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Fotos: Lakeside

Lakeside

im Hotel The Fontenay Hamburg
Fontenay 10
20354 Hamburg (Rotherbaum)
040-6056605740

aktualisiert: 06 / 2022
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Di-Sa ab 19 Uhr, So u. Mo Ruhetag
Menüs: 169-189 €

Mit seinen großzügig und weitläufig gestalteten Räumlichkeiten, der eleganten luxuriösen Einrichtung, den in weitem Abstand zueinander gestellten und aufwendig eingedeckten Tischen sowie einem sensationellen Breitwand-Panoramablick über die Außenalster und das Stadtbild, dürfte das Lakeside im mondänen Fontenay-Hotel eines der spektakulärsten Restaurants im Norden der Republik sein. Außerdem bietet es nicht bloß ein anspruchsvolles Setting, sondern wird von seiner vielköpfigen versierten Brigade unter der Leitung von Servicechef Michel Buder und Sommelière Stefanie Hehn auch niveauvoll bespielt. Und standesgemäß bekocht, denn das Team um Küchenchef Julian Stowasser ist hier maximal ambitioniert zugange, setzt auf modernisierte französische Klassik aus besten internationalen Produkten und scheut bei seinem sechsgängigen Menü in Sachen Handwerk und Präsentation keinen Aufwand.

Schon die Apero-Snacks, eine Gurken-Sphäre mit Crème fraîche im hauchdünnen Knusperschälchen, ein roter Shiso-Macaron mit moussiger Pilzfüllung und ein knuspriges Gänseleberröllchen mit Salzpflaume beeindruckten nicht nur durch millimetergenaues Präzisionshandwerk, sondern auch durch glasklar und markant herausgearbeitete Aromen. Denselben Eindruck bot das Amuse-Bouche um lauwarm temperierten schottischen Lachs, der auf Apfel-Staudenselleriesud gebettet und mit etwas effekthaschend direkt am Tisch per Stickstoff schockgefrorenem Wasabi-Schaum getoppt war. Auch hier ein sehr feines Hauptprodukt und klare, deutliche Aromen mit Säure und Schärfe, zu hundert Prozent harmonisch in Einklang gebracht.

Ohnehin scheint Julian Stowasser bei seinen Kompositionen sehr auf Harmonie bedacht zu sein, denn auch wenn es, wie bei der mild gebeizten und behutsam abgeflämmten Bernsteinmakrele auf einem Tatar von Gurke, Staudensellerie und Mandel, mit Dingen wie geeisten Limejus-Kügelchen, einer mit Jalapeño angeschärften Cevice-Vinaigrette und mit Avocadocreme gefülltem Rettich-Dim-Sum auf dem Papier so aussieht, als ob das ein Gericht wäre, das auf Krawall gebürstet sein könnte, erweist sich auf den Teller das Gegenteil: alle Aromen sind zwar klar und deutlich erkennbar, aber nichts prescht vor, nichts eckt an, alles verbindet sich zurückhaltend zu einem überraschend subtilen Geschmacksbild. Nur eine nicht sonderlich zugespitzte Mayonnaise hinterließ auf diesem ansonsten so klaren, transparenten und schneidigen Teller zumindest punktuell einen etwas stumpfen, fettigen Eindruck.

Nichts dergleichen beim Zwischengang um weiße und grüne Spargelspitzen mit Aki-Kaviar, die zusammen mit Kräutern und Geltupfen von der Yuzu-Zitrone auf einem dünnen Ring aus Kräutergelee und Knusperbrot arrangiert waren. Unterfüttert von einer mit Yuzu aromatisierten Hollandaise und umgeben von aromatischem Spargelschaum war das ein vollkommen ebenmäßiges, von seinen natürlichen Aromen voll aufgeladenes Gericht.

Und diese sehr klassisch geprägten Gerichte profitieren klar von der extrem präzisen handwerklichen Umsetzung und den intensiv und glockenklar herausgearbeiteten, dadurch stark zugespitzt wirkenden Aromen der Produkte. So auch bei der schmalen, in Perfektion auf der Haut kross gebratenen Tranche eines großen Wolfsbarschs die Tomate, die Artischocke und das Basilikum. Im Grunde nichts Außergewöhnliches, aber in der wohlgeformten Intensität und Tiefenschärfe, die hier in Mousse und Creme von der Tomate, in gegrillter, zu Stroh frittierter und zu Ganité geeister Artischocke und unter anderem als Baiser eingeflochtenem Basilikum den Weg auf den Teller fanden, aber durchaus sehr außergewöhnlich. Säure, Süße, Kraft, Spannung: alles da!

So ein dynamisches Geschmacksbild brachte auch die mit einer mit Tandoori gewürzten Farce gefüllte und in eine Knusperbeflockung aus Panko, Pistazie und Gewürzen gehüllte Wachtelbrust mit. Gebettet auf eine Melange aus Spinat und Aubergine, akzentuiert mit Tupfen von griechischem Joghurt und knusprigen frittierten Kapern, umgeben von einer vollmundigen Kapern-/Rosinensauce mit ausgewogenem Säurespiel und feiner, eleganter Süße, bekam der Vogel auch nach seinem Ableben nochmals Flügel verliehen – ohne, dass er damit gleich hektisch davongeflogen wäre. Während neun von zehn Köchen mit diesen Aromen und Produkten wahrscheinlich ordentlich über die Stränge geschlagen hätten, gelingt Stowasser hier einmal mehr ein sehr feiner, elegant ausgewogener Akkord – aber mit genügend Druck dahinter!

Was man dem Chef in keiner Weise vorwerfen kann, ist Aktionismus und Effekthascherei. Die Auswahl der Produkte und deren Zusammenstellungen klingen zumeist deutlich gediegener, um nicht zu sagen langweiliger, als sie sich dann auf dem Teller präsentieren. So auch beim Roastbeef vom exklusiven Kagoshima-Wagyu mit seiner Eskorte aus Sellerie, Shiitake und jungem Lauch: das klingt auf dem Papier nach gemüsig, erdig, würzig, breit, präsentierte sich aber auf Teller nicht bloß wegen der elaborierten, handwerklich und optisch vielteilig-verspielten und elegant proportionierten Art deutlich zugespitzter und spannender als erwartet.

Und auch wenn eine Komposition dann doch schon in der Speiskarte originell klingt, so wie das Dessert von Erdbeere und weißer Schokolade, bei dem nämlich nicht bloß das Aroma der Holunderblüte eingeflochten war, sondern auch Kalamata-Olive, bleibt die Küche nichts schuldig. Zusammen mit Sauerklee setzten die Olivenakzente einerseits markante Nadelstiche, verliehen dem Nachtisch aber durch die Salzigkeit auch enorm viel Tiefe und brachten so das Aroma der Erdbeere und der Holunderblüte überraschend weit nach vorne.

Auch Stefanie Hehn versteht es, den Gerichten mit ihren mitunter sehr originellen Weinempfehlungen bisweilen noch den entscheidenden Kick zu geben – ab Sommer 2022 wird sich die renommierte junge Sommelière jedoch erst mal in den Mutterschaftsurlaub verabschieden. Wir wünschen alles Glück der Welt und hoffen auf ein baldiges Wiedersehen in Hamburgs wahrscheinlich aussichtsreichstem Gourmetrestaurant.

Um die Pins anklicken zu können, müssen Sie den Zielort näher heranzoomen.



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