Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
Abends |
Do u. Fr ab 18.30 Uhr, Sa von 12-15 Uhr u. ab 18.30 Uhr, So-Di Ruhetag |
Hauptgerichte: 36-40 €, Menüs: 86-156 € |
Gäste, die zum ersten Mal in den Genuss von Steffen Ruggabers Küche kommen, dürften überrascht sein, was für ein modernes Topniveau ihnen in dem historischen Weinort geboten wird. Für uns stellt sich eher die Frage: Gelingt es unserem Koch des Jahres von 2019 auch weiterhin, uns zu überraschen? Wird nach wie vor so ein ungeheurer Aufwand betrieben, eine Vielfalt von Komponenten auf die Teller zu bringen, die sich nicht in die Quere kommen und gegenseitig aufheben, sondern am Ende ein stimmiges Gesamtbild ergeben? Um es vorwegzunehmen: ja, es gelingt! Einige Spezialitäten von Ruggaber mag man vielleicht schon kennen, weil sie sich bereits als „Perfect Match“ behaupten konnten – und doch sind auch wir jedes Mal wieder aus Neue beeindruckt, was diese Küche zu leisten im Stande ist. Und wie gut die Weinbegleitung von Sonja Ruggaber darauf abgestimmt ist…
Vergleichsweise einfach wurde zuletzt in den Abend eingestiegen: mit der kühlen Frische einer Kugel Ziegenkäseeis mit Karottenglasur und der warmen Würze einer Madeleine mit Lauch, Speck und Tomatengel. Sehr viel komplexer war dann schon eine kleine Tom Kha Gai, in deren Kokosschaum sich Zuckerschote, Garnele, geschmortes Huhn, Korianderöl, Reis und einiges mehr zu einer sehr angenehmen süß-scharf-würzigen Rundreise durch den Gaumen vereinten. Als kleine Grundlage zwischendurch diente dreierlei hausgemachtes Brot mit Butter und Kräutercreme, ehe dann mit einem weiteren Gruß schon ein erster richtiger Kracher folgte. Zur Frische eines sehr gut angemachtes Kalbstatars gab es durch Parmesan als Eis, Baiser und Chip, sowie mit Trüffel in einer Vinaigrette und darüber gehobelt, viel eindringliche Würze, dazu durch Maisvariationen auch als Pinselstrich, Sponge und Crunch etwas Süße, die sich aber nicht zu sehr in den Vordergrund drängte.
Nach so viel warmen Tönen folgte mit dem ersten Gang das vielleicht vielteiligste Gericht des Abends, in dem sich dennoch alles wunderbar leicht zusammenfügte. Allein schon die Qualität und Verarbeitung der Gelbschwanzmakrele war ein Ereignis. Sehr fein hausgebeizt und kurz abgeflämmt ergab sich eine sanft würzige Speckigkeit, die auf der Zunge zerging. Das Umfeld war zwar stark asiatisch geprägt, aber dann doch so fein abgestimmt, dass selbst die kräftigen bis scharfen Eigenheiten von Koriander (als Eis) und Wasabi (mit Gurken und Dashi als Espuma) gut in Zaum gehalten wurden. Dazu gab es frisch herausblitzende Gurkenvariationen, ein Fundament aus abgeflämmten Rettichscheiben, angegossen mit einem Gurken-Wasabi-Sud sowie weitere kleine Extras wie Tapiokachips, Fliegenfischkaviar und Crunch.
Mit etwas weniger Elementen kam der Steinbutt aus, zu dem aber sehr spannend Aromen potenziert und kontrastiert wurden. Der Fisch selbst, vermutlich wie häufig bei Ruggaber sous-vide gegart, war nicht nur abgeflämmt, sondern noch mit einer Krustentierglace überzogen, was für zusätzliche Geschmackstiefe sorgte. Sehr stimmig dazu gab es mitunter liebliche Töne durch Blumenkohl, knackig gepickelt und geröstet sowie geschmeidig als Cremenocke in einem mit Jaipur-Curry getunten Sud. Aus einem Couscous, an dem eine Kaffeecremekugel angedockt war, stachen auch herbe bis bittere Noten heraus. Am mutigsten aber war der Einsatz von Mango und Kalamansi in Form von Kugeln und Quadern, was extrem fruchtige und säurebetonte Spitzen dazu gab, ohne dass das Gesamtbild davon bestimmt wurde.
Mehr auf Balance, denn auf Kontraste, wurde bei der getauchten Jakobsmuschel gesetzt. Der nussige Geschmack der drei abgeflämmten und aneinander gelehnten Exemplare wurde von schwerer Süße unterstützt, was vor allem an Pflaume als Sud und als Gel lag. Aber durch gerösteten Sesam, Buchenpilze und kleine ausgestochene Steckrüben gab es auch noch andere erdige Elemente, die sich nebst mildem Räuchertofu recht brav der Coquille unterordneten.
Eher schlicht, aber schlichtweg genial ging es mit Rotbarbe weiter, die als Hauptakteur mit dekorativer Schwanzflosse zwar aus der Bretagne stammte, aber in ein mediterranes Wohlfühlgericht par excellence gebettet war. Kleine würzige Akzente wurden durch Chorizo auch in einem Chip sowie durch Aioli-Tupfer und eine Nocke von roter Paprika auf der knusprigen Haut gesetzt. Am meisten geprägt aber war das fast schon beglückende Geschmackserlebnis durch die Kombination von einem Paprika-Blutorangen-Sud mit Basilikumöl, deren Fruchtfrische sich ohne zu viel Säuregehalt wohlig ausbreitete.
Da tat sich der Rehrücken naturgemäß etwas schwerer, obwohl es sich ganz klassisch gebraten um bestes Handwerk handelte. Aber es fehlte ihm eben die inspirierende Leichtigkeit der drei außergewöhnlichen Fischgerichte zuvor. In einem tiefgründigen Purple-Curry-Sud gab es zu den eher dunklen Tönen von Roggenbrot und schwarzer Olive belebende Elemente durch Cassis-Beeren und weitere Fruchtigkeit durch Rote Bete. Und wer hätte es gedacht, dass ausgerechnet ein kleiner Topfenknödel für fluffige Leichtigkeit in einem Gericht sorgte, das von der Größe der Fleischportion dominiert war.
Wie gerufen kam danach als Erfrischung eine Campari-Orange-Variation mit geeisten Kugeln, Espuma und Orangenmousse, die mit ihren bitteren Noten den Platz fürs Dessert vorbereitete. Wobei: Auch das war leicht und frisch – aber trotz Granatapfeleis sowie vielfach verarbeitetem Rhabarber als Mousse, Granité und Chutney gar nicht mal so säurebetont wie befürchtet. Zumal durch eine weiße Schokolademousse etwas mehr süßer Halt gegeben war – wieder sehr gewinnbringend kontrastiert durch einen leicht herben Estragonsponge.
Die Weinbegleitung der Gastgeberin Sonja Ruggaber, die auch nicht mit Großen Gewächsen geizt, ist wie schon angedeutet exzellent und beweist, wie vielfältig die deutsche Weinwelt ist, auf die man sich hier ausschließlich konzentriert. Überhaupt ist der Service so kundig wie lässig und sorgt in dem schlicht gehaltenen großen Gastraum dafür, dass sich auch jeder Neuankömmling sofort zu Hause fühlt.
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