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Mi-Fr ab 18 Uhr, Sa von 12-15 Uhr u. ab 18 Uhr, So-Di Ruhetag |
Menüs: 190 € |
Ganz zweifellos zählt das Jante zu den originellsten Restaurants in Norddeutschland. Das fängt schon bei der für ein Gourmetlokal charmant unkonventionellen Location an, ein ausgefallenes Domizil in einem um- und angebauten ehemaligen Toiletten- und Kioskhäuschen neben einer Bahnbrückenunterführung, die drinnen modern und geschmackvoll eingerichtet ist und für die Sommermonate auch einen schönen schattigen Freisitz hat. Und es hört bei der sehr eigenständigen Küche von Tony Hohlfeld und seinem jungen, engagierten Team noch längst nicht auf. Doch die ist sicher der lohnendste Grund für aufgeschlossene Feinschmecker, auch von weiter weg hierher zu kommen.
Stilistisch mag das, was im Jante im Rahmen des siebengängigen Menüs plus optionalen Erweiterungen geboten wird, auf den ersten Blick exakt in die Schublade der stark regionalfokussierten, ausgesprochen leichten, gemüse- und kräuterbetonten Küche passen. Doch schon die ersten Grüße aus dem Reich von Tony Hohlfeld und seinem engagierten jungen Team verdeutlichen, dass man es hier mit einer sehr eigenständigen Spielart moderner nordischer Regionalküche zu tun bekommt, die keine Klischees bedient und die bei aller Produktbezogenheit nie naturbelassen und karg daherkommt, sondern sehr auf Vollmundigkeit, auf starke Aromen, auf originelle Kombinationen, eben auf Kreation setzt.
Tony Hohlfeld verfügt nämlich in großem Maße über zwei Eigenschaften, von denen hierzulande viel zu viele Köche viel zu wenig haben: Einfallsreichtum und Aromengespür. Gepaart mit dem Mut, auf die eigenen Ideen zu vertrauen, sind das die besten Voraussetzungen für eine wirklich spannende und selbstbewusst eigenständige Küche, wie sie hier über die vergangenen Jahre hinweg entstanden und gereift ist. So begeistert das Jante-Kulinarium jedes Jahr aufs Neue mit spannend neuartigen Geschmackserlebnissen, die oft auf vermeintlich simplen Produkten basieren und auf vertrauten Aromenbildern aufbauen, diese aber eben auf neue und aufregende Art interpretieren.
Das kann im Aufwärmprogramm ein filigraner Cracker von Walnuss, Reneklode und fermentiertem Knoblauch sein, oder aber die geballte Pilz-Power in knusprig und schmelzig als kleiner Doppelkeks, wie wir ihn hier in ganz unterschiedlichen Geschmacksrichtungen schon öfter mal als Apero-Snack bekommen haben. Und apropos Aperitif: nicht nur da lohnt es sich im Jante sehr, auch das alkoholfreie Angebot in Augenschein zu nehmen. Aufmerksame Leser unseres Guides wissen, dass wir die promillelose Getränkebegleitung, die ausschließlich aus selbst hergestellten, exakt auf die jeweiligen Gänge abgestimmten Kompositionen zusammengestellt ist, seit Jahren zu den Top 10 ihrer Art in Deutschland zählen.
Der erste Gang des Menüs drehte sich bei unserem letzten Besuch um das roh marinierte, glasig-knackige Fleisch von Garnelen aus einer regionalen Zucht die südlich von Hannover liegt. Die zart jodig und süßlich, ansonsten herrlich klar und „sauber“ schmeckenden Krustentiersegmente, die jeweils mit fermentiertem Rhabarber und Rhabarberpapier appliziert in einem von Krustentieröl aromatisierten Molkesud schwammen, bekamen von Grapefruit und Ingwer noch weitere fruchtige, frische Aromen angedient und von Peperoni eine ganz dezente hintergründige grüne Schärfe, was das Ganze zu einer frischen, leichten und sehr vielschichtigen Vorspeise werden ließ. Im Glas dockte die Küche im Rahmen der alkoholfreien Getränkebegleitung kongenial mit denselben Aromen (Rhabarber, Ingwer, Molke) an, gepaart jedoch mit einer animierenden Salzigkeit. Überhaupt zeichnet sich diese Getränkebegleitung dadurch aus, dass sie kaum süß und federleicht ist.
Pulver von geräucherter Molke, eingelegter feinstreifig geschnittener Sauerampfer und eine aufgeschäumte Sauce aus fermentiertem Spargel stellten das Geleit zur lauwarm temperierten Saiblingstranche – ein überraschend vollmundiges, von Schmelz und wohldosierter rahmiger Süße getragenes Gericht. Von daher auch ein perfekter Partner für ein Match mit dem Orange-Wein „Graue Freyheit“ vom österreichischen Weingut Heinrich aus Grauburgunder und Weißburgunder, den uns Gastgeberin Mona Schrader in ihrer ebenso begeisterten wie begeisternden Art diesmal im Rahmen der Weinbegleitung nähergebracht hat.
Und apropos Begeisterung: wie zuvor schon der Saibling, präsentierte sich im Anschluss auch der Müritz-Zander als ein mustergültiger Vertreter seiner Art. Festes, schneeweißes Fleisch, blättrig, glänzend, perfekt auf den Punkt gebracht und auf seinem Rücken neben weiteren Blättchen und Blüten maßgeblich mit rotem Chicorée appliziert. Der Bittersalat befand sich dann auch spielentscheidend als Kimchi unter dem Fisch und eine ebenso kraftvolle wie schmeichlerische Muschel-Hollandaise mit Peperoniöl stellte zwischen allem die Verbindung her, so dass ein im Grunde sogar überraschend klassisches, harmonisches Geschmacksbild mit einer herausragenden Fischqualität im Mittelpunkt entstand. Der wieder kongeniale alkoholfreie Begleiter war eine Cuvée aus Tomaten-Abtropfsaft, Erdbeersaft und Pistazienöl und setzte dem zu begleitenden Gericht diesmal eher gewinnbringend etwas entgegen, als sich nah an dem Geschmacksbild zu orientieren.
Ähnlich wie der Saft von leicht oxidierten Äpfeln und Pilzpulver zu den dünnen Streifen von roh mariniertem Herz und sous-vide gegarter Zunge vom Wagyu-Rind, ebenfalls aus heimischer Zucht, die auf butterzart geschmorten und mit einer Eigelbcreme eingelassenen Lauchherzen gebettet in einem sehr intensiven Ochsenschwanzsud angerichtet waren. Wobei in diesem Sud auch eine Prise von dem Pilz-Powder untergebracht war, die das Gericht nicht nur zu einer wahren Umami-Bombe werden ließ, sondern gewissermaßen auch der verbindende Link zum Getränk war.
Für den eigentlichen Hauptgang des Menüs beschäftigte sich das Team um Tony Hohlfeld diesmal intensiv mit der Wachtel und deklinierten das Geflügel in all seinen essbaren Bestandteilen und Facetten auf sehr produktpointierte Art und Weise. Die an der Karkasse gebratene Wachtelbrust war in Gel von eingelegten und gedörrten Stachelbeeren, eine cremige Topinambur-Schmorreduktion und dünnstreifig geschnittene sautierte Topinambur-„Fäden“ gehüllt, die zart confierte Keule mit Topinambur-Chips paniert, und auf einem dritten Teller gab es noch einen mit geeister Hühnerlebercreme gefüllten „Doppelkeks“ aus knusprigen Geflügelhaut-Hippen. Sehr stark, weil obwohl im Grunde sehr puristisch, eben auch äußerst vielseitig.
Da wir uns zu Beginn für einen von drei optionalen Zusatz-Gängen entschieden hatten, war unser Hauptgang dann allerdings ein für etwa einen Monat trockengereiftes, dann 24 Stunden sous-vide gegartes und final noch kross angegrilltes und satt mit schwarzer gehobelter Trüffel tapeziertes Kotelett vom Duoc-Schwein. Ebenfalls ganz puristisch nur von einer komplexen, dichten Jus begleitet und den verdichteten Aromen von Apfel, Honig, Meerrettich und Whisky. Purer, herzhafter Fleischgenuss in kraftvoller Barbecue-Manier!
Das Menü endete mit zwei grundverschiedenen Desserts. Zunächst die frische, ätherische Variante mit einem in vielen Strukturen aufgebauten Nachtisch von eingelegten und zum Granitée verarbeiteten Fichtensprossen mit knusprig und cremig interpretierten Cerealien sowie einer Art Knollensellerie-Karamell. Dann ein eher dunkler und tiefaromatischer Nachtisch von kompakter Machart mit Eis von Piemonteser Haselnüssen, Holunderbeere und Karamell, bei dem ein an Süßholz erinnernder Akzent mitschwang, der dem Ganzen einen originellen Twist verlieh.
Und so blieb auch nach unserem jüngsten Besuch der Eindruck, dass im Jante eine der auch im bundesweiten Vergleich originellsten und eigenständigsten Küchen auf hohem Niveau geboten wird. Eine Küche, für die man jedoch als Gast noch nicht mal ein hohes Maß an Aufgeschlossenheit mitbringen muss, weil nicht schräg oder experimentell komponiert wird, sondern immer sehr harmonisch im klassischen Sinne.
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