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Fotos: Le Cerf

Le Cerf

im Wald- & Schlosshotel Friedrichsruhe
Kärcherstr. 11
74639 Zweiflingen (Friedrichsruhe)
07941-60875402

aktualisiert: 07 / 2023
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Sa ab 18.30 Uhr, So-Di Ruhetag
Hauptgerichte: 48-60 €,
Menüs: 162-230 €

Der frankophile Hirsch im legendären Wald- und Schlosshotel Friedrichsruhe bei Öhringen, einer jener Orte, an denen seinerzeit das deutsche Küchenwunder losgetreten wurde, ist eines der wenigen übriggebliebenen großen, echten, traditionellen Gourmetrestaurants alter Schule in Deutschland. Damals noch nicht als Le Cerf, aber unter der Ägide von Lothar Eiermann, der in der Retrospektive in einem Atemzug mit Eckart Witzigmann oder Heinz Winkler genannt wird. Doch auch ein halbes Jahrhundert später hat der weiterhin über mehrere, nahtlos ineinander übergehende Räume reichende und natürlich während dieser Zeit immer wieder renovierte und umgestaltete Salon nichts von seiner Grandezza verloren: weinrote Ornament-Tapeten, glitzernde Kronleuchter, runde, opulent eingedeckte und in großzügigen Abstand voneinander gestellte Tische, großformatige Karten, eine vielköpfige Servicebrigade…

Während Lothar Eiermann dereinst nur mit Schlips und Kragen unter der blütenweißen Kochjacke mit ernster Miene für die Honneurs in den Gastraum kam, steht der heutige Küchenchef Boris Rommel klar für die junge Generation erfolgreicher Köche. Mit Schiebermütze, Tattoos, locker-entspannter Art und sympathischer Dauerpräsenz an allen Tischen, um selbst Teller einzusetzen und die Besonderheiten der Gerichte und Produkte zu erläutern. Der große Unterschied zu den meisten seiner Berufs- und Zeitgenossen ist aber, dass Rommel ausgesprochen klassisch kocht und das nicht nur tut, um die Traditionen des Hauses aufrecht zu halten, sondern weil er diese Art der traditionellen frankophilen Haute-Cuisine einfach lebt.

Und man muss es unumwunden sagen: seit Boris Rommel sich dazu entschieden hat, wirklich konsequent klassisch zu kochen und die Moderne, wenn überhaupt, nur sehr punktuell und behutsam einfließen zu lassen, überzeugt uns das alles viel mehr. Für eine höhere Bewertung, die auf dieser Basis locker möglich wäre, müsste er die Details seiner Kreationen noch ein wenig schärfer stellen, hier und da einen noch etwas dünneren Pinsel herausholen und noch stärkeres Gewicht auf die Balance und Ausgewogenheit legen. Manches kommt nach wie vor etwas breit und wuchtig daher, bisweilen ist relativ viel Salz und kraftvolle Konzentration ohne entsprechendes Gegengewicht im Spiel. Aber das soll die großartige Leistung und den Reiz der Küche nicht schmälern, sondern nur Potenzial aufzeigen…

Die sowohl handwerklich als auch aromatisch durchaus sehr fein und filigran gefertigten Apero-Snacks demonstrierten zuletzt jedenfalls schon die Entwicklung der Küche während der jüngeren Zeit und die beiden Grüße aus der Küche ihre besonderen Reize. Denn anstatt mit allerhand technischen Tricks und Spielereien beeindrucken zu wollen, waren diese handwerklich vollkommen schnörkellose und gegenständliche, aber aromatisch umso ausdrucksstärkere maritim-mediterrane Leckerbissen. Zum einen gerösteter Pulpo auf kleinen Würfeln von süßlicher roter Schmorpaprika und Fetakäse auf einer Olivenölvinaigrette und zum anderen grobe Stücke von Hummer und Romana-Salatherz mit angenehm rauchigen Grillaromen sowie einer aufgeschäumten Hollandaise, die durch ein klein wenig frischen Estragon im Teller zur Béarnaise wurde. Keine aufgeregte Hochleistungsschau, sondern unaufgeregt guter Geschmack.

Und genau so ging es mit einer Hommage an Rommels berühmten Vorgänger Lothar Eiermann weiter, nämlich dem legendären Gänseleber-Gugelhupf in herbem Süßweingelee, der so schön pur und schmelzig in Begleitung einer warmen flaumigen Brioche daherkam, wie ihn seinerzeit der Grand Chef als eine seiner Spezialitäten offerierte. Rommel liierte den Klassiker, den er selbst beim Gast am Tisch schneidet und vorlegt, zuletzt nur ganz dezent modernisiert mit einem markanten, ausgewogenen Dreiklang aus intensiver Kirsche (marinierte Stücke und Sud), Basilikum (Kaviarperlen und winzige Blätter) und Piemonteser Haselnüssen (Kerne und Creme). Und obwohl hier traditionellerweise natürlich nicht wenig Frucht und Süße im Spiel war, hielt alles die Balance und tendierte nichts ins desserthafte.

Die Vichysoisse mit gebratener Jakobsmuschel, Störkaviar, Lauch und Pommes Soufflés war im Grunde ebenfalls ein konsequent klassisches Gericht, wie es auch zu Lothar Eiermanns Zeiten schon hätte serviert werden können. Rommel gab der kalten Kartoffel-Lauchsuppe mit einer Marmorierung durch Lauchöl aber eine zeitgemäße Optik und sorgte zudem durch die filigrane Art – auch die der kleinen krossen Kartoffelballons, die auf winzigen gegrillten Lauchsockeln aus den Fluten ragten – dass hier nichts behäbig altbacken wirkte.

Der in Nussbutter colorierten Tranche eines einstmals offensichtlich recht großen Steinbutt-Wildfangs aus dem Atlantik, die sich den folgenden puristischen Teller mit zarten dünnen Röllchen von der Kalbszunge und sautierten Pfifferlingen teilte, bekam durch Fichtensprossen einen dezenten Twist. Die jungen ätherischen Triebe aromatisierten nicht nur die kraftvolle Buttersauce in Form von Öltropfen, sie waren auch als zarte Nadeln auf die Pilze appliziert. Mit leichtem Säurespiel, das nach unserem Dafürhalten ruhig noch etwas markanter hätte ausfallen dürfen, auch das ein sehr ausgewogener Gang.

So wie die aufwendig an der Karkasse in der Schweinsblase zu großartigem Eigengeschmack und selten anzutreffender Saftigkeit ihres wunderbar festen Fleischs gebrachte Brust vom Mäusdorfer Landgockel. Allein wegen solcher fundierter traditioneller Zubereitungsarten, die nicht nur hierzulande vom Aussterben bedroht sind, lohnt sich der Besuch dieses Restaurants fünfmal. Rommel setzt die von ihm selbst an jedem Tisch auf dem renovierten alten Tranchierwagen aus der Blase und von der Karkasse geschnittene Brust dann auf den mit seinen Begleitern (wilder Brokkoli, grüner Spargel, gedämpfte Radieschen, Buchenpilze, Kartoffelcreme und kleine gebackene Kartoffelkugeln) vorbereiteten Teller. Krosse Hühnerhaut und die auf Basis eines intensiv verdichteten Hühnerfonds zubereitete, mit Vin Jaune abgeschmeckte helle gebundene Sauce unterstützten den final mit frischem Kerbel und Estragon kräuterfrisch akzentuierten Gockel zudem noch auf Produktseite. Ein fantastisches Gericht, dem wir hinsichtlich einer höheren Bewertung insbesondere mehr Zug und verschlankende Säure sowie markanter herausgestellte herbe Jurawein-Aromatik und weniger Salz gewünscht hätten. Aber auch so: Top!

Genau wie das Dessert, ein kompakt arrangiertes und sehr elegant gefertigtes Törtchen von Pfirsich, weißer Schokolade und Jasmin, das herrlich leicht, schlank, frisch, herb, wenig süß und trotzdem vollmundig und vollaromatisch einen beeindruckenden Schlusspunkt auf klarem 9-Pfannen-Niveau setzte. Im Zusammenspiel mit den äußerst kostspieligen, aber auch sehr hochwertigen und vor allem passgenau ausgesuchten glasweisen Weinempfehlungen des erst im Frühjahr 2023 zum Team gestoßenen Sommelier Max Johne ein anspruchsvolles kulinarisches Gesamtpaket. Und mit Sören Weiland als neuen smarten Gastronomieleiter ist das Le Cerf auch nach dem Ausscheiden von Dominique Metzger im Service weiterhin sehr gut aufgestellt.

Um die Pins anklicken zu können, müssen Sie den Zielort näher heranzoomen.



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