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Fotos: Die Kurfürstenstube

Die Kurfürstenstube

im Hotel Der Europäische Hof Heidelberg
Friedrich-Ebert-Anlage 1
69117 Heidelberg
06221-515511

aktualisiert: 03 / 2025
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Täglich ab 12 Uhr durchgehend, kein Ruhetag
Hauptgerichte: 38-55 €,
Menüs: 137-228 €

Die große edle Zirbelholzstube mit gehobener Tischkultur und ambitioniertem kulinarischem Programm hat eine lange Historie und zählt schon lang zu den besten Restaurants in Heidelberg. Das Niveau der Küche war in der jüngeren Vergangenheit, je nach amtierendem Küchenchef, zwar etwas heterogen, aber immer klar überdurchschnittlich. Und auch nach der jüngsten Veränderung am Herd von Daniel Stelling zu Tim Arnold und Marius Mühlbauer, die hier seit Anfang Februar 2025 als Doppelspitze fungieren, bleibt die Kurfürstenstube aus kulinarischer Sicht ein sehr empfehlenswertes Restaurant.

Entgegen dem aktuellen Trend vor allem jüngerer, moderner Restaurantkonzepte, gibt es in der Kurfürstenstube auch weiterhin nicht nur ein einziges, alternativloses Menü, sondern darüber hinaus auch eine schöne Auswahl an davon abweichenden Gerichten à la carte, so dass hier jeder Gast nach seinen individuellen Bedürfnissen fündig werden und zufrieden sein sollte.       

Eine mit fünf verschiedenen, qualitativ überdurchschnittlich guten Sorten sehr reichlich bestückte Brotauswahl, begleitet von Rohmilchbutter und zweierlei Hummus-Varianten verdeutlichen ebenfalls, dass man im Restaurant eines anspruchsvollen, generösen Hotels alter Schule sitzt und nicht beim modernen Casual fine dining. Dass man es hier trotzdem nicht nur mit Austern, Hummer, Trüffel und Kaviar zu tun bekommt, demonstrierte eine fluffig-krosse gebackene Kartoffelpraline im Pommes-Dauphines-Stil mit Zwiebelmayonnaise und flockigem Comté als kleiner Küchengruß.

Fernab der Luxusproduktpalette war auch das Zweierlei vom Label-Rouge Lachs zur Vorspeise unseres Menüs komponiert: ein feinfühlig und von leichter Hand arrangiertes Gericht, bei der nach unserem Dafürhalten nur die Proportionierungen nicht ganz optimal gewählt waren. Auf dem Hauptteller, wo der Fisch als Tataki-like kurz ringsum angebratene und sonst rohe Tranchen zusammen mit dem eigenen Kaviar um etwas rahmig marinierten Chinakohl herumdrapiert war und mit Sojabohnen, kleinen Mengen Kimchi und einer Dashi-Vainaigrette aromatisch zurückhaltend bespielt wurde, konnte dieser aufgrund der geringen „Materialstärke“ seinen Charakter nicht so ausspielen, wie das mit dickeren Scheiben der Fall gewesen wäre. Auch die nur sehr kleine Menge an Lachstatar, die zusammen mit einer proportional viel zu großen Menge von mit Kimchi-Aromen pikant gewürzten Tapiokachips in einem Schälchen dazu gereicht wurde, konnte sich nicht wirklich behaupten. Außerdem wirkte dieser Side-Dish ohne jedes Bindeglied ziemlich karg.

Knapp in Richtung 7 Pfannen tendierten die gebratenen Jakobsmuscheln, die zusammen mit einem flüssig gefüllten Parmesan-Raviolo und einigen Scheiben Périgord-Trüffel auf einem Bett aus jungem Blattspinat lagen und von einer leichten, säurestraffen Zitronen-Velouté umspielt wurden. Allerdings sorgte auch hier der geringe Wareneinsatz des Hauptprodukts für Abstriche, denn die beiden qualitativ zwar nicht schlechten, aber sehr kleinen Coquilles St. Jacques hatten weder die erhoffte Präsenz, die man bei handgetauchter norwegischer Ware voraussetzt, noch konnten sich die kleinen Exemplare gegenüber ihrem recht massigen Panier-Mantel aus Parmesan und Pinienkernen so souverän behaupten, dass die über die Rolle des Materialträgers hinausgewachsen wären.

Erbsenzähler hätten womöglich bemängelt, dass im nächsten Gang des Menüs gleich nochmal Blattspinat und Wintertrüffel ein nicht ganz unwesentlicher Bestandteil waren. Wir freuten uns indes über ein rundum stimmiges, süffig-soulfoodiges Gericht, bei dem in perfekter Konsistenz gestocktes Onsen-Ei, noch zart knackige Topinambur-Stücke, cremiger Kartoffelschaum und eben Périgord-Trüffel und sautierter Blattspinat eine ausgewogene Verbindung eingingen, die von ein wenig reduzierter vegetarischer Röstgemüse-Jus noch zusätzliche aromatische Tiefe verliehen bekam.

Und sicher hätte man sich auch daran aufreiben können, dass der mit Jus überglänzte Hirschkalbrücken im Hauptgang zwar schön gleichmäßig rosa und zart, aber nicht mehr so sehr saftig daherkam. Aber auch hier überwog unserer Ansicht nach das Positive. Denn erstens war die Qualität des Fleischs, das à part noch durch ein überzeugendes Hirschragout mit Mini-Semmelknödel ergänzt wurde, sehr gut. Zweitens ließen auch der mit Nashi-Birne und Buchenpilzen applizierte gebackene Sellerieriegel nebst etwas Sellerieschaum und insbesondere die Preiselbeerjus auf Wildbasis keine Zweifel daran, dass hier mit Sachverstand gekocht wird.

Und weil auch der erfrischende Nachtisch, der sich um mit Mandarinengelee gefüllte und mit Tonkabohne aromatisierte Topfenmousse, Mandarinensorbet, Blutorangenkompott, kandierte Bergamotte und auf Basis von Earl Grey Tee zubereiteten Sud drehte, sehr gutes Niveau hatte, können wir die Leistung des neuen Küchenteams trotz kleinerer Wackler zum Einstand gleich mit souveränen 6 Pfannen bewerten. Dass das bei durchgängigerer Detailsorgfalt und noch besser in Szene gesetzten Produkten kurz- oder mittelfristig noch nicht das Ende der Fahnenstange sein muss, blitzte bereits an einigen Stellen durch. So sind wir schon jetzt sehr gespannt auf die kommende Testsaison!

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