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Fotos: nö.

nö.

Hafengasse 8
89073 Ulm
0731-96916450

aktualisiert: 05 / 2025
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Sa ab 18 Uhr, So-Di Ruhetag
Menüs: 50-94 €

Im Schatten des Ulmer Münsters befindet sich in einer der zahlreichen umgebenden Gassen seit dreieinhalb Jahren ein Lokal, mit dem sich Chefkoch Andreas Rehm den Traum von einem eigenen Restaurant erfüllt hat. Nach sechzehn Jahren in der gehobenen Gastronomie, unter anderem an der Seite vom Ulmer Spitzenkoch Klaus Buderath im Seestern, stand ihm der Sinn nach einer gehobenen, aber unkomplizierten Gastronomie, die Gäste mit niederschwelligen Angeboten an die Hochküche heranführen soll.

So offeriert man im nö. etwa zehn Gerichte à la carte, wobei auch ein viergängiges Menü sowie eine eigenständige vegane Variante angeboten wird. Der aus einer weinseligen Laune heraus entsprungene Name des Restaurants steht für das Credo, auf teure Produkte aus Übersee oder ethisch umstrittene Viktualien zu verzichten. Folgerichtig sind die Gerichte recht stark regional und saisonal geprägt und meist rund um vermeintlich profane Zutaten gestaltet, doch versprachen wir uns von dem ansprechend klingenden Menü zu unserem Premierenbesuch dennoch eine ganze Menge.

Man nimmt an einem der blanken Holztische in dem kleinen, ausgesprochen nüchtern gestalteten Lokal Platz und wähnt sich fast in Berlin, denn solch groteske Besonderheiten wie die Toilette in einem ehemaligen Kühlhaus erwartet man in dieser Form in der eher biederen Münsterstadt nicht. Die feine Weinkarte wartet ebenfalls mit einigen Überraschungen auf, denn man staunt über deren kosmopolitische Gestaltung mit Raritäten aus Griechenland, Slowenien, Ungarn und weiteren osteuropäischen Ländern.

Auf die separat berechnete Brotauswahl verzichteten wir ganz und ließen uns sogleich ein Amuse von ziemlich plakativer Gestaltung vorsetzen: eine gebackene Praline mit Béchamel-Käsefüllung ruhte hier auf einer Art Pesto von Peperonata und wurde mit einem gegrillten, massigen Pimento de Padrón bedeckt. Der eher simpel gestrickte und in seiner knalligen Farbgebung etwas effektheischende Einfall sparte nicht mit kraftvollen Aromen, litt aber für unsere Begriffe unter einer unvorteilhaft wirkenden Dominanz von Paprika.

Mit dem Start ins Menü zog das Niveau jedoch spürbar an: die in Essig gebeizte und kurz geflämmte Bratforelle aus dem Spessart kam in Begleitung von Ceta-Kaviar, zweierlei Rettich und Leche-de-Tigre-Schaum auf den Teller. Wenig erstaunlich, dass dieses Entrée entfernte Referenzen an ein Ceviche aufwies, doch als weitaus essentieller entpuppte sich die Erkenntnis, dass es Andreas Rehm hier überzeugend gelang, mit vergleichsweise geringem Aufwand einen großen Ertrag zu erzielen. Dank erfreulicher Durchlässigkeit kam die leicht säuerliche Aromatik des Fischs besonders gut zum Tragen, zumal der Verzicht auf jedwede Süße gewinnbringend wirkte.

Als größter Wurf des Abends stellte sich jedoch die vorzüglich abgeschmeckte Kombination von Kokosnuss und Chili heraus, die sowohl als leicht sämige Velouté als auch in Form einer leichten Creme das Fundament für Peperonata und Samosa mit einer Farce von Reisnudeln bildete. Die überraschend vielschichtige Velouté prägte das Gericht mit einer verblüffenden aromatischen Komplexität, wobei die Verfeinerung mit leicht herbem Sesamöl das ungewöhnliche Spiel mit asiatischen Akzenten noch elegant abrundete.

Mustergültig gelang der Küche zum Hauptgericht auch der herrlich mürbe, mit Barbecue-Lack bestrichene Nacken vom Ibérico-Schwein. Obwohl das Gericht angesichts von Begleitern wie Pressack, Serviettenknödeln, Biersauce und Blatt-Kraut-Salat die Grenzen zwischen Hochküche und gehobener gutbürgerlicher Küche recht fließend interpretierte, gelang es hier dank überzeugendem Handwerk und viel Gespür für Details, ein urbayrisch anmutendes Traditionsgericht auf ein nicht alltägliches Niveau zu hieven.

Zum gar nicht so süßen Ausklang ersann die Küche schließlich eine eigenwillige Interpretation von Lapte de pasăre (auch als Schnee-Eier bekannt). Dabei dekonstruierte man das Original originell und doch subtil, indem es mit etwas Karamell angereichert und neu zusammengesetzt wurde. Die Kreation kam mit vertrauten Texturen aus und überforderte mit Sicherheit keinen Gast, doch die auffällige Optik und das erstaunlich bekömmliche Ergebnis hallten noch einige Zeit nach – was dann auch auf den zum Abschluss gereichten Schoko-Scone mit Marshmallow zutraf.

Mit moderaten Preisen, dem schlichten Ambiente und pfiffigen Gerichten macht es das nö. seinen Gästen wirklich leicht, gehobene Küche im gänzlich zwanglosen Rahmen kennenzulernen und zu genießen. Wir vergeben zum Einstieg eine Bewertung, die einerseits hohes Niveau attestiert, andererseits aber noch Platz für weitere Entwicklung lässt. Zumal wir durchaus der Überzeugung sind, dass das ambitionierte Lokal mit nur ein, zwei Mitarbeitern mehr noch deutlich zulegen könnte.

Doch dank substanzstarker Gerichte und der jederzeit spürbaren Erfahrung von Andreas Rehm ist das gänzlich unprätentiöse nö. auch so schon eine deutliche Bereicherung für die bis vor zehn Jahren noch im kulinarischen Dornröschenschlaf verharrende Donaustadt.

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