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Fotos: Lido Hafen

Lido Hafen

Am Handelshafen 15
40221 Düsseldorf
0211-15768730

aktualisiert: 03 / 2025
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Sa ab 18.30 Uhr, So-Di Ruhetag
Menüs: 143-179 €

Nachdem es um den zweistöckigen Glaskubus auf dem Wasser im Medienhafen in den vergangenen Jahren aus kulinarischer Sicht etwas ruhig geworden war, ist das darin untergebrachte Restaurant „Lido 1960 im Hafen“ seit Ende 2024 mit umso größerem Hallo zurück. Denn mit Benjamin Kriegel als neuer Küchenchef zeichnet nun ein Garant für die dortige Kulinarik verantwortlich, der in Düsseldorf längst eine feste Größe ist. Nach dem etwas überraschenden Aus für seine letzte Wirkungsstätte, dem Pink Pepper im Steigenberger Parkhotel, hatte man auch von ihm erst mal nichts mehr gehört, aber es war nur eine Frage der Zeit, wann sich wieder jemand die Dienste des erfahrenen Cuisiniers sichern würde.

Nun also bekocht er federführend das modern und puristisch eingerichtete Restaurant mit Ausblick auf das Hafenbecken und die umliegenden Hochhäuser, das vor allem am Abend ein sehr urbanes Flair hat. Schon an seinen vorherigen Düsseldorfer Stationen hatte Kriegel bewiesen, dass er nicht nur sehr ambitioniert, sondern auch souverän abgeklärt kocht, dass er mittlerweile sehr genau weiß, worauf es ankommt. Er fokussiert sich an den vier Abenden pro Woche, an denen es hier Fine dining gibt, auf ein festes fünf- bis siebengängiges Menü, bleibt damit gerne in heimatlichen Gefilden, blickt aber auch immer wieder über den Tellerrand hinaus. Und er hält konzeptionell sehr gut die Balance zwischen kontrastreichem Spektakel auf der einen und seriöser Produktküche auf der anderen Seite.

Unter dem Titel „Fernost regional“ zum Beispiel fanden Eifler Lachsforelle, Kimchi von Staudensellerie, Sojasauce und fermentierter Karottensaft zu einer animierenden Vorspeise zusammen. Der Fisch, der als soft confierte Tranche, als Tatar und als aus den Bauchlappen hergestellter luftgetrockneter Schinken mehrere Facetten seiner selbst auf dem Teller repräsentierte, wurde von den zarten Säuren seiner Mitspieler, besonders aber von der natürlichen Süße des Karottensuds zwar sanft und unaufdringlich, aber dennoch effektiv nach vorn gebracht.

Überhaupt hat der Chef ein sehr gutes Gespür für ausgewogenes Aromenspiel mit Süße, Säure und herzhaften Noten, wie auch die folgende Interpretation zum Thema Rollmops bewies. Der Fisch war hier jedoch kein Hering, sondern eine Seezunge, die mit dünn geschnittener Salatgurke zur Roulade gerollt und dann nicht eingelegt, sondern saftig gegart und etwas abgeflämmt wurde. Umringt von gepickelten Kohlrabischeiben, Essiggurke, Rieslingtrauben und Nordseekrabben, geschmeidig untermalt von einer Sauerkraut-Beurre-Blanc, stand der selbst relativ defensiv gewürzte Fisch in einem lebhaften, leichten aber dennoch markanten Umfeld, bei dem alles aromatisch und haptisch smart ineinandergriff.

Hervorragend funktionierte das auch beim Kaisergranat, der recht puristisch inszeniert auf einem Spiegel kraftvoll zupackender Krustentierjus platziert war, welcher das Aroma von fermentierten Chilischoten nicht nur eine moderate Schärfe, sondern auch ihr typisches Paprikaaroma verliehen. Die säuerlich-pikante Würze dieser Sauce wiederum wurde von den verschiedenen Bohnenkernen und einer weißen Bohnencreme geschmeidig aufgenommen, abgefedert, und im Zusammenspiel auf ein neues Level gebracht. Ein unaufgeregtes Gericht aus im Grunde drei Komponenten – Krustentier, Bohnen, Sauce – das aber aufgrund seiner Produktqualitäten und deren genau kalkuliertem Zusammenspiel viel aufregender geschmeckt hat, als es zunächst den Anschein machte.

 So wie ein Signature-Dish von Benjamin Kriegel, der auch im Lido seinen Platz hat: die „Acker“ genannte Kreation von Schwarzwurzeln, Trompetenpilz und Trüffel. Ein sehr dichtes, erdig-umamiwürziges Gericht in braun-schwarzer, etwas plump wirkender Optik, das aber nicht zuletzt durch den transparenten Pilzfond, in dem sich mit Pilzerde beflockte Schwarzwurzelstücke, Pilzcreme und schwarze Trüffel vermählen, viel leichter und differenzierter wirkt, als man auf den ersten Blick und auch noch auf den ersten Biss vielleicht glaubt. Dennoch würden wir diesen Gang als den im Vergleich schwächsten des Menüs bezeichnen.

Sehr stark fanden wir hingegen den Hauptgang „Weide“, bei dem auf eine Scheibe von der Short-Rib dünne saftige Scheiben von Roastbeef sowie zweierlei Radieschen drapiert warten. Flankiert wurde diese Schnitte aus geschmortem sowie rosa kurzgebratenem Rindfleisch nicht nur von einem gebratenen Riegel Kalbsleber, der eine weitere reizvolle Fleisch-Facette auf den Teller brachte, sondern auch von bestens dazu korrespondierendem butterzartem Lauch und einer mit Ochsenmark aufgetunten Kartoffelcreme. Zweierlei Saucen, eine Cremesauce von Pfifferlingen und eine hervorragende, weil kraftvoll tiefe und trotzdem transparente und zudem auflockernd säuerlich zugespitzte Rinderjus sorgten hier auf wohldosierte Art für Süffigkeit und Tiefe. Und somit für das Rückgrat der Komposition, die ganz ohne jeden Effekt auskam.

Den bot dann in Gestalt animierender bitterer und salziger Kontraste von Blutorangenfilets, getrockneter schwarzer Olive, Pistazien und Blattpetersilie das Dessert, in dessen Zentrum ein mit Kakaobutterhülle ummantelter Ring aus Joghurtmousse und ein offenbar mit Olivenöl gebackener Keksring standen, auf welchen die anderen Komponenten appliziert wurden. Der „Eisbecher“ Lido zum Schluss war dann wieder etwas klassischer und einförmiger, was das milchschokoladige Geschmacksbild betrifft, allerdings haptisch auch so differenziert und vielschichtig, wie alles andere.

Ein Wiedersehen gibt es im Lido 1960 im Medienhafen auch mit Benjamin Kriegels Frau Ramona, die für den aufmerksamen Serviceablauf verantwortlich zeichnet und neben den Weinen aus der übersichtlich, aber völlig ausreichend mit internationalen Gewächsen bestückten Karte auch mit glasweisen alkoholfreien Empfehlungen zum Menü dienlich ist, die überwiegend aus der Manufaktur Jörg Geiger stammen, aber auch mal selbstgemixt sein können.

Um die Pins anklicken zu können, müssen Sie den Zielort näher heranzoomen.



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