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Abends |
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Mi-Sa ab 18 Uhr, So-Di Ruhetag |
Menüs: 119-190 € |
Bei einem Besuch der Syrlin Speisewelten in Weingarten sollte man sich keinesfalls vom eher nüchtern anmutenden Gewerbegebäude täuschen lassen, in dem das irgendwo zwischen behaglich und futuristisch-modern angesiedelte Ambiente mit dem stilisierten Holzbaum im Zentrum beheimatet ist. Größer könnte der Kontrast zwischen Außen und Innen nämlich kaum sein. Und so schwingen schon beim Eintreten in die stylische Genusswelt starke Wohlfühl-Vibes. Nicht nur deshalb ist es erfreulich, dass dieser Ort nach dem Weggang von Nadine und Marco Akuzun weiter mit gastronomischem Leben gefüllt wird.
Mit Daniele Di Fabio wurde ein neuer Küchenchef gefunden, der einige Stationen in Teams namhafter Köche wie Peter Maria Schnurr, Alfons Schuhbeck oder Mario Gamba vorzuweisen hat. Hier in den Syrlin Speisewelten bleibt er einerseits dem bewährten Konzept mit klarer Trennung zwischen dem Gourmetmenü im Markos und dem zugänglicheren, auf à la carte fokussierten Angebot in der Kostbar treu, setzt aber zugleich seine eigene Handschrift um: eher gegenständlich und kraftvoll als filigran und kleinteilig, mit teils mediterranen und teils schwäbischen Bezügen.
Dieser Stil verdeutlichte sich dann gleich zum Einstieg, wo anstelle der unter Vorgänger Marco Akuzun üblichen Parade filigranen Fingerfoods nach dem Brotservice direkt zwei kleine Amuse-Gerichte serviert wurden. Das ist grundsätzlich eine gute Idee, dramaturgisch etwas schwierig war allerdings die Ausgestaltung dieser Küchengrüße. Denn insbesondere der erste kleine Teller mit der Kombination aus saftig-knusprig ausgebackenem Ochsenschwanz nebst Petersilienwurzelcreme, Rockchives-Kresse und sehr guter reduzierter Kalbsjus, wirkte wie ein klassischer Hauptgang in Miniaturformat, also eher wuchtig in die Breite gehend und stilistisch recht gediegen. Das war handwerklich souverän gemacht, aber an dieser Stelle des Menüs nicht unbedingt animierend.
Mit ihrer italienisch-mediterranen Anmutung deutlich geeigneter, als Einstimmung eines Gourmetmenüs aber ebenfalls sehr ungewöhnlich, grüßte die Küche sodann in Gestalt zarter Ravioli mit kräuterduftiger Pestofüllung, die von soft getrockneten Tomaten und geschmolzenem Mozzarella ergänzt wurde. Das funktionierte als herzwärmendes Soulfood natürlich super, war aber sehr kraftvoll abgeschmeckt und lag nicht zuletzt auch durch den vielen geschmolzenen Käse auf einer recht rustikalen Linie.
Das eigentliche Menü begann dann deutlich frischer und beschwingter mit einer feinsäuerlich zart gelierten Terrine von Kalb und Thunfisch, die in einer schneidigen Meerrettichcreme neben klararomatischem Thunfischtatar und süßlich-würzigem Quittengel angerichtet war. Für sich genommen war das eine gewitzt ins Schwäbische transferierte Interpretation von „Vitello Tonnato“, die allerdings von einem kleinen Feldsalat-Bouquet neben zwei dunkel angekrossten Hälften einer Drillingskartoffel erneut einen überraschend rustikalen Touch bekam.
Das Highlight des Menüs kam mit einem Teller, der auf scheinbar ganz schlichte Art den italienischen Wurzeln des Chefs folgte und wolkenzarte Ricotta-Gnocchi in einer cremigen Parmesanemulsion mit erdig-duftiger Wintertrüffel und Parmesan-Crunch kombinierte. Das war kompakt, süffig und handwerklich so souverän gemacht, dass wir davon liebend gern auch außerhalb des Menüs eine noch deutlich größere Portion geordert hätten!
Nicht allein deshalb hatte der danach servierte weiße Heilbutt keinen leichten Stand. Denn der kam zwar zart und behutsam gebraten, aber intensiv salzig (vermutlich in Lake gebeizt) in einer harmonisch zwischen Röstwürze und feiner lebendiger Säure balancierten Krustentiersauce daher, die von einem darin versteckten fruchtig-duftigen Confit belebt wurde. Das allein hätte erneut ein attraktives Bild ergeben, durch die in plumpem dickem Teig ausgebackenen Kürbisblüten mit betont salzig-würzig abgeschmeckter Krebsfüllung und (vor allem!) bitter-brutzeliger Unterseite wurde das aber ein weiteres Mal in eine recht rustikale Richtung gedreht.
Zu einer noch größeren Unwucht führte diese Tendenz beim nach „Wellington-Art“ angekündigten Hirschrücken. Der kam zwar sehr exakt gegart daher, allerdings in einer zusammen mit der verbindenden Farce recht massig wirkenden, kaum merklich kolorierten Tramezzini-Hülle. Zusammen mit den erneut sehr dunkel angebratenen Steinpilzen und deren dominanten, bitter-kokeligen Röstnoten sowie einer fast schon pastös konzentrierten Jus war das ein so rumpeliger Auftritt, dass da auch die ansonsten gut gedachte Kombination mit einer würzigen, vor allem aber überraschend fruchtigen Herbsttrompetencreme, schwarzen Walnüssen und Selleriecreme keinen ebnenden Ausgleich schaffen konnte.
Den schaffte dann am Ende aber noch einmal das Dessert, das aufgeräumt und klar mit einer Tarte aus Mürbteig, saftiger Nussfüllung, Apfelragout und kunstvoll zu einer Blüte gerollten Apfelscheiben neben schlankem Joghurt-Zitroneneis und karamellisierten Pekannüssen den stärksten Moment des Abends markierte. Wie zuvor schon die Ricotta-Gnocchi wirkte das fast wie aus einer anderen Küche.
Der ausgesprochen heterogene Gesamteindruck wird vor allem dadurch verstärkt, dass mit dem Gourmetmenü im Markos klar und deutlich ein gehobener Anspruch formuliert wird. Das muss keineswegs in besonders filigranen Basteleien ausgelebt werden, ganz im Gegenteil – jedoch sollten dann handwerkliche Unebenheiten und grobe, bisweilen rustikale Details die absolute Ausnahme sein. Vielleicht wäre ein noch viel konsequenterer Purismus mit gut durchdachten Proportionen eine probate Möglichkeit, um die erkennbar gute handwerkliche Basis auf hohem Niveau darzustellen. Aktuell jedenfalls bietet nach unserer Auffassung das vom selben Team bekochte Restaurant Kostbar unter gleichem Dach im direkten Vergleich das deutlich stimmigere Angebot – auf identischem Niveau.
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