belly

Nose & Belly

Heilig-Kreuz-Str. 10
86152 Augsburg
0821-50895791

aktualisiert: 12 / 2023
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Sa ab 18 Uhr, So-Di Ruhetag
Menüs: 81-120 €

Dieses angenehm casual geführte und konzipierte Fine-Dining-Restaurant gehört für uns seit der Eröffnung vor ein paar Jahren zu den beachtenswertesten kulinarischen Spots der Fuggerstadt und darüber hinaus. Hendrik Ketter und sein kleines Team haben vom Start weg recht originell gekocht und während dieser Zeit auch immer besser in eine eigene Spur gefunden. Das Schönste aber ist, dass es hier bei aller Originalität immer um guten, zugänglichen Geschmack geht. Das merkte man auch diesmal gleich an den drei vegetarischen Fingerfood-Snacks zum Apero, aber besonders an Lauch-Hollandaise und Miso-Schmand zu sündhaft buttrig-fluffigem Plundergebäck und ebenfalls warm, saftig und frisch serviertem Weizen-Sauerteigbrot. Ein weiterer Küchengruß, ebenfalls vegetarisch: geschmorter und geflämmter Weißkohl mit Kochkäsecreme in einem süßlich-würzigen, entfernt an Honignoten erinnernden Sauerkrautsud. Unkompliziert und pfiffig! Man kann im Nose & Belly übrigens auch den restlichen Abend über vegetarisch bleiben…

Oder man entscheidet sich für das zweite Menü, das eine Mischung aus beidem ist. Dann könnte es beispielsweise, so wie in unserem Fall, mit einem Huchen aus Kinsauer Zucht weitergehen. Der war mit einer Garnelenfarce souffliert, also auf seiner Oberseite mit einer Haube aus (nur recht dezent) nach dem Krustentier schmeckender, zart gestockter Masse überzogen. Eine Tranche dieses lauwarm servierten Fisches lag hier auf einem Spiegel aus klarem, kraftvollem Sud von gelben Datterino-Tomaten und auch sonst wurde mit der konservierten aromatischen Kraft verschiedener sonnengereifter Tomatenvarietäten noch im tiefen Herbst wieder der Sommer auf den Teller gebracht. Da waren Stücke von zur besten Zeit getrockneter und jetzt rehydrierter Ochsenherztomate und ein weißes Tomatensorbet mit Kardamomstaub, die der lauwarmen Fischtranche ein ebenso federleichtes wie aromatisch markantes Geleit boten. Ein paar Passepierre-Algen ergänzten neben knackiger Textur passende jodige Aromen, die Garnelenflakes hingegen addierten nur noch einen cruchigen Kontrast hinzu, weshalb auch etwas weniger davon gereicht hätte, denn in der hier aufgebotenen Menge brachte das zu viel „Neutralität“ in die Waagschale. Aber das ist dann zugegebenermaßen schon Kritik auf sehr hohem Niveau.

Und auf diesem bewegt sich die Küche auch im vegetarischen Bereich. Überraschend vielschichtig und raffiniert präsentierte sich der erste reine Gemüsegang rund um Kürbis, der als vermutlich im Ofen gebackenes Segment einer kleinen Kürbis-Varietät und als darunter platziertes Kürbischutney in den Fluten einer aufgeschäumten Sauce mit den deutlichen Aromen einer Tom-Kha-Gai-Suppe thronte. Der Clou war hier das Zusammenspiel mit den Sekundäramen wie etwa der Beflockung des Kürbisses mit Kürbiskern und Pumpernickel, ein straff säuerliches und würziges Tamarinden-Gel, Brunnenkresseblätter, aber auch das angenehm viel nussige Tiefe spendende Kürbiskern-Nougat auf dem Tellerboden oder das zitrisch-herbe Kopfnoten ausspielende Öl von Kaffirlimette. Dieses Gericht tendierte in seiner fein ausdifferenzierten Art klar in Richtung 8 Pfannen.

Ähnlich anspruchsvoll, nur in Summe nach einigen Gabeln dann doch etwas zu cremig und füllig, war der nächste vegetarische Einschub, der ganz im Zeichen des Rosenkohls stand. Mit in Nussbutter gebratenen kleinen Kohlkopf-Vierteln und knackigen blanchierten Blättern sowie knusprigem Buchweizen waren hier herbe Aromen und eigentlich auch viel Biss auf dem Teller – daneben mit Rosenkohlcreme und vielen kleinen Stücken von karamelligem, süßlich-würzigen Schmelz verleihendem Ekte Geitost Molke-Käse aber auch viel cremige Opulenz. Die wurde zwar von der intensiven dunklen Gemüsejus durch eine gewisse Säure auch wieder ein wenig aufgebrochen, wirkte zum Ende hin aber einen Tick zu dominant. Auch das ist fast schon vermessen klingende Detailkritik an einem ebenfalls sehr attraktiven Gemüsegang, die aber nur konstruktiv aufzeigen soll, wo hier unserer Ansicht nach noch Optimierungspotential schlummert, um auf das nächsthöhere Level zu kommen. Da fehlte nämlich auch an dieser Stelle gar nicht so viel.

Eigentlich auch nicht beim topfrischen, punktgenau auf der Haut knusprig gebratenen Zander, der neben Topinambur mit weichen, knusprigen und cremigen Anteilen sowie etwas Brunnenkresse auf einem kraftvoll auf natürliche Art Umami ausspielenden Pilzsud platziert wurde. An dieser Stelle zeigte sich auch das Potential des Teams für originelle, selbst hergestellte alkoholfreie Getränkebegleiter, denn die auf Basis von Topinambur- und Pilzsud angesetzte, vermutlich durch Tonic erfrischte und von grünem Wacholder mit einer spannenden ätherischen Spitze versehene Eskorte im Glas hatte was! Ansonsten wird für den promillelosen Begleitspaß auf diverse skandinavische Produkte gesetzt, die ebenfalls niveauvolle Alternativen darstellen.

Grundsätzlich ist aber immer auch die Weinbegleitung eine sehr lohnende Sache, weil die hier angestellten Gewächse oft nicht nur spannend individuell sind, sondern weil sie von Elias Gugel auch sehr kompetent ausgewählt und vorgestellt werden. So wie der großartige, zehn Jahre gereifte Côte-Rôtie „Ampodium“ von der Domaine Rostaing zum Hauptgang mit Rind, der fast kaschieren konnte, dass er den mit Abstand schwächsten Gang des Menüs zu begleiten hatte. Das lag zum einen an der der etwas uncharmant elastischen, fast schon ein wenig gummihaft anmutenden Konsistenz des mit Pflaumengel und verschiedenen Knusperpartikeln getoppten Riegels aus der (offenbar nicht lange genug geschmorten) dicken Rippe eines Rindes – zum anderen aber auch an der unharmonisch borstigen, fast schon adstringierenden Fermentationssäure am begleitenden Wurzelgemüsepüree.

Mit den Desserts ging die Kurve dann aber gleich wieder nach oben. Denn sowohl die Melange aus in Nussbutter confiertem Apfel, Trauben und Malaga-Eis in einem von grünem Apfel und Traubenessig erfrischend straff gehaltenen Petersiliensud, als auch der zweite Nachtisch mit Haferwurzel, Salzkaramelleis und Granola präsentierten sich nicht nur kreativ, sondern auch ausgereift und balanciert. Und so haben wir hier einmal mehr sehr deutlich gesehen, dass die Küche des Nose and Belly konzeptionell und vom grundsätzlichen Können her sogar klar das Potential hat, auf 8 Pfannen zu kommen – wenn es gelingt, an den entscheidenden Stellen noch etwas nachzuschärfen. Doch auch in der jetzigen Form zählt sie für uns zu den Besten und Spannendsten in Bayrisch-Schwaben.

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