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Die große kulinarische Oper hat trotz aller Moden und Trends immer noch genügend Anhänger, um Konzepte wie das von Küchenchef Boris Rommel im idyllisch gelegenen Schlosshotel Friedrichsruhe zu rechtfertigen. Und das ist in keiner Weise despektierlich gemeint, denn was hier auf die weiß eingedeckten Tische im feudalen Salon kommt, ist im besten Sinn „klassische“ Kochkunst, die sich aber dennoch ganz auf der Höhe der Zeit bewegt. Denn auch wenn durchweg tradierte, vor allem französische Rezepte und Zubereitungsarten die Grundlage der hiesigen Kreationen bilden, nutzt die Küche dennoch scheuklappenfrei alle Vorzüge einer weltoffenen Kulinarik und bespielt das herrlich exklusive Ambiente auch mal dezent exotisch oder mediterran.
Dass für Rommel die Produkte immer höchsten qualitativen Ansprüchen genügen müssen, war auch heuer wieder ausnahmslos zu vermerken – und zwar nicht nur bei den „üblichen Verdächtigen“ rund um Kaviar, Hummer und Co., sondern eben auch bei einem Stammgast wie dem Mäusdorfer Landgockel, den Rommel in Demeter-Qualität vom nur einen Steinwurf entfernten Brunnenhof bezieht. Ein wenig Lokalkolorit im ansonsten doch sehr internationalen Warentableau, das sicher auch Inhaber Reinhold Würth gefallen dürfte, der sich ja voller Überzeugung für das Hohenloher Land und dessen Erzeugnisse einsetzt und diese gerne auch im eigenen Haus fördert.
Ganz und gar nicht regional, aber äußerst genussreich, geriet zuletzt schon das Entrée in Form des Kontrasts von kalten und warmen Petitessen. So grüßte die Küche dieses Mal zum Beispiel mit einem von Mango und Schwarztee parfümierten Hummertatar, einem intensiven schmelzigen Gänseleberkügelchen, einem „Strammen Max“ vom Wachtelei oder einer mit üppig getrüffelter Blätterteighaube gekrönten Ochsenschwanzessenz, die süffig, reintönig und aromensatt gleich auch noch die handwerkliche Kompetenz des Chefs dick unterstrich. In Summe ein sehr überzeugender und trotz der schieren Menge erfreulicherweise nicht zu sättigender Auftakt, der das Feld abwechslungsreich absteckte.
Und auch wenn mittlerweile neben dem „Chef-Menü“ auch eine vegetarische „Legumes“-Variante zur Auswahl steht, erlebt man die Küche eben doch nur im großen Menü wirklich in ganzer Bandbreite – und auch heuer wieder bestens aufgelegt! So zum Beispiel schon bei der Kombination von Ora-King-Lachs und Wurzelgemüse, bei der die sanft gebeizte, hauchzarte und generös portionierte Tranche von spitzsäurigem Weißweinsorbet gekonnt animiert wurde. Die weitere Umgebung von einem bissfesten Karottensalattaler, dezent scharfen Navetten und geflämmten süß-säuerlichen Perlzwiebeln erhielt punktuell noch Verstärkung von einer Creme auf Basis eines körnigen Senfs und einer duftig-kräutrigen Kerbelvinaigrette, während falscher Kaviar von der lila Karotte das Ganze letztlich eher optisch finalisierte. Im Ergebnis ein ebenso aromatisch durchdachter wie handwerklich souverän umgesetzter Start, der zeigte, wie punktgenau Rommel arbeitet. Und das ganz ohne Tüpfchen und Schäumchen, sondern vielmehr mit inhaltlich perfekt justierten Ecken und Kanten und einem Aromen- und Texturenrad, das völlig rund und stimmig läuft.
Weniger kleinteilig, aber genauso eindrücklich, geriet auch die schön waldig-erdige Morchelessenz, die lediglich mit einigen rohen Scheibchen roter und gelber Bete gekontert wurde. Das auf der Tellerfahne platzierte Brandteiggitter, das, mit Kerbelcreme und -blättchen garniert, das Ganze optisch auflockerte, blieb da zwar bloßes Zierwerk ohne großen gustatorischen Mehrwert – wenngleich die vier in Butter geschwenkten Morcheln, die dort ebenfalls fixiert waren, für geschmacksboosternde Kicks sorgten. Klingt inhaltlich vielleicht zunächst nach wenig, geriet aber auf dem Teller zum großen Showdown des exquisiten Produkts.
Ganz nah am Originalrezept platzierte das Küchenteam auch die Bretonische Seezunge „Finkenwerder Art“, die nur minimal variiert war. Dem saftig-zarten, punktgenau in Beurre noisette gebratenen Franzosen arbeiteten ganz traditionell feinjodige Büsumer Krabben und Mikro-Speckwürfelchen zu, die noch mit kecker Säure in Form von Zitronenbits und seidiger Blumenkohlcreme ergänzt wurden. Einzig die tellerbodendeckende Nussbutter, die das Ganze zu buttrig-ölige wirken ließ, würden wir beim nächsten Mal nicht wirklich vermissen – auch wenn dies natürlich den Eindruck nur punktuell schmälerte.
Den bereits erwähnten Lokalhelden, den Rommel gerne im Fleischhauptgang serviert, bekamen wir beim letzten Besuch wieder einmal „neu“ variiert und doch ganz klassisch begleitet auf den Tisch. Während hier die mit Gänseleber gepimpte, schön paprikawürzige Albufera-Sauce dem saftigen, auf der Haut gebratenen Gockelfilet die nötige Kante verpasste und der ebenfalls aufgelegte Kartoffel-Cannellono aus frittierten Kartoffelspaghettini und Kartoffelcremefüllung den erdigen Part erledigte, sorgten etwas Mini-Gemüse (Zuckerschoten, Radieschen, Karotten…) sowie kleine gebratene Buchenpilze für vegetabile Auflockerung. In Summe ein überzeugendes Argument nicht nur „pro Region“, sondern auch für das Featuren von hochwertigem Geflügel an Stelle von Rind, Schwein oder Wild – in dieser Form stellt sich die Frage nach der Daseinsberechtigung eines solch exquisiten Produktes auch in der anspruchsvollen Gourmet-Etage nämlich sicher nicht.
Exotisch wurde es zu guter Letzt im süßen Finale, das vor allem durch den Auftritt von Purple Curry, Yuzu und Shiso bestimmt wurde. Das currywürzige Schokoladenküchlein rieb sich da nämlich gewinnbringend an einem straff säuerlichen Gel und einer Creme aus der intensiv spitzen Zitrusfrucht und wurde von roter Bete (roh, gepufft, Macaron…) wieder erdig eingefangen. Den letzten öffnenden Akzent setzte die dezent integrierte, duftig-minzige Kräuternote der Asia-Kresse, die noch für ätherischen Überbau und Leichtigkeit sorgte. Für Le-Cerf-Verhältnisse ein fast schon mutig arrangiertes Dessert, das aber trotz aller Exotik niemanden überfordern dürfte. Schon allein deshalb nicht, weil sich im Zusammenspiel der einzelnen Elemente ein gänzlich harmonisches und ungemein schmackhaftes Ganzes ergab.
Die kompetente und fachkundige Begleitung von Sommelier Oliver Adler ist übrigens ebenfalls eine hauseigene Konstante, die unbedingt erwähnenswert ist. Denn auf der gerade im Bereich von gereiften französischen und italienischen Wein sehr gut bestückten Karte oder auch bei den vielen regionalen Alternativen sorgt dessen persönliche Einschätzung für Orientierung und einen klaren Zugewinn, der das konzeptionelle Gesamtpaket formvollendet abrundet und auch auf diesem Feld das Haus ohne Zweifel auszeichnet.
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