Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
Abends |
Mi-Sa ab 18 Uhr, So-Di Ruhetag |
Menüs: 120-156 € |
In dem schon von außen äußerst einladend anmutenden Lokal im beschaulichen Zentrum des am Baldeneysee gelegenen Essener Vororts Werden, wo sich den Gästen auch drinnen ein sehr stimmungs- und stilvolles Bild auftut, wird seit Anfang 2022 ein spannend individuelles gastronomisches Programm geboten. Wir kannten den aus Österreich stammenden Patron, der das Kamota (steirisch für schöner, „kommoder“ Ort…) zusammen mit seiner Geschäftspartnerin und Gastgeberin Wiebke Meier betreibt, schon von seinen vorherigen Stationen als rechte Hand anderer namhafter Köche und treibende Kreativkraft in deren Team. Und so waren wir im letzten Jahr bei unserem ersten Besuch im neueröffneten ersten eigenen Lokal Kettners gar nicht so sehr überrascht, dass das kulinarische Niveau vom Start weg gleich so hoch ist.
Und um die Pointe gleich vorwegzunehmen: die Küche hat sich auf diesem hohen Level nicht nur gefestigt, sondern sogar noch ein wenig gesteigert! Das Schönste aber ist, dass das, was hier im Rahmen eines sechsgängigen Menüs plus weiterer Klassikergerichte à la carte geboten wird, überwiegend erfrischend eigenständig daherkommt. Die kreative und zupackende Mischung aus Kettners Faible für die moderne japanische Küche und den starken alpenländischen Einflüssen, die der gebürtige Steirer fest in seiner DNA verankert hat, sucht eigentlich Ihresgleichen. „New Austrian“ nennt der Chef das per Eigendefinition. Oder auch: „österreichische Gerichte zum Teilen – heimatlich verbunden, fantasievoll mit japanischen Einflüssen vollendet“.
Das alles ist aromatisch maximal kraftvoll und zupackend, wird auf der anderen Seite aber auch beeindruckend feingliedrig und elaboriert umgesetzt, so dass das Team zuletzt schon mit dem Aufwärmprogramm ein deutliches Ausrufezeichen setzen konnte. Zum Beispiel mit einem süffigen Löffelgericht aus Kartoffelschaum mit Eigelb, Kräutersauce, Blutwurst und Trüffel oder mit einem filigran dünnen, ballonartigen Käferbohnencracker, gefüllt mit Saiblingstatar und Shiso-Sorbet, einem raffinierten Rindertatar mit Kaviar oder einem Backhändel in Deluxe-Version.
Stark auch das komplexe Amuse rund um Saiblingstatar mit Dashigelee, Ponzu-Vinaigrette, Wassermelone und Eis von Purple Curry. Weltläufiger, kontrastreicher und im besten Sinne plakativer geht’s eigentlich fast gar nicht – Kettner & Co. bekommen das aber in perfekter Balance gebacken! So wie die nach japanischer Ike-Jime-Methodik geschlachtete Bergforelle, die in reintöniger, festfleischiger und zugleich zart schmelziger Idealform nebst Radieschen und Störkaviar auf zweierlei Saucen angerichtet war: einer hellen Schaumsauce auf Basis der Fischkarkassen im Stil einer Beurre blanc und einer auf Verjus basierenden Emulsion mit Dillöl. Im Satellitenschälchen eskortiert von Meerrettichsorbet und Schmandschaum war auch das ein höchst dynamischer, spannungsgeladener Gang voll Power und Eleganz.
Als ein wieder sehr vielschichtiges, genial eigenständig wirkendes Gericht präsentierte sich danach eine Verbindung von Schwein und Krustentier, die im Schälchen in Gestalt eines Schichtwerks aus Wurzelspeck, Rote Bete als Stücke und Schaum, eingelegter Gurke, Langustentatar und mit Pfefferoni angeschärfter geeister Gurke dargeboten wurde. Begleitet von einem kleinen Kräcker mit Schweineschwanz, Langustinentatar und eingelegter Gelber Bete, der sich als heimlicher Star in dieser Runde etablieren konnte.
Die Verquickung französischer Haute-Cuisine mit japanischen Einflüssen hat Christian Bau hierzulande einst salonfähig gemacht und wird längst überall kopiert. Für österreichische Schmankerlküche mit fernöstlichen Akzenten auf hohem Niveau hat hingegen Kettner das Patent. Und das beschert den Gästen seines Kamotas so originelle Sachen wie die mit Kalbskopfterrine überschmolzene bretonische Riesen-Jakobsmuschel auf Kartoffelcreme in Sellerieschaum mit Kernöl, bedeckt mit etwas getrüffeltem und geschmortem Kraut und zitrischen Sidekicks von Sudachi-Perlen.
Konsequent in der alpenländischen Küche verortet blieb die geschmorte und mit reduzierter Jus glasierte Backe vom Milchkalb nebst einem Stück knusprig ausgebackener Zunge desselben Tieres, arrangiert mit Nussbutterschaum neben einer Nocke Polenta und Kürbis. Aromatisch etwas breiter angelegt, aber als solches auch sehr aufgelockert und ausgewogen umgesetzt.
Und obwohl das Entrecôte, das im Hauptgang zusammen mit einem gebackenen Stück geschmorter Short Rib und gebratener, mit reichlich Trüffel bedeckter Gänseleber auf einem Saucenduett aus hellem rahmigem Weißweinschaum und auf Kalbsjus und Rotwein basierender Waldpilzjus aufgeboten wurde, vom japanischen Wagyu-Beef stammte, ging auch das stilistisch viel deutlicher in Richtung verfeinerte Alpenküche. À part im Satellitenschälchen übrigens noch ein fantastischer, ebenfalls mit den Leitaromen des Haupttellers umspielter Kaspressknödel, der in seiner finessenreichen Art das Zeug dazu hatte, dem Edelrind die Show zu stehlen.
Auch im süßen Bereich bekommt man es mit ebenso unkompliziert wohlgefälligen wie anspruchsvollen Dingen zu tun. Etwa das bereits zum Klassiker avancierte „Gspusi vom Schilcher-Sekt“ ein geschichtetes Löffeldessert, bei dem eine aus Schilchersekt zubereitete, cremige Eisschicht aromatisch den Ton angibt, die im Zusammenspiel mit Hefearomen das Ganze fast wie ein sehr gutes Champagner-Rahmsorbet schmecken lässt. Oder das deutlich elaborierter anmutende, unterm Strich aber ebenso entspannten Genuss garantierende Dessert rund um Rhabarber, Milch und Kaffee. Es würde sich aber theoretisch auch lohnen, einfach nur für den ganz und gar traditionellen, in ganz NRW wahrscheinlich unerreichten Kaiserschmarrn in Kettners Kamota zu kommen – wenn man daneben nicht so viel Anderes verpassen würde…
Auf Wunsch wird das alles eskortiert von hohen Trinkspaß bietenden und zudem gut den Gerichten angepassten Weinempfehlungen; serviert von einer fröhlichen Truppe aus zugewandten, aber unaufdringlichen Servicekräften und den Köchen selbst.
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