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Fotos: Löwen

Löwen

im Hotel Löwen
Klosterhof 41
89077 Ulm
0731-3885880

aktualisiert: 03 / 2025
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Di-Sa ab 17 Uhr (Menü nur Do-Sa zu reservieren), So u. Mo Ruhetag
Hauptgerichte: 9-37 €,
Menüs: 89-99 €

Der im Westen von Ulm gelegene Ortsteil Söflingen ist vor allem für seinen prächtigen, weitläufigen Klosterhof bekannt, der einst Teil eines Nonnenklosters war. Heute findet man hier auch das vor einigen Jahren etablierte Gasthaus Löwen, zu dem ein kleines, aber schmuckes Hotel und ein Restaurant gehören. Letzteres wird seit Herbst 2024 von David Probst als neuer Küchenchef verantwortet. Der verdiente sich seine ersten Sporen bei namhaften Adressen in der Region, konnte aber er auch schon bei Felix Schneider im damaligen Sosein oder bei Großmeister Joachim Wissler im Vendôme wertvolle Erfahrungen sammeln – nicht die schlechtesten Voraussetzungen!

Im zwanglosen Lokal geht gut erhaltenes Mauerwerk mit modernen Werkstoffen wie Glas eine gelungene Synthese ein. Man nimmt dort an geräumigen Holztischen Platz und hat die Wahl zwischen einer Handvoll ansprechender Gerichte à la carte, die konzeptionell allerdings etwas einfacher gehalten sind, sowie einem fair bepreisten fünfgängigen Menü, das (auch als vegetarische Variante) die volle Leistungsfähigkeit des Teams zeigt.

Zwei unkomplizierte, aber wohlschmeckende Apéros läuteten diese Speisefolge animierend ein: ein kleiner Flammkuchen mit Kräutercreme und vorzüglichem, frisch geschnittenem San-Daniele-Schinken sowie ein Tatar vom Hamachi zwischen zwei Brotscheiben, das ein wenig wie ein ungewöhnliches Croque auf etwas Lauchöl gewirkt hat. Die kleine Brotauswahl, die zur Abrundung des Auftakts mit einer herzhaften Tomaten-Hefe-Butter gereicht wurde, hielt das Niveau.

Selbiges zog danach sogar noch deutlich an, denn die Komposition rund um sieben Tage lang eingelegten Saibling wirkte sehr durchdacht und wurde von straffer und gut eingebundener Säure dominiert. Gebettet auf einem Liebstöckelsud, verstärkten gepickelte Zwiebeln und Radieschen das vorherrschende Aroma, während Frisée, Oxalis und Mizuna reizvolle Bitterstoffe beisteuerten, die den Gast gleich zu Beginn aus seiner Komfortzone zu locken vermochten. Und auch wenn die seltsam geschmacksneutrale Senfsaat nichts Wesentliches zu diesem kompakten Auftakt beizutragen hatte, machte dieser schon einiges her!

Winterlich geprägte Wohlfühlgerichte beherrscht die Küche ebenfalls, wie das Onsen-Ei in einer Art Ragout von Kartoffeln und schwarzer Trüffel eindrucksvoll zeigte. Eine Pilzbouillon sowie ein üppig bemessener Kräuterschaum steuerten dem konsequent klassischen, vielleicht nur minimal eindimensionalen Gang neben Süffigkeit weitere gewinnbringende Facetten bei.

Das Meisterstück des Menüs war jedoch ein Einfall, den man mit auch mit „Coquille Wellington“ hätte betiteln können. Denn anstelle des sonst obligatorischen Rindfleischs platzierte die Küche unter der halbkugelförmigen Hülle aus vorzüglichem Blätterteig eine festfleischige, saftige Jakobsmuschel und eine erdige Farce von Pilzduxelles. Kongenial abgerundet wurde dieser Gang von einer Beurre blanc, die so virtuos mit Austernwasser, Estragon und Vadouvan veredelt war, dass man hätte meinen können, es handle sich um eine vorzügliche Sauce Béarnaise. Es würde auch insofern passen, weil Täuschung eines der Lieblingsmotive des neuen Chefs zu sein scheint ...

Dass die Grenzen zwischen gehobener Wirtshausküche und Gourmetanspruch im Löwen bisweilen noch recht fließend sind, merkte man dem Hauptgericht des Menüs an, das vom Service den Gästen an den anderen Tischen auch als À-la-carte-Offerte schmackhaft gemacht wurde. Die Gründe dafür lagen auf der Hand, denn der über volle zwei Tage sous-vide gegarte Bauch vom schwäbisch-hällischen Landschwein war nicht nur tadellos zubereitet, sondern auch absolut mehrheitsfähig, kam er doch mit einer rustikalen Entourage aus Fenchel-Sauerkraut und Biersauce durchaus deftig und bodenständig daher. Mehr als einen optischen Gimmick mit Knuspereffekt als Kontrast zum schmelzig zarten Fleisch stellte die aufgeploppte Haut dar und auch die substanzstarke Ancelotti-Teigtasche mit einer gehaltvollen Farce von Boudin Noir und Vadouvan machte als originelles Add-On in diesem Kontext auch geschmacklich absolut Sinn. Nur die schiere Menge des Gerichts war im Rahmen des Menüs kaum zu bewältigen und ließ es an dieser Stelle etwas unvorteilhaft wirken.  

Dem erfrischenden Pré-Dessert schließlich lag die Dekonstruktion eines Gin Tonic zugrunde, der in erster Linie von Kiwibeeren (naturbelassen, als Sorbet sowie als Ragout mit Gurke) bereichert wurde. Das eigentliche Dessert wartete nochmal mit einer Überraschung auf, denn der annoncierte „Nusszopf“ wies eine ganz und gar ungewöhnliche Konsistenz auf: er wurde im Stil eines „Armen Ritters“ interpretiert und erlangte dadurch eine gewisse Cremigkeit, die dem süßen Ausklang ein sehr zartes aromatisches Fundament bereitete, das den begleitenden Details genügend Raum zur Entfaltung ließ. Unter denen dominierten zwar ein Mandeleis und Bruchstücke von weißer Schokolade, doch dank des feinsinnigen Einsatzes von säurebetonten roten Äpfeln und Rumrosinen in Texturen wurde eine fragile und sehr transparente Struktur erschaffen, die vom überdurchschnittlichen Können des Chefs zeugte. 

Nach gerade mal einem halben Jahr konnte der bereits beeindruckend nachweisen, wie souverän er sein Handwerk beherrscht. Ein sicheres Gespür dafür, was mit dem recht kleinen Team machbar ist und wie man mit guten Ideen auch ohne Riesenaufwand große Effekte erzielt, verdeutlichten David Probsts großes Talent. Von ihm wird man sicher noch einiges hören!

Dem Serviceteam merkt man zwar an, dass angesichts des leidigen Personalmangels und bisweilen nicht eingespielter Abläufe die Souveränität noch ein wenig fehlt, doch macht es das mit Herzlichkeit und Engagement locker wett. Die Weinkarte wartet mit jeder Menge bezahlbarer Flaschen im zweistelligen Bereich auf.

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