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Editorial GUSTO 2014

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

Der Markt ist in Bewegung. Die digitalen Medien sind auch hierzulande weiter auf dem Vormarsch und bieten nicht nur für Tageszeitungen und Magazine sondern auch für Reiseführer vielversprechende Möglichkeiten. Während den klassischen gedruckten Gourmetführern daher bereits von manchem das endgültige Aus prophezeit wird, sehen wir, zumindest für text- und bildlastige Titel, die nicht ausschließlich ein Nachschlagewerk aus Piktogrammen darstellen,  auch weiterhin Potential in der althergebrachten Buchform aus Papier – trotz der vielen Vorteile, die das digitale Medium, allen voran das Internet, mit sich bringt.

Um diese auch unseren Lesern zur Verfügung zu stellen, haben wir uns in diesem Jahr ein vollwertiges zweites Standbein im Web geschaffen und unsere bislang simple "Homepage" gegen ein umfassendes Internetportal getauscht. Neben sämtlichen Inhalten der Druckausgabe bekommt man dort während des Jahres immer wieder interessante Updates serviert und es stehen mit Funktionen wie der interaktiven Übersichtskarte oder der Komfortsuche mit Filtermöglichkeiten nach Postleitzahlen-Umkreis und Öffnungszeiten alle Werkzeuge zur Verfügung, die man zur Orientierung benötigt. Inwieweit sich kostenpflichtige Qualitätsinhalte im Internet durchsetzen und längerfrsitig vielleicht sogar vollwertigen Ersatz für Printprodukte bieten können, bleibt abzuwarten. So lange fahren auch wir zweigleisig. Ein Experiment in dieser Sache wagen wir dieses Jahr, indem wir die Inhalte der neuen Ausgabe Online deutlich früher veröffentlichen als die Druckausgabe.

Eins ist allerdings klar: Auch online gelten die  Gusto-Bewertungskriterien und -Standards, mit denen wir uns bewusst und ausdrücklich gegen die ungefilterte Informationsflut des Internets stellen. Denn bei allen Vorteilen, die weltweite Vernetzung und blitzschnelle Verfügbarkeit mit sich bringen, wird die Differenzierung der Inhalte immer wichtiger. Dort, wo Bildchen und markige Sprüche scheinbar mehr Aufmerksamkeit erregen, als essentielle Inhalte, verschwimmen die Grenzen zwischen rein subjektiven Erfahrungsberichten, etwa von Bloggern oder Hobbykritikern, und den professionellen Veröffentlichungen allzu schnell. Gusto bietet – online wie gedruckt – objektive, bundesweit einheitliche und damit vergleichbare Bewertungen! Gerade deshalb sollte es selbstverständlich sein, dass jourmalistische Beiträge auch im Internet etwas kosten. Andernfalls bleibt vielleicht irgendwann – zusammen mit dem vermeintlichen Auslaufmodell Printmedium – auch die journalistische Substanz auf der Strecke.

Authentizität und Substanz sind auch die Stichworte, wenn es um die Zukunft der Spitzenküche geht. Und die Frage, die sich viele Köche stellen sollten, lautet: "will ich intellektuell oder intelligent kochen?". Oder anders: “biete ich hochaufwändige Modeteller oder wage ich einen eigenen Stil?“ Dass sich beides nicht gegenseitig ausschließt, bestätigen Ausnahmen. Im Grunde ist es aber meist so, dass die angestrengt abgezirkelten Kreationen, die sich derzeit in ihrer wimmelbildartigen Ansammlung verschiedenster Microelemente von Sylt bis Berchtesgaden wie ein Ei dem anderen gleichen, zwar beeindruckend aussehen, aber keine nachhaltige, pointierte Wirkung haben. Austauschbar. Vieles schmeckt nicht mal uninteressant, findet aber zumeist keinen Platz im kulinarischen Langzeitgedächtnis. Die Köche, hinter deren technisch aufwendigen State-of-the-art-Tellern tatsächlich tiefgründige Geschmackserlebnisse lauern – Geschmackserlebnisse, die im besten Fall auch noch konstant eine eigene stilistische Linie verfolgen – sind leider nach wie vor rar gesät.

Dabei muss ein eigener Stil im Grunde nicht einmal von spektakulären Stilmitteln gesäumt sein, oder noch nie dagewesene Geschmackskombinationen bringen. Er muss authentisch sein – weder erzwungen regionalradikal, noch beliebig weltläufig. Wenn Johannes King auf Sylt kompromisslos nordisch kocht, ist das Authentizität pur. Wenn jemand das Gleiche in Stuttgart versucht, eher komisch. Die krampfhafte Suche nach einem möglichst originellen Konzept ist bei der Findung eines eigenen Stils ebenso wenig dienlich, wie das verbissene Schielen nach Auszeichnungen. Und solange es hierzulande nicht das erste Ziel eines ambitionierten Kochs ist, seine Gäste mit Unabhängigkeit und Souveränität zu begeistern – solange kommen die kulinarischen Innovationen und Strömungen auch weiterhin aus anderen Ländern, in denen man seit jeher deutlich lockerer an die Sache herangeht...

 

Mit kulinarischem Gruß,
Markus J. Oberhäußer, Redaktionsleiter

Das GUSTO-Lexikon der Köche

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Das GUSTO-Ranking der besten Restaurants

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