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| Mi-Sa ab 18 Uhr, So-Di Ruhetag |
| Hauptgerichte: 35-78 €, Menüs: 79-189 € |
Das „Problem“ völlig unterschiedlicher Bedürfnisse von Gästen eines großen Betriebes kann man auf verschiedene Art lösen. Zwei Restaurants einzurichten, wäre eine Möglichkeit. So war es einst auch im Restaurant Kunz im saarländischen St. Wendel. Doch Alexander Kunz und sein Küchenchef Patrick Jenal gehen mittlerweile einen anderen Weg. Auf der Speisekarte des jetzt unter Kunz Gourmet firmirenden Gesamtkonzepts steht nicht nur das „Signature-Menü“ zu 128 bzw. 168 Euro für vier oder sechs Gänge, sondern auch ein traditionelles Menü zu 79 Euro für fünf Gänge – ein drastischer Preisunterschied, der sich natürlich in Zutaten und Aufwand widerspiegelt, aber eben auch den abweichenden Anforderungen der Gäste Rechnung trägt.
Das Sauerteigbrot zu Beginn dürfte bei allen Gästen identisch ankommen. Schmalz, Butter und Olivenöl gibt es dazu – ohne Fisimatenten serviert, klar und strukturiert. Das folgende Ei ist zwar nicht ultra-originell, denn eine Mischung aus weichem Eigelb, Kartoffelschaum und Croutons wird in so manchem gehobenem Restaurant dieser Welt aufgetischt; hier kamen in unserem Falle noch geriebene Sommertrüffel hinzu. Das ist schön schlotzig, zeigt verschiedene Texturen, und macht trotz des verhaltenen Trüffelaromas viel Spaß.
Das Gänselebereis auf Gewürzbrot mit gedünstetem Rhabarber passt dann zu den am Testabend herrschenden hohen Außentemperaturen und wäre auch an anderen Tagen überzeugend. Cremigkeit, gut angepasste Süße, ein Hauch säuerlicher Frische! Ceviche vom „Blue Thunfisch“, also vermutlich Bluefin Tuna aus Aquakultur, ist anschließend auf eine süß-würzige Weise umrahmt. Einerseits Mango, deutlich süß, andererseits Paprikastreifen und Koriander sowie sehr feine Zwiebelstreifen, alles dank Yuzu erfreulich frisch – aber man kann, wenn man sehr kritisch ist, auch feststellen, dass Süße und Salzigkeit nicht hundertprozentig ausgewogen aufeinander abgestimmt sind.
Eine Atlantikmakrele vom Josper-Grill mit warmer gegrillter Wassermelone, Calamaretti und Chorizo-Schaum erwies sich sodann als das Highlight des Abends. Die leichte Schärfe der pikanten spanischen Paprikawurst tut dem üppigen Fisch gut, die Melone steuert adäquate Frische bei. Dass man auch noch eine Saucière mit Schaum an die Seite stellt, üppig gefüllt, ergibt viel Sinn. Spätestens an dieser Stelle sollte man auch den Service würdigen. Er ist an diesem Abend, geleitet von Chefin Anke Kunz, genau das, was man früher zuvorkommend nannte, was also im Wortsinn bedeutet, dass man die Wünsche des Gastes erkennt, bevor er diese äußert.
Das glasierte Kalbsbries gerät mitsamt Scheiben von wiederum weniger aromatischen Sommertrüffeln, Babyspinat und Kartoffelschaum sowie Pfifferlingen zu einem kraftvollen, fast schon allzu sättigenden Zwischengang. Aber eine gewisse Opulenz ist dann auch der einzige Vorwurf, den man dieser Kreation machen kann, zumal das Bries perfekt zubereitet wurde, nicht zu weich, aber auch nicht zu elastisch daherkommt, was alles andere als selbstverständlich ist.
Eine Crépinette von der Wachtel mit Gänseleber, grünen Bohnen, Perlzwiebeln und Albufera-Sauce trägt dann erneut mit der dicken Kelle auf. Die Sauce ist üppig, aber gut balanciert, die Crèpinette erinnert sehr positiv an alte Zeiten zurück, als solche Gänge Usus waren in der gehobenen Gastronomie: ein dickes Stück Foie gras in der Mitte, gut abgeschmeckte Farce und Fleisch: prima! Die Bohnen sind voller Geschmack, und an reichlich Sauce ist auch gedacht.
Himbeere und Pistazie als fruchtig-cremige Halbkugel mit karamellisiertem Blätterteig als Basis bringt sowohl die Frucht als auch die Pistazie gut zur Geltung; das Eis allerdings ist schon angeschmolzen, als es den Tisch erreicht – und es ist definitiv zu süß, um einen Kontrapunkt zu setzen. Schließlich folgen noch die süßen Kleinigkeiten vom Wagen (ja, richtig gelesen!), die an den Tisch gerollt und ausführlich erklärt werden. Der Würfel Prinzregentenschnitte ist wunderbar saftig, das tadellose Fruchtgelee aromatisch und schmelzig, das Cannelé leider gummiartig.
En passant: Dieses kleine Kunstwerk der Patisserie beherrschen in Perfektion leider nur wenige Patissiers, geschweige denn Köche. Und weil so ein Cannelé nach dem Backen sehr schnell an Knusprigkeit verliert, ist es auf einem Petits-fours-Wagen im Grunde fehl am Platz, es sei denn, man würde die Attraktion à la minute aus dem Ofen holen. Doch trüben kann das freilich weder die Stimmung noch den guten Gesamteindruck, den die Küche des Restaurant Kunz mit seinem Wintergarten-Anbau im Schatten des Bliestaldoms auch in der diesjährigen Testsaison wieder gemacht hat.
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