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Es sieht ganz so aus, als wäre Henrik Weiser nun ganz und gar in Oberstdorf angekommen. Und das nicht nur, weil im Menü bereits Signature Dishes fest verankert sind, sondern vor allem deshalb, weil sein zupackender Stil, der eine Prise Bodenständigkeit mit präzisen und aromenstarken Zubereitungen kombiniert, so gut in das alpenländisch-moderne Boutiquehotel „Das Freiberg“ passt, als wäre er schon immer hier angesiedelt gewesen. Das gesamte, von Margret Bolkart-Fetz und Ludger Fetz seit vielen Jahren engagiert geführte Haus, lebt die Verbindung von Exklusivität und hohem Anspruch mit Bodenhaftung und charmanter Lockerheit – und genau das vermitteln auch die Gerichte des Teams um Henrik Weiser.
Hier wird nicht krampfhaft nach Kreativität gesucht, sondern eher Altbewährtes durch feine Detailarbeit spannend gestaltet, so dass einerseits eine leichte Zugänglichkeit gewährleistet bleibt, andererseits aber auch neugierige Genießer an keiner Stelle gelangweilt werden. Und auch das kleine charmante Gourmetabteil, teils mit Blick in die Küche, ermöglicht stilvolles Wohlfühlen auf ähnliche Art – eher in stilvollem Bistro-Style als mit prunkvollem Luxus…
Aber apropos Signature-Dishes: Diese finden sich, quasi als Rahmen, am Anfang und Ende des wechselnden Menüs und bieten so einerseits reizvolle Vertrautheit bei wiederholtem Besuch, sind andererseits aber auch einfach sehr gelungen. So stimmte zum Aperitif auch heuer das kraftvoll würzige Rindertatar zwischen Graubrotchips als rustikal-feine Miniatur auf den Abend ein, während der mild gebeizte und in Rettich eingeschlagene Wildlachs mit Koriandermayonnaise eher die leichte und elegante Seite der Küche repräsentierte. Der zarte Saibling mit Kartoffel-/Blumenkohlstampf, Schnittlauch, Crème fraîche, aufgeschäumter Nussbutter und reichlich Imperial-Kaviar repräsentierte in dieser Folge einen bis zu den abgestuften Temperaturen perfekt austarierten „Wohlfühlgang“ und leitete gekonnt zum ersten regulären Aufzug des Menüs über.
Bei diesem gelang das Spiel mit den Temperaturen dann nicht ganz so perfekt, weil die (nur zimmerwarme) gebratene Mieral-Taubenbrust neben kühler Gänselebermousse mit mehr Hitze noch reizvoller gewesen wäre. Dafür war aber alles andere perfekt auf dem Punkt: Die absolut klassische, aber hochintensiv ausgearbeitet Umgebung aus rohem Artischockensalat und gebratener Artischocke neben einer hellen Balsamicoemulsion und Trüffelvinaigrette gab durch ihre feinbitteren und erdigen Noten sowohl Power als auch Spannung zu der saftstrotzend zarten Taube und der schmelzigen Foie gras.
Henrik Weiser mag es ganz offensichtlich generell gern kraftvoll und zupackend auf seinen Tellern. Die Menüfolge als Gesamtes wirkte auf ihre Art beim letzten Besuch schon beinahe anachronistisch, weil auf sämtliche landläufig „leichten“ Kombination gepfiffen und stattdessen voll auf charakterstarke Arrangements gesetzt wurde. Dank der sensiblen, exakt austarierten Umsetzung wirkt das trotzdem alles andere als schwer oder mächtig – setzt aber einen ungewohnten Schwerpunkt und schafft damit durchaus eine markante Handschrift.
Auf diese Art begeisterte auch das saftig-kross gebratene Wolfsbarschfilet (top!) neben den allesamt konzentrierten Begleitern aus bitter-salziger Auberginencreme, kräftig gerösteter Artischocke, einer Spur schwarzer Knoblauchcreme und einem komplexen Chorizosud rundum. Der einzige Frischemoment waren knackig als Juliennes servierte grüne Schnippelbohnen und dennoch wirkte das Ganze nicht überzogen, sondern lies auch dem Fisch noch genügend Raum.
Und beim „from nose to tail“ präsentierten Kalb im Hauptgang ließ schon allein die Produktliste die Augen aller Freunde kraftvoller Aromen leuchten: neben rosa-saftigem Filet zeigten zartes Bries unter einer hauchdünnen schmelzenden Kalbskopfscheibe und eine Tranche von der saftig geschmorten Brust gemeinsam mit einer tiefgründig-eleganten Baroloessigjus enorm viel Produktcharakter. Verstärkt wurde dieser durch die facettenreiche Kombination mit verschiedenen Zwiebelzubereitungen, die von einer hellen gebackenen Praline über eine süßwürzig geschmorte Zwiebel und geflämmte Perlzwiebelsegmente bis hin zum gegrillten Frühlingslauch reichten. Das war so richtig ausdrucksstark!
Danach leitete gekonnt zwischen cremig und locker gehaltener Milchreis als Basis für ein unter anderem von Mango und Passionsfrucht geprägtes Exotiksorbet in kreolischer Sauce mit feinporigem duftigem Tahitivanilleschaum auf ebenso komplexe wie erfrischende Art zum süßen Finale über. Dieses stellte dann eine Tranche von saftig-flaumigem Baba au rhum neben eine Sauce von Ananas und Vanille, Creme Chantilly und Kokosnuss – ein von perfektioniertem Handwerk und erneut intensiv herausgearbeiteten Aromen (Vanille, Rum, Ananas…) geprägtes Dessert, das auch bei Baba-Großmeister Ducasse eine gute Figur gemacht hätte.
Luft nach oben gab es zuletzt eigentlich nur bei der Weinbegleitung, für die in dem individuell und hochwertig bestückten Sortiment sowohl qualitativ als auch korrespondierend noch bessere Pairings vorrätig wären als die bislang gebotenen, die zwar durchaus stimmig, aber in Relation zur Küche noch ausbaufähig wirkten. Und das junge, angenehm ungezwungen und zugleich zuvorkommend auftretende Serviceteam könnte sicher auch höhere Kosten für die Weinbegleitung charmant kommunizieren.
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