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Das in einsamer ländlicher Lage versteckte Schloss Hohenhaus ist aus vielen Gründen ein besonderer Ort. Allein die wildromantische Umgebung aus Streuobstwiesen, Weiden und Wald in Kombination mit dem herrschaftlichen Komfort des noblen Hotels, in dem man ganz unmittelbar entschleunigt und entspannt ankommt, lohnt den Besuch. Dazu kommt die von Hoteldirektor und Küchenchef Peter Niemann etablierte, für ein Hotel dieser Klasse einzigartige Nachhaltigkeitsphilosophie: Nicht nur die verwendeten Ressourcen sind Teil einer beeindruckenden Kreislaufwirtschaft, in der ein Großteil der Produkte, von Gemüse über Getreide bis zu Wasser und Honig aus eigener Herstellung und ansonsten aus einem Umkreis von 20 Kilometern stammt, auch der nachhaltige Umgang mit den Mitarbeitern und ihren Familien ist wesentlicher Bestandteil des Konzepts.
Insofern verwundert es vielleicht gar nicht so sehr, dass Peter Niemann in Zeiten, die sonst von allgegenwärtiger Personalknappheit geprägt sind, Anfang des Jahres eine bemerkenswerte Verstärkung seines Teams gelang, die von vielen Beobachtern – zumindest in der Szene – als nicht weniger als eine kleine Sensation wahrgenommen wurde: Mit Denis Jahn, der zuvor für 15 Jahre als Souschef von Joachim Wissler im Vendôme am Herd stand, als neuem gleichberechtigtem Küchenchef und vier weiteren fähigen Köpfen, unter anderem aus dem Vendôme und der Schwarzwaldstube, wurden noch einmal bessere Voraussetzungen für Höchstleistungen geschaffen – und für familienfreundliches Arbeiten!
An dem Konzept im kleinen exklusiven Gourmetabteil des Vallée Verte mit seinen gerade einmal 15 Plätzen hat sich allerdings nichts Grundsätzliches geändert. Der Fokus liegt weiterhin einerseits auf den ausgesuchten regionalen Viktualien und andererseits auf den Produkten und Aromen der Bretagne, deren handgefangene Fische und Meeresfrüchte auch die einzige Ausnahme vom hier gelebten Regionalitätsprinzip darstellen. Allerdings werden beide Seiten der Küche nicht mehr in getrennten Menüs, sondern in einer einzigen Menüfolge zwischen 7 und 11 Gängen angeboten, was unter dem Strich ein bisschen Aufwand spart und wiederum mehr Ressourcen für Detailarbeit freimacht.
Dass sich das auszahlt, zeigte nach den ebenso kurzweiligen wie akkuraten Miniaturen zum Aperitif-Cidre, unter denen vor allem ein kraftvolles Rindertatar mit gelierter Rinderessenz in Laugencrackern und die ätherische Salzzitronen-Velouté herausstachen, bereits der erste Gruß aus der Küche: Unter einem zupackend wacholderwürzigen Schaum aus Gurke und Gin versteckten sich hier ein zartes Stachelbeersorbet und eine üppige Menge regionalen Kaviars, der zwischen den differenzierten „grünen“ Aromen und Säuregraden zusammen mit einem fleischigen Austernstück für eine jodige Brandungswelle sorgte.
Während dieser erste komplexere Eindruck mit seiner sensiblen Feinabstimmung durchaus auf Einflüsse von Denis Jahn schließen ließ, repräsentierte die parallel eingesetzte kapitale Kaisergarnele eher die Stärken des Produktfetischisten und Puristen Peter Niemann: Das nur ganz kurz im Panzer angegrillte, innen sanft temperierte und vorportionierte Premium-Krustentier stand mit seiner geschmeidig-knackigen Ausnahmequalität ganz für sich, nur ergänzt von etwas Sepia-Aioli.
Der stärkere Mut zu radikalem Purismus zog sich allerdings als absolut positiver Trend auch durch die folgenden Gänge und zeigte so ein noch eigenständigeres Profil mit klarem Fokus auf eine der größten Stärken der Küche: Die durchweg außergewöhnlichen Produkte. Ein solches, und entsprechend subtil und zurückhaltend inszeniert, war auch die Langustine aus dem Skagerrak, die in etwas Quinoa gewendet ihre Qualität neben einer duftig spicy Tandoori-Mayonnaise ausspielen konnte. Weitere Akzente kamen auf eher nussig filigrane Art von einem hauchdünnen, feinsäuerlich marinierten Blumenkohl-Carpaccio mit braunen Senfkörnern, Olivenölkaviar und Fenchelöl, während eine weitere, süffigere Produktseite durch eine separate schaumige Bisque mit hoher Dichte und zugleich enormem Zug durch straffe Säure repräsentiert wurde.
Noch eine Spur puristischer und krasser wurde es bei der geflämmten und pfeffrig, anisduftig gewürzten Makrele, die neben einer jodigen Rotalgencreme, Pinienkernen und einem frisch mit Blattpetersilie infusionierten Grätensud auf den Teller kam. Der brachte mit seiner konzentrierten Umami-Wucht und natürlich klebrigen Konsistenz enorme Power und Tiefe ein, machte zugleich aber einen schwebenden und leichten Eindruck. Als pfiffiger Begleiter zu dem charakterstarken Fisch und Arrangement setzte ein fluffiger Senfsponge mit Algen-Mayo noch einen weiteren raffinierten Kontrast.
Die minimalistisch und meist eher auf Kante als auf Harmonie ausgerichtete Linie verschaffte auch der im Steinguttopf gepökelten (Riesen-) Forelle einen glanzvollen Auftritt. Deren gut zweifingerhohes Filet kam nur mit dem eigenen Kaviar gewürzt neben knackigem jungem Spitzkohlsalat und einem luftigen, papierdünnen Senfbrotchip auf den Teller, ergänzt von einer dichten Creme aus wildem Meerrettich, die ganz ohne die sonst automatisch angehängte Säure auskam und voll auf Schmelz und Ätherik abgestellt war. So entstand ein mutig reduzierter und klarer Produktgang, der im Übrigen (wie auch die anderen Gerichte) deutlich von dem intensiv aromatischen begleitenden Wein profitierte.
Nach den bis dahin durchweg markanten Gerichten folgte das wahrscheinlich mutigste: mit der Präsentation von Filet und Kaviar vom Stör, bei der das in schmale Tranchen geschnittene Filet mit seinen zarten Grillspuren nicht nur optisch an ein Steak erinnerte, sondern auch in seiner fleischigen Konsistenz. Vermutlich wurde der Fisch vor dem Branding sous-vide oder sonst irgendwie sanft vorgegart. In jedem Fall erinnerte er entfernt an konservierten Thunfisch, allerdings mit deutlich eleganterem Geschmack. Dieser wurde durch die üppige Beigabe vom eigenen Kaviar noch gepusht und von frischgrün-nussiger Gremolata und einer schwebend kräftigen Jus von grünem Pfeffer zu einem markanten Dreiklang ergänzt. Gewagt und gewonnen!
Voll auf der Gewinnerseite lag aber auch der Loup de Mer mit hauchdünner knusprig-salziger Haut, die dem ansonsten eher mild-saftigen Fisch eine gute Portion an Kraft mitgab. Genügend Kraft jedenfalls, um gegenüber dünnen Scheiben von „Weckewerk“, einer regionalen hellen Innereien-Wurst, mit einem Topping aus confierten Schweineohren-Juliennes und einer insgesamt mutig rustikalen Herzhaftigkeit zu glänzen. Gemeinsam mit einem vollmundigen gesäuerten „Kartoffelsaft“ entstand am Ende eine maximal elegante Assoziation an „Wurstsalat“ als charakterstarke Ergänzung zu dem edlen Atlantik-Fisch.
Und auch der Rücken vom heimischen Reh in perfekt straff-zarter Konsistenz überzeugte mit seinem erdig-waldigen Topping aus Pfifferlingen und schwarzer Trüffel gegenüber der kräutrig-duftigen Frische von Wildkerbel und einer sensationelle Sauce Rouennaise mit viel Volumen, Tiefe und Würze, zugleich aber eleganter Leichtigkeit und einem lebendigen Säurespiel auf ganzer Linie. Insbesondere an den letztgenannten beiden Gängen wurde deutlich, dass mit der aktuellen Aufwertung hier noch lange nicht das Ende erreicht ist, wenn sich das neue Team erstmal richtig eingegroovt hat.
Und apropos neues Team: Nach einem ersten gelungenen Auftritt mit der zunächst am Tisch noch etwas zum Aufgehen gebrachten, dann gebackenen und als eigenständigen Gang präsentierten Mohn-Focaccia nebst Eichsfelder Schmand überzeugte der aus dem Vendôme nach Hohenhaus gewechselte Pâtissier Andreas Lindner auch mit dem süßen Finale. Dieses interpretierte „Fürst-Pückler-Eis“ in Form von drei Parfaitwürfeln aus Vanille, Erdbeere und dunkler Schokolade mit jeweils einem passenden Knusperelement und der Kombination mit einer eingelegten und gegrillten Rhabarberstange sowie einem würzig-hellroten Paprikasud auf originelle Art neu – wobei vor allem die immer anderen Bezüge zu den Paprikaaromen für eine spannende Dynamik sorgten.
Fazit: Alles richtig gemacht! Das junge Team im Service sorgt auf charmante Art für noch mehr Wohlfühlatmosphäre, die von der ebenfalls neu ins Team integrierten Sommelière Vanessa Lieser ausgewählten Weine zeigen ein beeindruckend gutes Gespür für bereichernde Pairings und insgesamt kann die Entwicklung hier eigentlich nur noch weiter nach oben gehen…
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