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Es ist das berühmte sprichwörtliche erste Haus am Platz einer größeren Mittelstadt, denn die Familie Menge in Arnsberg hat mit ihrem gepflegten Restaurant und Hotel schon seit vielen Jahren einen sehr guten Ruf in der gesamten Region. Und dank der gekonnt verfeinerten Küche von Christoph Menge, die es zu den besten kulinarischen Adressen im Sauerland macht, auch über die Grenzen der Region hinaus. In den weitläufigen, wohnlich-eleganten Räumlichkeiten oder auf der Terrasse hinter dem Haus sitzt es sich gediegen und angenehm, während die Speisekarte mittlerweile gar nicht mehr so deutlich zwischen ganz traditionellen deftigen Gerichten und gehobener Kochkunst changiert, wie noch vor ein paar Jahren, sondern – bei insgesamt gestrafftem Angebot – eher den Anspruch etwas höher ansetzt.
Eine klare Brühe vom Bio-Ochsen mit einer Einlage von Tafelspitzstreifen, Eierstich und Wurzelgemüse oder ein paniertes Schnitzel vom Duroc Schweinerücken mit Delbrücker Spargel sind noch die Offerten, die am ehesten dem Genre „gutbürgerlich“ entsprechen. Und die Beilagen der meisten Hauptgerichte wie „Gemüse, Drillingskartoffeln“ oder „Kartoffel-Schupfnudeln“ legen die Vermutung nahe, dass ein Großteil des Publikums schon auch etwas Handfestes auf dem Teller wünscht. Ansonsten aber scheint die Experimentierlust und Offenheit der Gäste mit den Jahren zugenommen zu haben, so dass auch das fünfgängige Individualmenü mit Dingen wie Burrata, Tomatenchutney und Kräutersalat oder Seeteufel mit Apfel und grünem Spargel durchaus großen Anklang findet.
Die feine Hand, mit der das über weite Strecken alles zubereitet ist, lässt schon der erste Teller erahnen, der zudem auch klar zu erkennen gibt, dass der Chef ein gutes Gespür für Gemüse hat: ein mit einer dünnen Schicht aus klarem Kräutergelee überzogener Quader aus zarter, aromatischer Kräutermousse, die mit Auberginencreme getoppt und von dezent mit Safran abgeschmecktem komprimiertem Apfel flankiert ist. Ein attraktiver Start!
Die Beize mit Soja und Miso unterstrich der herrlich festfleischigen Lachsforelle aus dem Hellefelder Bachtal nur ihren Eigengeschmack mit dezenter Umamiwürze und drückte ihr sonst keine weiteren Aromen auf. Die nicht zu dünn geschnittenen Tranchen waren auf schwarzem Schiefer locker-flockig nebst marinierter (oder komprimierter) aber ziemlich naturell schmeckender Gurke, einem deutlich interessanteren Gurkenrelish, eingelegten Radieschen, Frisée und rahmig abgemilderten Wasabicreme-Tupfen eine sehr leichte und frische Vorspeise, die generell mit sehr zurückhaltender Würze daherkam. So waren die vereinzelten, auf dem schwarzen Untergrund fast unsichtbaren Tupfen Sojasauce letztendlich gar nicht so unbedeutsam für einen gänzlich runden, geschmackstiefen Eindruck.
Vom attraktiven Wechselspiel aus Fleisch- und Röstaromen knusprig angebratener Scheiben eines bei Niedertemperatur sous-vide gegarten Bauchs vom Duroc Schwein sowie einer angenehm leichten, feinwürzigen Jus auf der einen Seite und der säuerlichen, knackigen Frische von mariniertem Rhabarber und grünem Spargel nebst ein paar Kräuterspitzen auf der anderen Seite, lebte unser Zwischengang. Und auch der war wieder mit viel Sorgfalt und Fingerspitzengefühl arrangiert, so dass sich wie von selbst immer die richtige Menge von allem auf der Gabel wiederfand. Einziger kleiner Schönheitsfehler war in unseren Augen die zu geringe Dicke des Fleischs, weil so durch das scharfe Anbraten leider auch die Saftigkeit etwas verloren ging.
Sehr viel Licht, aber auch ein klein wenig Schatten bei rosa gebratenem Rehrücken von der Wicheler Höhe, der mit Gemüseallerlei und fluffig zarten, saftigen Kartoffel-Schupfnudeln serviert wurde, wie man sie auch in Schwaben meist nicht besser serviert bekommt. Obwohl das naturell gebratene, einmal längs durchgeschnittene Rückenstück auf dem ersten Blick wirklich perfekt aussah, offenbarte sich beim ersten Bissen leider das Problem, das unserer Ansicht nach durch ein Vorgaren unter Vakuum im Wasserbad entstanden sein muss: Das Fleisch hatte eine breiig-mürbe Konsistenz und deutlich weniger Saft, als es die makellose Optik vermuten ließ. Unser Highlight auf dem Teller war (neben einer köstlichen, leichten Wildjus) aber ohnehin das Gemüse: In seiner bunten Vielfalt zwar etwas zusammenhanglos, aber jedes für sich ein Gedicht: von zweierlei prononciert mit orientalischem Hauch gewürzter Karotte über gerösteten Spitzkohl bis hin zu sehr feinem, zart knackigem Kohlrabi mitsamt Kohlrabigrün war da sehr viel vegetabile Ausdruckskraft auf dem Teller vereint.
Einen schmackhaften und (fast) harmonischen süßen Abschluss bescherte das Dessert rund um etwas kompakte, leicht karamellisierte Topfenküchlein in Cannelés-Form, Mousse von weißer Schokolade und Ananas, wenngleich das sehr (!) erfrischende Limettensorbet mit etwas arg ruppiger Säure ums Eck kam. Wer lieber herzhaft abschließt, kann das sehr adäquat mit einer Auswahl an Rohmilchkäsen von Affineur Wolfgang Hofmann vom Tölzer Kasladen samt Früchtebrot tun. Und der herzliche Service sowie die ausgesprochen fair kalkulierte Weinkarte, in der zwar hochpreise große Namen fehlen, dafür aber viel Lohnendes im mittleren Segment zu finden ist, sind weitere gute Gründe dafür, dass das erste Haus am Platz seinem Status weiterhin mehr als gerecht wird.
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