Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
Abends |
Mo u. Do u. Fr ab 18 Uhr, Sa u. So von 12-14 Uhr u. ab 18 Uhr, Di u. Mi Ruhetag, (Mittagskarte abweichend) |
Menüs: 159-317 € |
Das kleine, mit seiner geschmackvoll schlichten Ausgestaltung nicht sonderlich luxuriöse, aus kulinarischer Sicht jedoch höchst anspruchsvolle Jellyfish hatte in der Vergangenheit keinen leichten Stand im Sternschanzenviertel. Manche Leute meinten wohl, das wäre zu elitär und passe nicht hierher. Seit der aus Franken stammende Stefan Fäth die „Qualle“ vor ein paar Jahren übernommen hat, läufts aber. Es ist einerseits ruhig im Umfeld, und wir erleben das zwar nicht sonderlich große Lokal, in dem aber dennoch allerhand Tische Platz gefunden haben, immer voll besetzt. Dabei gibt es das Jellyfish-Menü in drei bis sieben vegetarischen und maritimen Gängen, plus einem Fleischgericht als Zusatz-Option, noch nicht mal zum Schnäppchentarif – der so ambitioniert kochende Gastgeber und sein Team haben den Gästen aber auf der anderen Seite ganz schön was zu bieten!
Auf den Tellern wird kein Aufwand gescheut, es gibt jede Menge feinsinnige Kochkunst fürs Geld, überdurchschnittliche Produktqualitäten noch dazu. Und der Chef geht, so unser jüngster Eindruck, bei aller nach wie vor vorhandenen Motivation mit jedem Teller richtig einen rauszuhauen, mittlerweile überlegter vor. Hatten wir noch beim letzten Besuch auf manchem der extrem vielteiligen und bunt ausgestalteten Teller den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr so richtig gesehen, wirkte diesmal alles schlüssig und die Komponenten arbeiteten jeweils gemeinsam und stringent auf ein bestimmtes Geschmacksziel hin. Man hatte nicht mehr das Gefühl, da wäre einiges nur Mittel zum Zweck. Es gab zwar oft auch noch viel buntes Spektakel auf dem Porzellan, aber das ergab alles Sinn.
Mit den drei Apero-Snacks stieg die Küche gleich vom Start weg hoch ein, denn der Dashi-Macaron mit Hamachi-Tatar und gut eingebundener schnittiger Wasabischärfe, ein geleeverkapseltes Matjestatar auf dünnem krossem Kartoffelrösti, sowie eine Art Caprese-Happen mit Tomatenconcassé und Stracciatella-Praline auf Tramezzini-Cracker waren einerseits sehr feinsinnig und filigran präsentiert, transportieren aber je ein markantes, volles Geschmacksbild. Richtig cool, weil einerseits augenzwinkernd, andererseits grundseriös, und überdies handwerklich auch noch sehr fein ausgeführt, geschmacklich raffiniert und scharfgestellt, war auch der Küchengruß. Der drehte sich um eine halbe Scheibe-Mini-Leberkäs‘ vom Müritz-Wels, welche mit einer Sülze von Wurstsalat-Bestandteilen (Zwiebel, Gurke, Senfsaat etc.) und Senf-Eicreme mit mild geräuchertem Forellenkaviar auf einer Essiggurkenvinaigrette platziert wurde.
Die bereits beim humorvoll präsentierten Leberkäse bescheinigte kulinarische Seriosität konnte man auch dem vegetarischen ersten Menügang rund um Karotte attestieren, auch wenn dessen Optik, mit einem als Eyecatcher kreierten Karotten-Imitat aus behutsam mit Vadouvan abgeschmeckter Karottenmousse auf den ersten Blick ein bisschen gaghaft gewirkt haben mag. Karotte war auch noch als Creme und als mit Koriander abgeschmecktes Ragout auf dem in jedem Fall auffälligen Teller zu finden. Ein säuerlich abgeschmecktes Sorbet vom Karottengrün sowie eine entsprechende Vinaigrette, die wiederum von Passionsfrucht dynamisch belebt wurde, hielten die Kreation frisch und boten der natürlichen Karottensüße ausreichend Paroli. Da griff alles wohlproportioniert ineinander und es wurde noch nicht so sehr auf die Pauke gehauen.
Ein ziemlich plakatives Geschmacksbild war allerdings beim nächsten Gang mit dem Arbeitstitel und Motiv „Krabbencocktail“ um ein mit klassischer Cocktailsauce angemachtes Krabbentatar herum geboten. Der Geschmack hielt, was die knallige Optik versprach: gedeckelt mit spicy geschmorter, dann mit Krustentiermayonnaise und weiteren markanten Cremes lasierter Ananas, einer Schicht Kopfsalatmousse und verschiedenen Kräutern, umspielt von einer Vinaigrette aus Ananassaft, Anapurna-Curry und Korianderöl, war das trotz des eher lauten, flächigen, leicht dropsigen Aromatik eine ansprechende, harmonisch-runde Sache.
Das waren auf wieder etwas ruhigere und gediegenere Weise auch die Miesmuscheln „Rheinische Art“, bei der die Muscheln mit feinstreifigem Wurzelgemüse mit Estragon und Sauerteig-Sponges auf einem Spiegel kraftvoller, rahmig gebundener Riesling-Muschelsauce mit Estragonöl-Marmorierung schwammen. Den souveränsten, ausgereiftesten und nach unserem Gusto besten Gang gab es mit dem auf Holzkohle gegrillten Rotbarsch von vorzüglicher Produktqualität, der perfekt auf den Punkt gebracht und prononciert gewürzt war. Und der von einem Ragout aus gegrillter Aubergine und verschiedenen Aromaten, einer Art Salsa von Salzzitrone, Bronzefenchel, Salty fingers und Salicornes sowie tiefschürfendem Bouillabaisse-Schaum raffiniert originell und trotzdem sehr eingängig begleitet wurde. Ein dichtes Geschmacksbild mit weiter transparenter Öffnung.
Dass das Jellyfish ein Fischrestaurant ist und der einzige Fleischgang in der Karte ein optionaler Zusatz, könnte man als Hinweis werten – jedenfalls fanden wir das Supreme von der sehr guten Wachtel (aus dem familieneigenen Limousinhof im Unterfränkischen), die als „Rossini“-Variante mit (ungestopfter!) Entenleber sowie den Aromen von Champignons und Bärlauch zum Besten gegeben wurde, nicht ganz so reizvoll wie die maritimen Gerichte. Sehr dicht und umami, aber auch etwas diffus war die als eine Art Crépinette mit etwas streng schmeckender Bärlauchfarce fabrizierte Wachtelbrust bespielt, was in erster Linie an der zwar handwerklich und geschmacklich hervorragenden, in diesem Kontext aber zu wuchtigen reduzierten Sauce, aber auch an den leicht dumpfen Pilzkomponenten lag. Gute 7 Pfannen wäre uns das trotzdem wert gewesen, lag aber dennoch etwas unterhalb der übrigen Kostproben, vor allem dem herausragenden Fischgang.
Weil aber eben auch das Dessert, ein flaches, mit allerhand zweckdienlichen Kontrastelementen wie Knusperreis, Sponges oder filigranem Kakaogeäst bespieltes Schichtwerk aus Frischkäsemousse, Rhabarbergelee und Schokolade, das neben einer Nocke Rhabarbersorbet auf einem erfrischend herben Sud von Sake und Sudachi platziert war, wieder am hohen Niveau anknüpfen konnte, waren die 8 Pfannen diesmal summa summarum wieder hochverdient. Ein Lob gibt's neben der individuellen Weinauswahl auch für die originelle selbstproduzierte alkoholfreie Getränkebegleitung.
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