Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
Abends |
Mi-Sa ab 18.30 Uhr, So-Di Ruhetag |
Hauptgerichte: 54-64 €, Menüs: 184-274 € |
Ein Abend im Le Cerf ist ein bisschen wie ein Besuch im Museum – und das nicht nur, weil auch Ölgemälde aus der Sammlung des Hausherrn Reinhold Würth zu bewundern sind. Im weitläufigen Gourmetrestaurant des Wald- & Schlosshotels Friedrichsruhe wird auf großen runden Tischen mit weißen Decken eine Tischkultur zelebriert, wie sie heute nur noch selten zu finden ist, umrahmt von Kronleuchtern, gemusterten Tapeten und Teppichen. Im schönen Kontrast zu dieser glamourösen Ausstattung steht die Erscheinung von Küchenchef Boris Rommel mit Tattoos und Schiebermütze. Er führt hier seit 2016 das kulinarische Erbe des im Februar 2024 verstorbenen Lothar Eiermann fort, der in Zweiflingen Anfang der 70er Jahre maßgeblich die deutsche Haute Cuisine mitetablierte. Rommel macht das ideenreich, ohne in der Klassik zu erstarren, weiß aber genau, was das Publikum an dieser Stelle erwartet, und verzichtet vielleicht auch deshalb auf zu viel klare Kante. Seine Küche ist rund, süffig, harmonisch – und er präsentiert und erklärt sie mit lässigem Charme auch immer mehr selbst am Tisch.
Mit den Apéros wurden bei unserem jüngsten Besuch gleich mal die drei großen Themen Fisch, Fleisch und vegetarisch auf Miniaturbasis durchdekliniert: mit geräuchertem Lachs, getrockneter Fischhaut und Brunnenkresse; mit einem hauchdünn geschnittenen Röllchen Rinderfilet mit Rettich, Kaviar und Limonencreme; und mit einer Scheibe gebackener Süßkartoffel mit zweierlei orientalisch angehauchter Linsencreme und Sauerampfer. Alles schön und gut, aber auch noch nicht in die Vollen gehend. Etwas ausgereiztere Aromen folgten mit dem zweiteiligen Amuse-Bouche: eher mediterran geprägt auf einem schwarzen Stein: frische Avocado und Creme mit Tupfern von Hüttenkäse und Basilikumcreme, umrundet von einem sehr fruchtig-intensiven Sugo aus einer südamerikanischen Tamarillo-Baumtomate. Asiatische Anklänge und fein-herbe Säurenoten grüßten aus einem Schälchen mit Königskrabbensalat und Shisokresse-Sorbet in einer Sake-Vinaigrette. Ein kleiner heimatlicher Bezug, der hier in Hohenlohe mit seinen herausragenden Produkten von großer Bedeutung ist, wurde in der Brotauswahl mit Laugenstangen hergestellt, die zu Olivenöl und Salz, Frankfurter Grüner Creme und einer Spirale „Spaghettibutter“ mit Vogelmiereöl gereicht wurden.
Leicht und tänzelnd startete das „Menu Chef“ mit einem Carpaccio vom Wolfsbarsch in einer Weißweinvinaigrette. Oben auf den hauchdünnen Fischscheiben sorgten geeiste Gurkenperlen für grün leuchtende Frischekicks und einen ähnlichen Effekt hatte auch das Gurkengranité mit kleinen Dillzweigen, das die runde Form des Carpaccio im Zaun hielt. Aus diesem sehr harmonischen Arrangement stachen gelegentlich fruchtige Noten durch winzige Apfelscheiben, weiche und süße Töne durch eingeweichte und geröstete Mandeln, sowie würziger Crunch durch kleine Fischchips hervor.
Ein Langustino wurde zum puren Genuss zelebriert, von dem nicht allzu viel ablenken sollte. Das Prachtexemplar war in Nussbutter gebraten und auf Holzkohle gegrillt – beides so kurz, dass sich der nussige Geschmack noch ganz saftig ohne überpräsente Röstaromen entfalten konnte. Verstärkt wurde dieses Mehr-Meer-Erlebnis noch durch eine kleine Krustentier-Mayonnaise on top, akzentuiert durch Artischockenchips und eingelegte Cranberries, das Ganze in einem transparenten Tomatensud mit Limettenölaugen, deren zitrisches Aroma deutlich herauszuschmecken war, ohne dass sich die Säure eingrub.
Als Zwischengericht hatten wir statt der Miéral-Taubenbrust das Hohenloher Bio-Landei aus dem „Menu Légumes“ gewählt, zumal im „Menu Chef“ dramaturgisch nicht ganz ausgereift noch einmal Gelflügelbrust folgen sollte. Das flüssige Eigelb war in Nussbutter confiert und unter großen Scheiben von Périgord-Trüffel versteckt. Doch obwohl diese Komponenten sich gegenseitig zu einem herzhaft erdigen Wohlgefühl bestärken können, überwog am Ende dann doch der Knollensellerie als Püree, vor allem aber in Streifen, die für unseren Geschmack als Teil dieser Kombination zu säuerlich eingelegt waren. Ein weiterer kräftiger Player war noch eine verdichtete Gemüsejus, für sich sehr gut, aber irgendwie gingen uns die Komponenten Ei und Trüffel etwas unter.
Das Hauptgericht war dann eine Verneigung vor großen Franzosen wie Paul Bocuse und allen voran Fernand Point, der als Erfinder der Garmethode eines Bresse-Huhns in der Schweinsblase gilt. Im Wald- und Schlosshotel Friedrichsruhe handelte es sich – natürlich! – um einen Mäusdorfer Landgockel, dessen supersaftige Brust Boris Rommel nach der Befreiung aus der Blase vor den Augen der Gäste tranchierte. Zur sehr weichen Haut gab es als Texturkontrast noch krosse Chips, alles Weitere war mit Bedacht gewählt, um den durch die spezielle Garmethode herausgekitzelten Eigengeschmack des Huhns nicht zu übertünchen. Sehr harmonisch bis lieblich schmiegten sich also weißer und grüner Spargel, Erbsencreme und mit Gänseleberfarce gefüllte Morcheln an dem formidablen Vogel an. Und auch der Estragon-Anteil in knusprig gebackenen Kartoffelbällchen war nur eine sanfte Tönung. Selbstverständlich wurde zu dem Gericht mit seiner charaktervollen, aber nicht dominierenden weißen Vin-Jaune-Sauce ein Chardonnay gereicht – ein sehr guter vom sächsischen Weingut Martin Schwarz.
Auch das Dessert war ein Ton-in-Ton-Gericht, obwohl pochierter Rhabarber im mild ausbalancierten Süß-Säure-Spiel war und das Erdbeereis leicht gepfeffert wurde. Dennoch: Erdbeersalat, Erdbeer-Champagner-Vinaigrette, Mascarponemousse, Joghurtcreme und Waldmeisterchips lieferten dazu ein rundes und klassisches Geschmacksbild. Zuvor gab es nach dem selbstgebauten Ständer für die Schweinsblase eine weitere Apparatur des Hauses zu bestaunen, denn mit dem Prédessert wurde Kakigōri geboten, die japanische Kunst des Eisschabens. Mit einer Kurbelmaschine wurden Späne aus einem Melone-Minze-Eisblock heruntergeschabt, diese mit Joghurtschaum und Verbenepulver versehen und mit Champagner aufgegossen – eine herrliche Erfrischung!
Zum Erlebniswert im Le Cerf gehört unbedingt auch die hochwertige Weinbegleitung à la carte von Max Johne und ein unter der Leitung von Sören Weiland permanent über alles wachendes Serviceteam, das nach spaßigen Petits Fours wie Mini-Magnum und Marshmallow auch noch zwei Pralinen mit auf den Weg gab.
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