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Fotos: Jante

Jante

Marienstr. 116
30171 Hannover
0511-54555606

aktualisiert: 04 / 2024
Mo Di Mi Do Fr Sa So
Mittags
Abends
Mi-Fr ab 18 Uhr, Sa von 12-15 Uhr u. ab 18 Uhr, So-Di Ruhetag
Menüs: 190 €

Man mag kaum glauben, dass eines der besten Restaurants in ganz Niedersachsen unter einer Eisenbahnbrücke in einem ehemaligen Toilettenhäuschen residiert. Klingt komisch, ist aber so. Hört sich allerdings dramatischer an, als es ist, denn der halbrunde Klinkerbau wurde einstmals nicht nur großzügig angebaut und ist stylisch und gemütlich in modernem skandinavischem Stil eingerichtet – auch die Lage ist trotz Bahndamm und viel befahrener Straße am Rande eines breiteren Grünstreifens mit Baumbestand so, dass man im Sommer sogar recht lauschig draußen sitzen kann. Und dieses gesamte Drumherum hat ja auch irgendwie was, denn das Jante ist trotz seines Ranges und kulinarischen Renommees ohnehin keines jener traditionellen, aristokratischen Gourmetrestaurants, sondern ein lässiges Lokal mit entspannter Gangart, in dem ganz bewusst keine Hemmschwellen hochgezogen werden und in dem man sich folglich sehr leicht wohlfühlen kann.

So unkompliziert das Setting, so anspruchsvoll die Küche unseres ehemaligen Aufsteigers des Jahres (von 2017) Tony Hohlfeld. Doch die ausgetüftelten und vor allem in geschmacklichen Dingen sehr elaborierten Kreationen sind zu hundert Prozent zugänglich und können sowohl Gourmet-Novizen als auch weit in der kulinarischen Welt herumgereiste Foodies gleichermaßen begeistern, denn sie setzen auf markante, überraschende Geschmacksbilder aus ungewöhnlichen Produkt- und Aromenkombinationen. Die kreativen Ideen sind im Grunde genommen immer sehr klar nachvollziehbar, sie fordern den Gast zwar, aber überfordern ihn sicherlich nicht. Wenngleich einem das Kulinarium vielleicht aus der Ferne wie karge, regionalversteifte Hipsterküche nach nordischem Vorbild vorkommen könnte, würde sich dieser Eindruck dann vor Ort sehr schnell in Wohlgefallen auflösen. Denn karg, naturbelassen und restriktiv ist hier rein gar nichts.

Das verdeutlichen immer schon die ersten kleinen Einstimmungen auf das große Menü, zuletzt ein aufgetürmter Baiser-Snack von Kamille, Karotte und Haselnuss in verblüffend vielschichtiger und saftiger Konsistenz, eine Käsewaffel mit fermentierter Hagebutte, sowie der Klassiker im Aufwärmprogramm des Jante: ein Doppelkeks aus dünnem Steinpilzcracker mit geeister Mousse von Kräuterseitling in der Mitte, der diesmal deutlich dunkler gebacken war als sonst, was ihm – ob nun gewollt oder unbeabsichtigt – eine weitere, gar nicht unspannende röstaromatische Facette zuteilwerden ließ. Das wirkt von der Machart her zwar alles noch recht „übersichtlich“, gibt aber geschmacklich schon richtig Gas.

Die Vorspeise des Menüs zum Zeitpunkt unseres jüngsten Testbesuchs drehte sich um in Kimchi-Saft eingelegte und zuvor vier Tage trockengereifte Gelschwanzmakrele, deren Tranchen mit etwas von dem Radicchio-Kimchi unterfüttert waren und von Röllchen aus eingelegter Birne eskortiert wurden. In Kombination mit der in geringer Menge auf den Fisch aufgetupften, in ihrer Intensität aber spielentscheidenden Mayonnaise von geräuchertem Aal entstand da ein sehr markantes und kontrastreiches Geschmacksbild. Süße, Säure, Schärfe, herbe Bitteraromen und eben das herzhaft rauchige der Aalmayonnaise, kamen hier in dynamischen Einklang. Markant war auch das Getränk aus der im Jante unbedingt empfehlenswerten alkoholfreien Begleitung auf Basis von Gelbe Beete und Meerrettich, das sich hier aber trotz seiner starken Präsenz letztendlich ebenfalls sehr harmonisch ins Geschehen einbringen könnte. Schon an dieser Stelle ist klar: langweilig wird’s hier nicht! Weder auf den Tellern noch im Glas.

Das verdeutlichte auch der Drink von Staudenselleriesaft und Holunderblüte mit etwas Salz, der schon mal zum folgenden Saibling mit Ampfer und Waldmeister eingeschenkt wurde und der Frische, Frucht und Säure mit Würze und Tiefe zu animierendem Trinkfluss verband. Nicht eines jener schlicht „unleckeren“, weil adstringierend sauren oder blutleeren Begleitgetränke, wie man sie mittlerweile allzu oft im Rahmen rauschfreier Geleitzüge kredenzt bekommt, sondern eines, das auch solo Lust macht, es zu trinken. Und erst recht als Pairing mit dem zu begleitenden Gericht – in dem Fall soft temperierter, aber gar nicht so zaghaft gewürzter, on top auch noch mit knuspriger gerösteter Hefe beflockter und mit in Waldmeister mariniertem Ampfer sowie Malto von gerösteter Molke beladener Saibling. Umgeben von einem luftigen, aber dichten Schaum von fermentiertem Spargel aus der letzten Saison ergab das ein zwar sehr leichtes und weiches, aber aromatisch doch recht umamiintensives Gericht, das perfekt an den Aromen des Getränks andockte – und selbstredend auch umgekehrt.

Viel milde Umamiwürze prägte auch die Komposition von Miesmuscheln und Stabmuscheln unter einer jodig aufgeladenen und aufgeschäumten Mayonnaise. Doch hier steuerte das Topping aus Schuppen von eingelegtem Kürbis, auf welche Tupfen von Sanddorn und Peperoni sowie Eiskraut-Stängel appliziert waren, geschickt entgegen und brachte wieder ausgleichende Frische, Saure und Knackigkeit ins Spiel. Spannend auch die herben Bitteraromen und das Nussige, was im Glas von einem Saft aus grüner Paprika und Kürbiskernöl hinzukam. Das ist schon durchaus fordernd, aber niemals anstrengend oder strange. Da steht bei aller Originalität schon immer noch der gute, auch unter klassischen Gesichtspunkten harmonische Geschmack im Mittelpunkt. 

So auch beim Sud von fermentierten Erdbeeren, Käsebruch und Kürbiskernöl, was verrückter klingt, als es schmeckt, und der im Anschluss dem mit Kalbsjus glasierten Bries unter lammellenartig daraufgesetzten, mit einer Vinaigrette von Apfel und Meerrettich marinierten roten und grünen Bittersalaten unaufdringlich seinen Stempel aufdrückte. Und auch bei der sous-vide gegarten und dann final angebratenen Lammhüfte mit schön angekrosster schmelziger Fettschicht, die im Hauptgang auf etwas Creme von fermentierten Karotten gebettet und mit einer Creme aus Reneclode und Fichtensprosse getoppt einen rundum guten Eindruck machte. Was wir zuletzt als einzigen wirklich nennenswerten Kritikpunkt anzubringen hatten, spielte sich auf dem kleinen Nebenschälchen ab, wo eine Matte aus fermentiertem Rhabarber und dünnen Scheiben von lackiertem Lammbauch darauf wartete, wie ein Soft-Taco zusammengeklappt und weggesnackt zu werden. Was sich allerdings in der hier lauwarmen bis kalten Darreichungsform als wenig delikat erwies, weil erkaltetes Lammfett immer etwas Derbes hat.

Das erste Dessert drehte sich um geeiste Ziegenmilch, die als dünne untere Schicht mehrlagiger Blätter zusammen mit Creme von fermentiertem Knoblauch, Jasminreis-Nudelteig, Gurke und Senfsaatkaramell auf einem Holunderblütensud angerichtet waren. Das zweite war uns noch aus dem letzten Jahr in bester Erinnerung: ein eher dunkler und tiefaromatischer Nachtisch von kompakter Machart mit Eis von Piemonteser Haselnüssen, Holunderbeere und Karamell, bei dem ein an Süßholz erinnernder Akzent mitschwang, der dem Ganzen einen originellen Twist verlieh.

Und auch wenn wir in diesem Jahr wieder die alkoholfreie Getränkebegleitung wieder besonders hervorgehoben haben, weil sie einfach bundesweit nun mal eine der besten ist: Chefin Mona Schrader ist nicht nur eine sehr sympathische Gastgeberin sondern auch eine kompetente und einfallsreiche Sommelière, die ein unkonventionell zusammengestelltes internationales Weinsortiment hegt und pflegt und den originellen Gerichten auch ebenso originelle alkoholische Pairings entgegenstellt.

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