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Fotos: Mühle

Mühle

im Hotel Mühle Schluchsee
Unterer Mühlenweg 13
79859 Schluchsee
07656-209

aktualisiert: 11 / 2024
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Do-Mo ab 18.30 Uhr, Di u. Mi Ruhetag
Menüs: 209 €

Es gibt nur wenige Gourmetlocations, die dem Traum vom Schwarzwaldidyll so nahekommen wie die Mühle Schluchsee. Zwischen Wald und Wiesen, abseits des Trubels auf 1000 Höhenmeter gelegen, plätschert an dem Boutique-Hotel Baujahr 1603, das bis ins 18. Jahrhundert eine Getreidemühle war, durch den Garten und Schwimmteich ein Bach vorbei. Im Inneren erwartet den Gast verwinkelte Behaglichkeit, wobei das Gourmetrestaurant dann überraschend modern ausgestattet ist und ganz ohne Schwarzwaldklischees auskommt. Schließlich will man auch ein junges Publikum ansprechen, mit dem man per Du ist und das sich aus den Schubladen der blanken Holztische sein Besteck für jeden Gang selbst ziehen kann.

Seit 2021 sind Niclas Nussbaumer als Küchenchef und seine Partnerin Lea Rupp als Serviceleiterin, die beide zuvor unter anderem Station in der Überfahrt am Tegernsee gemacht hatten, zum Junghotelier Marius Tröndle dazugestoßen und haben das kulinarische Niveau konsequent nach oben geschraubt. Mit einer weltoffenen Küche mit regionalen Bezügen und den dazu korrespondierenden Weinen. Kein Wunder, dass es gar nicht so leicht ist, einen Tisch zu bekommen, zumal das kleine Hotel gerade mal so viele Gäste unterbekommen kann, wie es Plätze im Restaurant gibt. Oder umgekehrt.

Bei unserem jüngsten Besuch registrierten wir, dass sich zum Start ein kleines Eröffnungsritual in der Mühle zu etablieren scheint. In einem kalten leichten Dashi in einer kleinen hohen Glasschale steckte eigentlich alles drin, was eine inspirierende Rundreise durch den Gaumen ausmachen kann: Umami, Säure, zitrische Frische und sanfte Schärfe in einem spannenden Wechselspiel.

Auch bei den drei folgenden Apéros waren Mühlen-Klassiker dabei, allen voran die kühle Frische eines Wagyu-Tatars mit eingelegtem Wasserrettich, ummantelt von einem Nori-Algenblatt. Als eine Miniatur-Mare-e-Monte-Interpretation breitete sich die warme Aromatik einer Praline vom Steinbutt mit der kalabrischen Streichwurst Nduja aus. Ebenso viel bleibende Herzhaftigkeit hatte die Tartelette mit eingelegter Aubergine, die komplett von würzigen Belper-Knolle-Spänen bedeckt war.

Wie schon bei den Apéros, so war auch im letzten Gruß aus der Küche ein Produkt eingearbeitet, das einem später im Menü noch einmal begegnen konnte: hier die Lachsforelle aus Albbruck. Die fetteren rohen Stücke vom Bauch bildeten die Basis eines Ragouts auf einer Tofucreme mit der kräftigen Präsenz einer Sojavinaigrette. Aus dem Umami-Erlebnis grüßte zwischendurch etwas geschmorte Kombualge, unterstützt von Forellenkaviar, und ganz vorne blitzten als Spitzen die Frische von Apfel und Rettich auf. Nach diesem komplexen Geschmacksknospentest bereiteten „Brot & Butter“ auf ganz spartanische Art mit einer Scheibe hausgemachtem Sauerteigbrot und gesalzener Butter den neutralen Boden für alles Weitere.

Und das ging dann gleich mit dem am meisten zugespitzten Gang los, der im Gegensatz zu vielen Mühlen-Gerichten ohne die Umami-Wucht daherkam, was ihn aber trotz des schmalen, fast zerbrechlichen Rückgrats umso aufregender machte. Auf einer gebeizten und roh marinierten Jakobsmuschel war ein Eis aus ihrer Corail gesetzt, das wie annonciert durch die Präparation mit Süßwein tatsächlich mehr an Gänseleber als an die jodige Strenge eines Rogensacks der Muschel erinnerte. Eingelegte Gurken sorgten für Frische, eine Kimizu-Creme für sanfte Würze. Und für die säurehaltige, fast schon bitzelnde Zuspitzung war ein Stachelbeersud mit Rapsölaugen zuständig.

Vergleichsweise profan wirkte auf den ersten Blick die schmelzige Lachsforelle, die dann aber doch versteckte Raffinessen mit sich brachte: glasierter Kohlrabi war nicht nur knackig in Schlaufen drapiert, sondern als fermentierter Saft auch in die Beurre blanc eingearbeitet, sodass ein sehr süffiges Gericht entstand, das durch eine Pumpernickelcreme zuunterst zusätzlich geerdet war. Optional on top konnte man sich Royal Belgian Caviar als kleine oder große Portion dazu bestellen, der durch seinen geringen Salzgehalt das Gericht nicht erdrückte, sondern eine echte Bereicherung war – wenngleich es gut vorstellbar ist, dass die Kombination auch ohne ihn einen bleibenden Eindruck hinterlassen kann.

Keine leichte Aufgabe, danach mit einem weiteren Fischgang noch eins draufzusetzen, aber naturgemäß bringt ein Steinbutt im besten Falle allein schon wegen der Exzellenz des Produkts einen gewissen Bonus mit. Die Tranche war aber auch perfekt gegrillt, mit knusprigem Muster außen, schöner Saftigkeit innen, und obenauf einem Tramezzino-Riegel mit Bohnen(kraut)-Tupfern. In Sake glasierte Streifen von grünen Bohnen und Dots an deren Enden dienten auf dem Teller auch als Abgrenzung einer Yuzukosho-Vinaigrette mit gerösteten Mandeln. Als Solitaire auf der anderen Seite glänzte eine falsche Tomate, deren Marmelade unter dem Geleemantel schon fast die Dichte von Tomatenmark hatte und deswegen – so wurde es beim Servieren empfohlen – nicht pur genossen werden sollte. In der Summe aber setzte sie den entscheidenden mediterranen Akzent in dieser französisch-japanischen Crossover-Küche.

Unverzichtbar im Menü ist als Signature Dish zwischendurch schon seit Langem die Sellerievariation mit Petersilie und Eigelb. Das wird in Nussbutter confiert und bildet beim Anstechen mit einer angegossenen Hühneressenz mit Petersilienfumet ein Wohlfühl-Löffelgericht, aus dem Sellerie in Dreierlei Variationen heraussticht: In Wermut und Essig eingelegte Streifen ummantelten einen Petersiliensalat, mit Selleriepüree als Boden und Selleriestroh on top. Viel runder kann man diese Geschmackskomponenten wohl kaum zusammenfügen.

Im Gegensatz zu diesem starken Gesamteindruck waren in der französischen Klassik des Fleischgerichts die einzelnen Bestandteile am meisten voneinander getrennt. Statt für Wagyu A5 hatten wir uns für das Limousin-Lamm entschieden. Der Rücken unter einer Pankokruste war klassisch gebraten und hatte somit noch eine gute feste Struktur. Das Ragout aus Bries, Zunge und Schulter in einer bernsteinfarbenen Jus war, genau wie der Rücken, in puncto Eigengeschmack sehr mild und fügte sich in ein relativ leichtes Fleischgericht, zu dem auch eine eingelegte, akkurat geschnittene Artischockenhälfte und ein Rondell aus Blattspinat gehörten.

Bei den beiden Desserts wurde zunächst das Thema Aprikose mit eingelegten Stücken und fermentiertem Sorbet gespielt, dazu eine leichte Topfencreme sowie ein Sud und Granité von der Zitronenmelisse, die mit ihren ätherischen Noten noch einmal die Leichtigkeit dieses Desserts betonte. Etwas schwerer, aber auch gar nicht mal so süß, folgte die Interpretation einer Schwarzwälder Kirsch, die zu eingelegten Kirschen und einem Törtchen mit Kirschwassercreme noch den sanft-bitteren Ausgleich durch Manjari-Schokolade sowie einen herben Touch durch ein Sorbet aus roter Shisokresse und eine gehaltvoll-fruchtige Note durch Rotwein im Kirschsud erfuhr.

Apropos: Die Weinbegleitung von Lea Rupp und ihrem jungen Team ist so spannend wie abwechslungsreich und hat insbesondere aus den deutschen und französischen Anbaugebieten neben vielen Klassikern auch einige Überraschungen zu bieten. Da empfiehlt es sich tatsächlich, dieses abgelegene Schwarzwaldidyll auch gleich über Nacht zu genießen.

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