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Fotos: Mühle

Mühle

im Hotel Mühle Schluchsee
Unterer Mühlenweg 13
79859 Schluchsee
07656-209

aktualisiert: 06 / 2023
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Do-Mo ab 18.30 Uhr, Di u. Mi Ruhetag
Menüs: 174 €

Das liebevoll restaurierte historische Landhaus im traditionellen landestypischen Stil mit Vollwalmdach wurde im Jahr 1603 als Schwarzwaldhof erbaut und diente bis ins 18. Jahrhundert als Getreidemühle und Lieferant für das Kloster St. Blasien. Und obwohl dieses wunderschöne, allein schon durch die Architektur sehr individuell anmutende Boutique Hotel mit seinem anspruchsvollen Gourmetrestaurant nicht verlassen im tiefen Wald steht und natürlich auch ganz normale gefestigte Straßen dorthin führen, könnte es hierzulande für solch ein Haus trotzdem kaum einen entlegeneren Standort geben als den Ortsrand der auf knapp 1000 Meter Höhe gelegenen 2500-Seelen-Gemeinde Schluchsee im Südschwarzwald. Hier kommt garantiert niemand per Zufall vorbei. Hierhin muss man ganz gezielt wollen.

Und welchen besseren Grund gäbe es dafür, als ein sehr komfortables und nachhaltig arbeitendes Hideaway mit einem Restaurant, in dem herausragende Küche geboten wird? Für letztere zeichnet seit gerade mal zwei Jahren der 30-jährige Niclas Nußbaumer verantwortlich, der seine Ausbildung im Ettlinger Erbprinz absolviert, danach einige namhafte Stationen bis hin zum Gourmetrestaurant Überfahrt in Rottach-Egern durchlaufen und mittlerweile schon viel von sich selbst reden gemacht hat. Kein Wunder, denn was der äußerst talentierte und auch ehrgeizige Chef hier im Rahmen seines siebengängigen Menüs bietet, ist beachtlich ausgefeilte Kochkunst, die Kraft und Eleganz aufs Schönste miteinander vereint. Die sich stark an Nachhaltigkeit und Regionalität orientiert, aber mit weltoffenem Blick bis weit über den Tellerrand hinaus komponiert ist.

Die drei Apero-Snacks, die uns diesmal schon kurz nach dem Ankommen in diesem geschmackvoll ländlich-modern gestalteten Gastraum serviert wurden, repräsentierten sogleich auf kleinem Raum bestmöglich Nußbaumers Küchenstil. Denn sie waren optisch einerseits schnörkellos und vermeintlich schlicht, beeindruckten beim Verzehr aber umso mehr durch die makellos abgestimmte Balance ihrer Texturen und Aromen. Und alle drei zeigten mit sehr viel geschmacklicher Dichte und natürlicher Würzkraft bei gleichzeitiger Eleganz eine weitere Stärke des Küchenchefs: nämlich beim Abschmecken gekonnt bis nah an die Grenze zu gehen, ohne diese jedoch zu überschreiten.

Fast jeder Teller von Niclas Nussbaumer ist von sehr viel Umami geprägt – das aber gänzlich ohne, dass es jemals anstrengend oder redundant werden würde. Und so war dann der sehr klar und transparent frisch aus einer pochierten Auster, subtil mit Wasabi abgeschmecktem Staudenselleriesalat und einer Haube von Meerwasserschaum vermählte Küchengruß eher die kompositorische Ausnahme als die Regel. Aber als jodig-maritimes Intermezzo genau so attraktiv wie der nachfolgende weiße Spargel vom Kaiserstuhl, der eingelegt als knackige Scheiben und als Sud zusammen mit Saiblingskaviar auf einer Fläche aus geräucherter Crème fraîche wieder eher auf der herzhaften, dichten Seite lag. Allerdings so angenehm leicht und frisch aufgefächert, dass es mit keinem Löffel zu viel wurde.

Und genau da liegt wie gesagt die große Stärke des Chefs, in Sachen Umami, Salz und Konzentration immer voll aufzudrehen, die Kompositionen aber auch transparent und frisch wirken zu lassen. Wie gut das gelingt, zeigten auch die auf eine zart gelierte Fläche aus mit Ingwer, klarem Tomatenwasser und Chili aromatisierter Dashi drapierten und etwas dicker geschnittenen rohen Scheiben von der Jakobsmuschel. Umringt von einer aus dem Corail der Muscheln hergestellten und mit altem Sherry abgerundeten Creme, einem Hauch Brotknusper und Kräutergrün, ergänzt mit einem Kopfsalat-Gazpachosud, dessen natürliche Bitteraromen noch von grüner Paprika erweitert wurden, war auch das wieder so ein flirrend leichter und frischer Umami-Booster mit einem erstklassigen Produkt im Mittelpunkt.

Von gleichem Kaliber präsentierte sich der Zwischengang mit mild gebeiztem Hamachi, appliziert mit zitrisch-sojawürzig mariniertem rotem französischem Rettich und Korianderkresse, flankiert von einer mit knusprigen Reispops beflockten Ingwermayonnaise und kraftvoll untermalt von einer intensiven Sesamvinaigrette. Auch das so druckvoll wie möglich und so aufgefächert wie nötig, so dass ein von starken Pointen gezeichneter ausgewogener Gesamteindruck entstehen konnte.

Während wir beim Besuch im letzten Jahr etwas mit der windelweichen Konsistenz eines Forellenfilets fremdelten, empfanden wir den zwar ebenfalls butterzarten, diesmal aber eben noch von einer angenehmen Struktur zusammengehaltenen, sanft in Nussbutter pochierten Saibling absolut perfekt. Er war mit säuerlichem Radieschen, Wildreisknusper und kleinen Tupfen einer Spinatcreme beladen – und letztere fand sich in etwas größerer Menge zusammen mit einem Türmchen aus Blattspinat, einer Art Sablé und optionalem „Aki Pure“ Kaviar auch nochmal neben der Fischtranche. Wie gut Niclas Nußbaumer das klassische Fach beherrscht, bewies auch einmal mehr die alles mit ihrem feinen Schmelz umarmende Beurre blanc, die allerdings mit Sake angesetzt und mit Liebstöckelöl marmoriert war und dann doch gar nicht mehr so klassisch wirkte.

Und apropos: Auch bei dem schon zum jungen Klassiker oder zumindest Signature-Dish avancierten Zwischengang um in Wermut herb gegarten Knollensellerie, Selleriecreme und Selleriestroh, die als ein mit flüssigem Eigelb getoppter und mit Blattpetersilienspinat gefüllter Zylinder in einer intensiven Geflügelbouillon mit Petersilienöl angerichtet wird, handelt es sich selbstredend um ein erdig-umamisattes Gericht. Aber auch das wirkt leichtfüßig und dynamisch und entpuppt sich als schlanker Löffelgang mit Soulfood-Charakter.

Sehr stark war diesmal auch der „Barbecue-Seeteufel“, der mit einem Lack aus Miso und gereifter Sojasauce bepinselt und damit gegrillt oder abgeflämmt wurde, was ihm neben der Würze auch noch eine feine rauchige Note bescherte. Das passte nicht nur extrem gut zu den mit Sake abgeschmeckten Brechbohnenstreifen, sondern auch zu der mit Sherry verfeinerten stark reduzierten Fischjus, die sich allesamt in das weiche, samtige Kissen einer mit Nussbutter abgerundeten Blumenkohlcreme kuscheln durften.

Diese Rolle des sanften, schmelzigen Puffers oblag beim Hauptgang der in einen säuerlich eingelegten Zwiebelring gespritzten Miso-Hollandaise, die ein gebratenes und glasiertes, mit feinflockigem Topinamburknusper bedecktes Kalbsbries auf einer mit kleingewürfeltem Ragout von ausgelöstem geschmortem Kalbsschwanz vermengten Kalbsjus eskortierte. Flankiert von dreierlei Topinambur, die in ihrer eleganten Proportionierung und Zuordnung nicht mal ansatzweise in den Verdacht gerieten, bloß schnöde Sättigungsbeilage zu sein, war das ein wohlgelungener Menühöhepunkt.

Allerdings nicht das unangefochtene Highlight des Menüs, denn das folgte nach einem spannenden Prädessert aus Eis und einer Art Ganache von Matcha-Tee mit Pandan-Schaum und Zitrusfrüchte-Granité in Gestalt des eigentlichen Nachtischs: ein geschichtetes Türmchen aus Haselnuss-Gâteau mit cremiger Nussfüllung und dünnem, zart crispy-krokantigem Boden, darauf eine weitere dünne Knusperschicht sowie eine mit Mirin und heller Sojasauce abgeschmeckte „japanische Sahne“ und on top eine Nocke Eis aus geröstetem Reis. Zitrisch herb und säuerlich aufgelockert von einem Gel aus Bergamotte und haptisch akzentuiert von karamellisierten Haselnüssen, entstand daraus ein einerseits ganz vertraut wirkendes, andererseits auch aber spannend neuartig schmeckendes Finale mit perfektem Finish!

Unterm Strich erlebten wir die Küche fast schon auf 9-Pfannen-Niveau, da fehlte nicht viel. Manches wirkt ein wenig zu mollig und weich, die Akzente könnten bisweilen noch etwas markanter und schärfer zugeschnitten sein, hier und da täten ein paar kontrastierende Nadelstiche gut. Ändert aber nichts an der schon jetzt beeindruckenden Performance. Im Gesamtpaket mit dem liebenswürdigen und fachlich versierten Service, der gut und individuell bestückten Weinkarte mit Schwerpunkt Deutschland und Frankreich sowie den mannigfaltigen seriösen alkoholfreien Getränkealternativen ist die Mühle also fraglos auch eine längere Reise in den tiefen Schwarzwald wert.

Um die Pins anklicken zu können, müssen Sie den Zielort näher heranzoomen.



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