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Abends |
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Fr-Di ab 18.30 Uhr, Mi u. Do Ruhetag |
Hauptgerichte: 40-75 €, Menüs: 168-228 € |
Jenseits der Sylter Touristenströme, nämlich ganz im Süden der Insel und dort etwas versteckt hinter dem Hafengelände, wirkt im großzügigen Restaurant des mondänen Hotel Budersand mit Felix Gabel ein sehr talentierter und ambitionierter Koch, dessen Küche sich in den vergangenen Jahren toll entwickelt und sukzessive auf ein sehr hohes Niveau gesteigert hat. Schon immer sehr kreativ und weltoffen, in der Anfangszeit bisweilen kompositorisch noch etwas ungestüm und handwerklich etwas gröber, mittlerweile bemerkenswert durchdacht und feingeschliffen, nimmt der Chef die Gäste im Rahmen seines wahlweise bis zu achtgängigen Menüs mit auf eine „kulinarische Erlebnisreise“, die oft von unterschiedlichen Weltküchen, manchmal auch gerne mal von den eigenen kulinarischen Kindheitserinnerungen des Kochs geprägt ist.
Diese Reise begann für uns zuletzt mit drei aparten Fingerfood-Snacks, die jeweils auf kleinem Raum ein bodenständiges Traditionsgericht unterschiedlicher Länder beziehungsweise Regionen repräsentierten: den Döner, als „Burger“ mit zartkrossem Ayran-Baiser als „Brötchen“ und den verschiedenen Döner-Komponenten dazwischen, die Ente „süßsauer“ als Tartelette und den bayrischen „Obazda“ als Waffelsnack – alle sehr prägnant und unverkennbar in ihrer aromatischen Aussage, die mutmaßlich mit Blauschimmelkäse anstatt mit Camembert oder Brie hergestellte bayrische Käsezubereitung nach unserem Geschmack etwas zu intensiv.
Der erste richtige Gaumenkitzel folgte mit einer Entenlebermousse in Kombination mit Mais-Eis, weißer Schokolade und Limettengel, weil hier Herzhaftigkeit, Süße und Säure in schönsten Einklang gebracht waren. Überhaupt gelang es Felix Gabel auch im weiteren Verlauf seines Menüs auf beeindruckende Art und Weise, alles perfekt in der Balance zu halten. So auch beim offiziellen Menüauftakt, der sich mit Taschenkrebs, Miesmuschel, Nordseekrabbe, „Sylter Royal“-Auster und Wattschnecke um kleine maritime Spezialitäten drehte, die von vor der Haustür wachsen, leben und gedeihen – hier auf drei Schauplätzen und in unterschiedlichen Aggregatzuständen in Richtung diverser Bouillabaisse-Geschmacksbilder gebracht. Auf dem Hauptteller als mit Okraschoten, verschiedenen Cremes und Kräutern applizierter gelierter Savarin, auf einem Tapiokachip als Sphäre und in der Tasse als klassische Suppe.
Die mit einer konzentrierten Geflügel-Kürbiskernjus glasierte und mit hauchdünnen krossen Hühnerhautchips gespickte (handgetauchte) Jakobsmuschel machte als beeindruckend festfleischiges und frisches, im Kern noch schön glasiges Exemplar schon an sich viel Freude, konnte aber auch als Komposition zusammen mit Hokkaido-Kürbis (als Creme und knackige eingelegte Röllchen) und einer süßsauer abgeschmeckten Seeigel-Velouté als Sauce rundum überzeugen. Nichts zu viel, nichts zu wenig, alle Aromen und Texturen griffen geschmeidig ineinander und die von den nussigen und röstwürzigen Noten von Kürbiskern und Hühnerhaut aromatisch akzentuierte Muschel selbst blieb der Star in ihrer eigenen Schale.
Ein Star auf seinem Teller war auch der sanft in Nussbutter confierte und dann final nur noch etwas abgeflämmte Steinbutt, der in optimaler Produktqualität perfekt auf den Punkt gebracht war. Sehr puristisch in Szene gesetzt, nämlich nur mit säuerlichem Gel aus Pickles-Relish betupft sowie mit etwas Kaviar und kleinen Pommes Soufflés gekrönt, welche wiederum mit einer Zitronen-Crème-fraîche gefüllt waren, schwamm die Plattfisch-Tranche auf einer kraftvoll zupackenden Soljanka-Essenz, die dem Gericht eine herzhaft pikante Grundierung verlieh.
Herzhaft, fettig, schmelzig und röstaromatisch wurde es im Anschluss mit einem Zwischengericht rund um Wagyu-Rind, das als kleines saftig-knuspriges Filet-Medaillon und mit würziger Deichkäse-Hollandaise überzogenes Shortrib-Ragout in einer Roscoff-Zwiebel dargeboten wurde. Um das Geschmacksbild adäquat zu vervollständigen, wurde das Beef von einem krossen Kartoffelrösti-Taler begleitet, der mit Schmorzwiebelpüree und Gel von Barbecue-Aromen getoppt war. Und auch die von koreanischen Aromen gezeichnete pikante Sauce auf Kalbsjus-Basis reihte sich da gewinnbringend in das an Streetfood angelehnte Geschmacksthema ein, das wie auch alle anderen Gerichte in eindrucksvoll feingezeichneter und handwerklich exakter Art aufs Porzellan gebracht war.
So auch der Hauptgang mit Husumer Rehrücken im Mittelpunkt, für den nur bedingt mit jenen Assoziationen gespielt wurde, die bei dem Titel „Sylter Jägerschnitzel“ aufkamen. Die für ein klassisches Jägerschnitzel unabdingbaren Pilze waren hier in Form eines zudem mit Anis aromatisierten Pürees zwar auch zugegen – ansonsten wurde das als eine Art Crépinette mit Farce gefüllte und mit einer knusprigen Panierung von Fichtensprosse, Wacholder und Panko umhüllte Rehfleischpaket jedoch von allerhand Produkten und Aromen zum Thema „Wald“ umspielt: Moosbeere (eingelegt und als Püree), Fichtensprossen und ein reizvolles Saucenduett aus Wacholderschaum und Moosbeerenjus. Besonders raffiniert machte sich in diesem pointierten Begleitensemble ohne jeden Sättigungsbeilagen-Charakter aber die knusprige Flechte, eine Mischung aus Pilz und Alge, die hier neben ihrem Geschmack auch noch eine originelle Textur einbrachte.
Mit eher kreativen als gediegenen Kompositionen wie einer Liaison aus „Friesisch Blue“ Blauschimmelkäse, Eiskirsche (eingelegt und als Creme), der zitrischen Frische von Buddhas Hand, einer Nocke Portweineis und Kakaobohnen-Crumbles als kontrastreicher Käse-Gang und einer Eigeninterpretation des Peanutbutter-Jelly-Sandwichs mit schokoladiger Erdnusscreme, Cassis, Karamellsahne, karamellisierten Erdnüssen, einem Eis von Cassis und Holzaromen sowie Baiser auf einer Nussbutter-Briocheschnitte, endete das Menü so kompositorisch originell und handwerklich aufwendig akkurat, wie es begonnen hatte.
Und originell sind auch die Weinempfehlungen des sympathischen Sommeliers Tim Blaszyk, der mit Pairings wie einem trocken ausgebauten Ximénez-Spinola aus der Sherry-Region Jerez zur Jakobsmuschel oder dem im traditionellen Rioja-Stil ausgebauten 2011er von San Vicente zum Snackfood-Wagyu spannende Begleiter im Glas anstellt.
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