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Fotos: Marburger Esszimmer

Marburger Esszimmer

Anneliese-Pohl-Allee 1
35037 Marburg
06421-8890471

aktualisiert: 04 / 2025
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Sa ab 18.30 Uhr, So von 12-14 Uhr, Mo u. Di Ruhetag
Hauptgerichte: 19-69 €,
Menüs: 99-249 €

Dass wir Kathrin und Denis Feix, die nach einer etwas längeren Auszeit bereits Anfang 2023 mit dem Marburger Esszimmer wieder auf der gastronomischen Bildfläche aufgetaucht waren, erst gegen Ende der Vorjahres-Testsaison an ihrer neuen Wirkungsstätte aufgesucht und das Restaurant in unserem Guide empfohlen haben, hatte mehr organisatorische Gründe, als dass wir die beiden nicht auf dem Schirm gehabt hätten. War Aromentüftler Feix doch bereits 2008 im Bad Griesbacher Il Giardino unser „Aufsteiger des Jahres“ und von da an regelmäßig in unseren kulinarischen Top 50 vertreten – teilweise sogar sehr weit vorne! Auch später in der Stuttgarter Zirbelstube kochte er auf hohem Niveau, wenngleich er in dieser Zeit nach unserer Auffassung nie so ganz an dem Feuerwerk anknüpfen konnte, das er zuletzt in der Niederbayrischen Toskana abgefackelt hatte.

In dem zum Hotel Vila Vita Rosenpark gehörenden Fine Dining Restaurant scheinen die Voraussetzungen und Möglichkeiten nun wieder ideal zu sein. Für den schon immer sehr reflektiert und bewusst arbeitenden Koch heißt das nicht, einfach aus den Vollen zu schöpfen, mit Luxusprodukten zu protzen und mit arbeitsaufwändigen Bastelarbeiten zu beeindrucken. Vielmehr nutzt Denis Feix die Ressourcen, um besonders nachhaltig und vielfältig zu arbeiten. So werden beispielsweise viele der für die Küche verwendeten Viktualien auf dem eigenen Hofgut im nahegelegenen Dagobertshausen kultiviert und auch im gläsernen Gewächshaus direkt beim Restaurant, wo der Abend mit dem Aperitif und den ersten Snacks startet, gibt es eine Vielzahl an Kräutern zu erkunden.

Dieser naturnahe Ansatz passt ohnehin viel besser zum Stil von Denis Feix‘ Küche, der sich im Laufe der Zeit nochmal stark präzisiert hat und sich heute noch gemüselastiger und vor allem puristischer als in der Vergangenheit präsentiert. Und schon beim ersten kleinen Appetizer, einem flüssig-knusprigen Topinambur-„Burger“ mit Bucheckern, konnte man zudem bestaunen, wie filigran und feingetunt die Küche nach wie vor ist. Weniger technisch, aber nicht minder ausgefeilt und feingliedrig, war danach ein fragiles Waffeltütchen, gefüllt mit Pak-Choi-Salat, Ziegenkäsecreme, Sesam und einem Hauch Teriyaki, sowie ein „Caesars Salad“ als Fingerfood, wo auf ein Salatblatt die typischen Ingredienzen dieses Klassikers appliziert waren.

Und genau diese gegenständliche, produktfokussierte Art bei gleichzeitig sehr ausgetüftelter und elaborierter Inszenierung, macht die Küche von Denis Feix aus. Fast sinnbildlich stand dafür das letzte Mal eine wie aus dem Ei gepellte Stange von erstem grünem Spargel aus der Provence, die in optimalem Garzustand, minutiös mit Pistaziencreme, gerösteten Pistazienkernen, Blutorangengel und Orangenschale ausdekoriert, auf einer schaumigen Miso-Hollandaise platziert war. Auch hier stand der Spargel unumstößlich im Mittelpunkt, wurde aber von den darauf in perfekter Proportionierung aufgetragenen Aromengebern spannend akzentreich bespielt – und das Ganze vom milden Umami-Teppich der schmelzigen Buttersauce nochmal gepusht.

Ein Akkord unter gleichberechtigten Partnern entwickelte sich aus mariniertem, sous-vide gegartem und dann noch kurz angegrilltem Chicorée, gebackenen Kerbelwurzel-Knollen und Chips aus selbiger, sowie einer diesmal mit Iyokan zitrisch aufgeladenen Hollandaise. Die Küche ist wie gesagt definitiv gemüselastig. Manche Gerichte aus dem sechsgängigen „Menüfeix“ sind komplett vegetarisch, bei anderen spielt Fleisch oder Fisch nur eine untergeordnete Rolle. So wie der Cuanciale-Speck bei „Sellerie Carbonara“, einem kleinen Zwischengang, der dem klassischen Geschmacksbild von Tagliatelle Carbonara nahekam, bei dem nur die dünnen, mit sublimer Eigelbcreme, Pecorino und feinen, milden Speckwürfeln eingelullten „Nudelstreifen“ keine Pasta, sondern eben aus der Sellerieknolle zubereitet waren.

Mit einem Eiswürfel aus Lapsang Souchong im begleitenden alkoholfreien Getränk zur Carbonara wurde an der rauchigen Note des Specks angeknüpft und ein perfekt korrespondierender Sparringpartner für das Gericht serviert. Überhaupt sind die von Sommelière Kathrin Feix allesamt selbst hergestellten nullprozentigen Getränkebegleiter bemerkenswert. Rauchig und erdig ging es auf Basis von Morchelsud, Rote Bete Auszug und Tee auch im Begleitglas zum nächsten Zwischengang zu, bei dem die hier eingesetzte Geflügelleber als moussiges Parfait zwischen kleinen runden Scheibchen krosser Geflügelhaut ebenfalls nur eine (wenngleich nicht unwichtige) Nebenrolle spielte. Das war dann nach den eher schlicht anmutenden Sellerienudeln wieder ein Gericht mit elaborierterer Architektur, zu der auch sehr aromatische, mit eigener Farce gefüllte und glasierte Spitzmorcheln, kleine Zylinder aus bretonischer Sandkarotte und eine tiefe, aber sehr elegante Morchelsauce gehörten.

Eine Art alkoholfreien Rum mit dem Saft verschiedener Zitrusfrüchte gab es zum folgenden Muschel-Gericht, bei dem mit Stab- und Herzmuscheln aus der Bretagne und einer leichten dunklen Jus von Trüffeln aus dem Périgord, die auch noch frisch gehobelt vorkamen, hervorragende Produkte ganz für sich stehen konnten. Eine sehr subtil mit Safran abgeschmeckte maritime Sauce auf Basis von Seeigelfond fasste die erdige Grundstimmung von der Seeseite aus ein und stellte eine perfekte Balance zwischen Land und See her. Nur der angeröstete buttrige Brioche-Würfel, auf, neben und unter dem sich das alles abspielte, fügte sich zwar aromatisch hervorragend ins Bild, war aber in der Sauce schnell aufgeweicht, was dem Ganzen ein zunehmend uncharmantes Mundgefühl verlieh.  

Apropos Mundgefühl: Mit intelligenter analytischer Herangehensweise, die auch die Haptik einschließt, stimmt Kathrin Feix ihre alkoholfreien Begleitgetränke ebenso feinsinnig ab wie ihr Mann Denis für gewöhnlich seine Gerichte. So gibt beispielsweise ein selbst hergestelltes Algenextrakt dem auf Basis von Ingwertee hergestellten Getränk, das den letzten herzhaften Gang des Menüs begleitete, eine etwas fülligere Textur. Auf dem Teller stand der knackig-saftige Schwanz einer Tristan-Languste im Mittelpunkt und durfte da auch wieder sehr klar und deutlich für sich stehen. Auf den Rücken des ausgelösten Kaltwasser-Krustentiers waren lediglich ein paar Miniaturen von Süßkartoffel, Ingwerblüte und Quellern angerichtet und der Teller darunter mit ausdrucksstarker, röstwürzig-karamelliger Krustentiersauce von feiner Balance geflutet. In dieser minimalistischen Art recht untypisch für einen Hauptgang, aber sehr typisch für die Küche von Denis Feix.

Wem das quantitativ nicht ausreichen sollte, wer zum Hauptgang lieber Fleisch isst, oder aber gar kein Menü möchte und gerne à la carte wählt, stehen auf einer separaten Karte ein halbes Dutzend weiterer Gerichte zur Auswahl, die flexibel ergänzt, ausgetauscht, oder einzeln bestellt werden können. In jedem Fall sollte man aber immer so disponieren, dass man noch genügend Platz für die süßen Sachen hat, denn auch die bieten hohes Niveau und viel Individualität. Leicht und frisch, trotzdem sehr vollmundig war die Liaison von Apfel, Meerrettich und griechischem Joghurt. Nicht minder erfrischend und leichtfüßig, aber zugleich komplexer und tiefer, präsentierte sich das Dessert aus sous-vide gegartem Rhabarber, Holunderblütensorbet, weißer „Yuna“-Schokolade und transparenter Karamellsauce. Und so sind auch zu guter Letzt die Petits fours, die ebenfalls sehr fein gearbeitet und originell komponiert sind, kein Problem.

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