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Fotos: KOMU

KOMU

Hackenstr. 4
80331 München
0173-1560415

aktualisiert: 03 / 2024
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi ab 18.30 Uhr, Do-Sa von 12-14 Uhr u. ab 18.30 Uhr, So-Di Ruhetag
Menüs: 175-249 €

Christoph Kunz zählte für uns schon als Küchenchef im Restaurant Alois, dem kulinarischen Aushängeschild der Dallmayr-Gruppe, zu den besten Chefs der Landeshauptstadt. Mit damals bis zu 9 Pfannen für eine sehr feinsinnig ausgeführte, handwerklich perfektionierte Küche, die immer dann besonders glänzen konnte, wenn die finanziellen und strukturellen Möglichkeiten des Unternehmens Kunz die Freiheit verschafften, herausragende Luxusprodukte wie japanisches Wagyu oder handverlesene Meeresfrüchte zu verwenden. So waren wir natürlich ausgesprochen gespannt, wozu der Chef nun in der gastronomischen Selbstständigkeit ohne Investor im Rücken imstande ist.

Der Auftakt in seinem neuen Restaurant findet ganz leger an der Bar statt, wo das junge Serviceteam schon mal den Aperitif und erste Snacks serviert. Solche Szenenwechsel funktionieren in der Theorie oft besser als in der Praxis, weil sie das Menü unnötig in die Länge ziehen. Hier jedoch fühlen wir uns im Loungebereich gleich pudelwohl, gerade weil die Innenarchitektur mit viel hellem Holz und pastellfarbenen Polstermöbeln sehr gelungen ist. Aber auch, weil es dem Serviceteam, das die Speisen zusammen mit den Köchen serviert, sehr gut gelingt, die Szenerie charmant aufzulockern.

Und natürlich dank sehr unterhaltsamem Fingerfood: etwa einer kleinen Kürbis-Tartelette mit Forellenkaviar und Estragoncreme, die – ganz im positiven Sinn! – nach Barbecuesauce schmeckte und zudem mit einem hauchfein verarbeiteten Teig aus Kürbis punkten konnte. Große Komplexität ist nicht der primäre Zweck solcher Snacks, maximale Wohligkeit eher. Und das erfüllte diese kleine handliche Petitesse bestens. Mit einem weiteren kleinen Gruß aus rohem Fleisch eines Carabineros nebst marinierter Schwarzwurzel, Safranmayonnaise und Zitronenmarmelade deutete Kunz seine Leidenschaft für exquisite Meeresfrüchte an. Und noch einen Fingerzeig gab dieses Amuse: es wies mit seinem eher zarten und leisen als vorsprechend lauten Aromen auf die kulinarische Sprache von Christoph Kunz hin.

Den folgenden Gang kündigt das Komu als Signature Dish an: ein Salat von Apfel und Staudensellerie mit Yuzu-Essig, einem Popcornschaum auf Nussbutter-Basis und Kaviar. Sehr gut gefiel uns hier das Spiel der Texturen, der sämige Schaum, der Biss von Obst, Gemüse und kleinen Popcornstückchen für den Crunch. Aromatisch hätte das Gericht – gerade für ein Signature Dish – etwas Finetuning vertagen können. Sowohl der Apfel als auch die Yuzu schafften es nicht wirklich zu strahlen, sodass es dem Gericht für uns an Säure und Komplexität fehlte. Als mit Abstand dominanteste Komponente blieb am Gaumen das Popcorn haften.

Weiter ging es mit in Salz und Mandarinensaft gebeizter Makrele, begleitet von einer Vinaigrette, die spannenderweise aus der Mandarinenbeize und Kokosjoghurt hergestellt war und eine tolle Frische bei gleichzeitiger Tiefe mitbrachte. Die damit kombinierten, einmal cremigen, einmal krossen Grünkohltexturen, erweiterten das Spektrum nicht nur um Texturen, sondern auch um gewinnbringende herbe Aromen. Nur ganz dezent eingesetzte und deswegen logischerweise nicht auf der Karte geführte Seeigelzungen unterfüttern den Teller mit zusätzlicher naturaler Süße und Jodigkeit. Sehr stark!

Ein typisches leises Kunz-Gericht verbarg sich auch hinter dem Zwischengang aus Kohlrabi, Birne, Fregola Sarda und geräucherter Hollandaise. Für dieses vegetarische Gericht grillten und deglacierte die Küche Kohlrabi, löschte ihn immer wieder mit Yuzu und Miso ab. Dazu gesellte sich dann ein Sud aus Birne und einem aus Kohlrabigrün hergestellten Öl mit Einlage der Fregola Sarda. Klug ausgewählt schienen hier einige dünne Scheiben einer Zitrusfrucht, die sich wie eine Mischung aus Kumquat und Zitrone im Ganzen mit Schale essen lässt; sehr viel Aroma brachte hier zudem der Kohlrabi selbst mit. Verbesserungspotenzial sahen wir ausschließlich beim Sud, für den sowohl das getreidig-röstige, als auch das grün-vegetabile des Kohlrabiöls noch präziser hätte herausgearbeitet werden können.

Ein weiterer Zwischengang stellte Kaisergranat in den Mittelpunkt, welcher lediglich von einem lauwarmen Sud aus Fischfond und Salzzitronenlake mit Fenchel, Salzzitrone, Estragon und rohen Champignons als Einlage begleitet wurde. Grundsätzlich glückte auch diese Kreation. In unseren Augen passten jedoch Hauptprodukt und Komposition in dem Sinne nicht kongenial zueinander, als dass das Krustentier mit seiner recht weichen Textur nicht ganz jene Qualität mitbrachte, die nötig ist, damit solch ein Purismus brillant wirkt. Um einen Kaisergranat mit nichts als dem Pinselstrich einer Glacage aus Soja und Ahornsirup und einem Löffel zurückhaltender Sauce eindrucksvoll glänzen zu lassen, muss man fast noch in die höhere, festfleischigere Etage greifen.

Deutlich eindrucksvoller gelang das dementsprechend mit einem Zander nebst Sauerkraut, der zeigte, wie auch leise Küche lange nachhallen kann: mit perfekter Produktqualität und charakterstarker Sauce! In diesem Fall war es eine Beurre blanc mit ausgelassenem Lardo statt Butter und eingearbeitetem Verveineöl, das man hier erfreulicherweise sehr klar und deutlich herausschmecken konnte. Und obwohl die Sauce eine betörende Dichte mitbrachte, erschlug sie den Fisch nicht. Auch weil dieser von wirklich vorzüglicher Qualität war und neben einer dezenten Nussigkeit eben auch eine bemerkenswert feste Textur mitbrachte, so dass das Fleisch unter dem leichten Druck des Löffels fast von selbst in seine einzelnen festen Lamellen aufblätterte. Da brauchte es dann tatsächlich auch nicht mehr als mild fermentiertes Weißkraut, Lardo und frische Johannisbeeren für einen Extra-Kick an Säure, um ein begeisterndes Ergebnis zu schaffen.

Ruhe und Gediegenheit steckte wiederum im Hauptgang, der sich um Wachtelbrust, gepufften Amaranth, Bucheckern, Foie Gras und geschmorte rote Paprika drehte. Fast etwas zu viel Ruhe nach unserem Gusto. Hier erschloss sich uns nicht, warum der Vogel an der Karkasse sous-vide gegart und dann ohne Haut serviert wurde, was die Wachtel in unseren Augen unnötig blass wirken ließ, weil so ihr einmaliges nussig-röstiges Aroma nicht optimal herausgekitzelt wurde. Da wurde Potenzial verschenkt, zumal der wunderbar rauchig-dichte Paprika-Schmorsud mit kräftigen Röstaromen auf jeden Fall eine kongeniale Verbindung eingegangen wäre. So war es ein sehr schmackhaftes und niveauvolles Gericht, das mit schärferen Konturen locker auf ein höheres Level hätte gehievt werden können. Und wie das geht, zeigte die Küche danach in mit den Keulen des Vogels als Ragout nebst einem Püree aus der ausgefallenen Kartoffelsorte Andengold gleich selbst: schlotzig, heiß, würzig, salzig, erwärmend, pikant und vollmundig-tief. Geht doch!

Sehr komplex präsentierte sich das Dessert mit Vanilleeis, Rotkohl und Pomelo. Und obwohl neben dem Rotkohl mit Miso und Petersilienöl noch weitere Produkte zugegen waren, die man unter konventionellen Gesichtspunkten nicht unbedingt mit Nachtisch in Verbindung bringt, war das kein experimentelles Gemüsedessert. Das Geschmacksbild hatte eine klassisch-süße Sprache, nur eben mit erweitertem Wortschatz und spannender Eloquenz.

Ausgesprochen gut hat uns auch das zweite Dessert mit Kokos, Tamarillo, Kaffirlimette und Koriander gefallen, bei dem die exotische Steinfrucht sowohl als sämiges Kokoseis als auch als Sud auf dem Teller vertreten war. Die heikle Kombination aus Kaffirlimette und Koriander, die auch schnell mal Assoziationen an Badreinigungsmittel hervorrufen kann, wurde hier von der herben Baumtomate und mit Chili angeschärften Teighippen perfekt in Schach gehalten, so dass ein sehr gelungenes spannungsgeladenes Dessert entstehen konnte!

Fazit: Unsere Kritik an einer Reihe etwas untersteuerter Aromen möchten wir ausdrücklich nicht als Kritik an der Stilistik von Christoph Kunz‘ Küche verstanden wissen. Uns begegnen tagtäglich völlig unterschiedliche Küchenstile mit ganz unterschiedlichen Salz-, Säure-, Konzentrations- und Intensitäts-Leveln und alles hat seine Berechtigung. Optimierungspotenzial sehen wir hier vielmehr ganz dezidiert in Bezug auf das Herausarbeiten spielentscheidender Einzelaromen und die dadurch entstehende oder eben fehlende Tiefenschärfe – denn auch leise Gerichte sollten nicht zu schüchtern wirken. Wir sind jedoch sehr optimistisch, dass Christoph Kunz weiter an diesen Dingen feilen wird. Und würden uns nicht wundern, hier kurz- oder mittelfristig sogar eine noch höhere Bewertung vergeben zu können.

Das Gesamtkonzept des Komu mit einer Mischung aus jungem legerem Service und anspruchsvoller gehobener Küche hat uns jedenfalls schon jetzt voll begeistert. Wem das hochpreisige achtgängige Menü zu teuer ist oder zu lange dauert, der kann hier übrigens auch Samstagmittag zu Schnitzel und Kaviar einkehren und sich in der spannenden, mit vielen gereiften Weinen aus Deutschland und Österreich bestückten Weinkarte etwas Feines aussuchen.

Um die Pins anklicken zu können, müssen Sie den Zielort näher heranzoomen.



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