Perrier_Superbanner

???

Fotos: midi

midi

Ernst-Heckel-Str. 4
66386 St. Ingbert
06894-9299423

aktualisiert: 08 / 2025
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Di-Sa ab 18.30 Uhr, So u. Mo Ruhetag
Menüs: 89-145 €

In einem unwirtlichen Industriegebiet würde man alles vermuten, nur kein ambitioniertes Gourmetrestaurant. Umso erstaunlicher, dass das MIDI im Gewerbeareal des zu St. Ingbert gehörenden Ortsteils Rohrbach genau das ist – und als solches prima funktioniert! Die weitläufigen Räumlichkeiten einer ehemaligen Firmenkantine, in denen mittags als „Casino beim Heckel“ (von einem anderen Team) unkomplizierte Bistroküche serviert wird, verwandeln sich am Abend in ein Fine-Dining-Restaurant. Dann reduziert man auch die Zahl der Gäste auf maximal drei Dutzend und das stylische Ambiente – irgendwo zwischen Eventlocation und Loft – mit Parkettboden, bunten Dekoelementen und Industriechic wird zur Bühne für die ambitionierte Küche des Teams rund um Chefkoch Peter Wirbel.

Erlebbar wird die Küche in einem bis zu sieben Gänge umfassenden, überaus fair bepreisten Menü, das zu einem ansehnlichen Teil auf Produkte aus dem heimischen Bliesgau zurückgreift und diese einfallsreich und mit teils beeindruckendem Detailaufwand inszeniert. Einen Vorgeschmack darauf boten zuletzt bereits die ersten Appetizer mit einer Tartelette mit intensivem Waldpilz-Topping in gleich fünffacher (!) Zubereitung und einer weiteren Tartelette mit Dillsphäre und abwechslungsreichen Details aus Staudensellerie, Saiblingskaviar und Crème fraîche. Damit zeigte die Küche nicht nur handwerkliche Akkuratesse, sondern auch, dass sie keine Scheu vor rustikalen Produkten hat.

Das war auch beim Amuse der Fall, einer Selleriecremesuppe mit Raviolo und Nussbutterschaum, der als korrespondierende Begleitung noch ein Apfelragout mit Blutwurstpraline unter Kartoffelespuma als augenzwinkernde Referenz an den rheinischen Klassiker „Himmel & Äd“ an die Seite gestellt wurde. Das wirkte auf seine kraftvoll-rustikale Art zwar beinahe ein bisschen zu plakativ, machte aber genau als solches auch erfolgreich Lust auf mehr.

Etwa auf Gazpacho mit ausgeprägten Paprikaaromen auf gleich dreierlei Arten: Neben der klassischen Variante mit etwas Pesto variierten eine Mousse und ein Sorbet das Kalte-Gemüsesuppen-Thema und konnten optional um einen Pulpo ergänzt werden, der nur leider minimal zu trocken daherkam und etwas mutlos gewürzt war. Entscheidender für die Gesamtwirkung waren allerdings die Akzente durch knuspriges Pan de Crystal, Tomatenchips und Basilikum, die den mediterranen Charakter so fein betonten, dass es die Vielfalt an Paprika-Texturen gar nicht unbedingt gebraucht hätte. Im Gegenteil, hätte mit mehr Produktfokussierung und Purismus vermutlich sogar ein noch schlüssigeres Ergebnis erzielt werden können.

Ein weniger risikofreudiges, aber grundsolides Gericht streute das Team in Form von mild abgeschmecktem Kalbstatar auf einem hauchdünnen Rösti-Boden ein, das feine und trennscharfe Akzente durch gepickelte Gurke, Gurkenrelish, Frisée und Senfeis von wohldosierter Intensität erhielt. Danach mutete das Erbsenrisotto mit Pecorino in seiner geschmacklichen Dichte beinahe winterlich an, zumal sich Macadamianüsse und Crumbles aus gehackten Kirschkernen zu einer Art Müsli verdichteten, das dem Gericht einen nussig-süßlichen Charakter verlieh. Mittels eines luftigen Reisschaums wurde dem Gericht allerdings die Schwere wieder genommen, so dass auch feinere Facetten wie das Bohnenkraut zur Geltung kommen konnten und ein Gericht auf klarem 7-Pfannen-Niveau entstand.

Dass Peter Wirbel auch leisere Töne anschlagen kann, zeigte er mit einer deutlich reduzierteren Inszenierung von sanft gegartem Saibling. Dieser wurde von jungen rohen Spinatblättern bedeckt und sonst nur von einer Nocke konzentrierter Spinatcreme, einigen Tupfen Kalamansi-Gel und einer seidigen Kalamansi-Beurre-blanc begleitet. Allerdings wirkten die leiseren Töne in diesem Fall ein bisschen dissonant, weil der aromatische Kontrast zwischen herbem Spinat und den exotischen Zitrusnoten sehr hart und wenig harmonisch ausfiel. Ähnlich gewagt und dabei nicht hundertprozentig überzeugend wirkte auch die (grenzwertig lang gegarte) Rotgarnele in einer Krustentierbisque mit Ricotta, in der die kantige Kombination von Artischocke und geflämmter Aprikose ein bisschen zu viel Aufmerksamkeit beanspruchte.

Das allerdings ist alles Kritik auf hohem Niveau und betrifft in der Regel nur Nuancen, die nicht ganz passen, weil das Team insgesamt eher mutig und risikofreudig unterwegs ist. An anderen Stellen stimmt dann auch gleich wieder alles, so wie im Hauptgang mit einem kurzgebratenen Rücken samt krosser Haut und geduldig zart geschmorter Schulter vom Juvenilferkel, bei dem sich die erneut eingesetzte Aprikose neben einer winzigen Garnitur von Spitzkohl und einer Schalottenjus deutlich besser einfügte. Der Fokus lag hier klar auf dem charakterstarken Hauptprodukt und dem fruchtigen Kontrast.

Beim Pré-Dessert beeindruckte im ersten Moment vor allem die knallige Farbgebung in Rot und Grün, aber glücklicherweise stand der Geschmack hier der Optik keinesfalls nach. Eine Basis von intensivem Erdbeerconfit wurde hier auf vielseitige, aber nicht zu überdrehte Weise mit straff-säuerlichem Rhabarbergranité, Waldmeistergelée und pointiert herben Noten von Estragonschaum umspielt und konnte auf diese Art nachhaltig erfrischen.

Das war auch dringend notwendig, denn das vollmundige Dessert um ein gehaltvolles Pavé von Valrhona-Schokolade sollte sich als der fulminante Höhepunkt der Menüfolge entpuppen. Das mit Knusperboden, Nougat, Schokoganache und Holunderblütengelée aufgeschichtete und raffiniert abgeschmeckte Schichttörtchen kam dank seiner Opulenz lediglich mit einem vorzüglichen Kirschsorbet als Begleiter aus. Mit der exakten Dosierung und dem Verzicht auf plakative Süße ein richtiges Patisserie-Meisterwerk!

Peter Wirbel hat viele gute, teils unkonventionelle Ideen und den Mut diese zu realisieren. Dass es an einigen Stellen auch Optimierungspotenzial findet und nicht alles durchgängig auf gleich hohem Niveau liegt, spielt von daher keine entscheidende Rolle und ist uns in Zweifel lieber als glattgeleckte Langeweile auf den Tellern. Mit etwas mehr Feinjustierung in den Details und der einen oder anderen noch etwas durchdachteren Idee könnte sich die ohnehin schon hohe Einstiegsbewertung auch locker noch nach oben bewegen lassen. Auch das aufmerksam und entspannt auftretende Serviceteam, das auf Wunsch mit gut korrespondierenden Weinen dienlich ist, die die Speisen nicht nur begleiten, sondern wirklich bereichern, trägt zum sehr guten Gesamteindruck bei.

Um die Pins anklicken zu können, müssen Sie den Zielort näher heranzoomen.



Das GUSTO-Lexikon der Köche

Hier finden Sie einen Großteil der Küchenchefs, deren Restaurants im GUSTO-Führer empfohlen werden. Das Lexikon wird ständig ergänzt.

Das GUSTO-Ranking der besten Restaurants

Hier finden Sie eine tagesaktuelle Übersicht aller im GUSTO-Führer empfohlenen Restaurants - sortiert nach ihrer derzeitigen Bewertung.