Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
Abends |
Mi-Sa ab 19 Uhr, So-Di Ruhetag |
Menüs: 229-249 € |
Es ist eigentlich nur eine Kleinigkeit, aber durchaus eine mit Symbolwirkung. Nachdem die Küche von Christoph Rainer schon seit langer Zeit viel mehr von den Aromen und Ideen der japanischen Küche als von den Geschmacksbildern klassischer Haute-Cuisine geprägt war, markiert die Umbenennung des Gourmetrestaurants auf Schloss Elmau von „Luce d’Oro“ in „Ikigai“ – was auf Japanisch so viel wie „wofür es sich morgens lohnt, aufzustehen“ bedeutet – diesen Spirit nun auch schon im Namen. Am Restaurant selbst und an der Stilistik der Küche hat sich dadurch nichts wesentlich verändert. Außer vielleicht, dass Christoph Rainer nun noch konsequenter auf sehr subtile und feingewobene Aromenbilder hinarbeitet.
Ganz unverändert ist dagegen die, wie in allen Bereichen von Schloss Elmau auf sehr noble und komfortable Art entspannte Atmosphäre im Restaurant, das es in seinem reduzierten Stil mit hochwertigsten Materialien und warmem Licht inklusive prasselndem Kaminfeuer dem Gast sehr leicht macht, hier für mehrere genussvolle Stunden zu verweilen. Was durch das immer ruhig und souverän, an den richtigen Stellen aber auch locker und humorvoll agierende Serviceteam um Restaurantleiterin und Sommelière Marie-Helen Krebs nur noch weiter gefördert wird.
Beste Voraussetzungen in jedem Fall, um all den fantastischen Dingen volle Aufmerksamkeit zu schenken, die das Küchenteam im Rahmen der sieben Gänge des (auch in einer vegetarischen Alternative angebotenen) Menüs auf die Teller bringt. Und diese größtmögliche Aufmerksamkeit verdienen die Gerichte auch, denn obwohl durch den teils sehr fokussierten und reduzierten Stil der Zugang zu den Kreationen im ersten Moment leicht wirkt, spielt sich doch sehr viel noch in den feinen Zwischentönen ab. Das gibt vielen Gerichten einen besonderen leisen Zauber, führt aber auch dazu, dass – und damit kommt gleich der einzige kleine Kritikpunkt an einer insgesamt höchst beeindruckenden Leistung! – an der einen oder anderen Stelle durchaus etwas mehr Power und aromatische Lautstärke eine willkommene Abwechslung wäre.
Davon abgesehen bot aber auch der letzte Besuch ein von Anfang bis Ende höchst niveauvolles Erlebnis und in der Gesamtwirkung die bislang stärkste Performance der letzten Jahre. Angefangen bei den ersten akkurat gearbeiteten Miniaturen wie dem luftig-knusprigen Baiser mit Spargel in verschiedenen zarten Texturen, der wie ein elegant hingehauchter Spargelkuss wirkte, oder dem Air-Bread mit geschmorter Aubergine und drei unterschiedlichen Kimizu-Cremes, die teils frische und teils grünlich-scharfe Akzente setzten und gleichzeitig einen gewissen Schmelz beisteuerten. Erfreulich kraftvoll wurde es dann bei der kleinen Knuspertartelette mit schneidig von Wasabi angeschärftem Hamachi-Tatar nebst zarten frischgrün-cremigen Akzenten und jodigem Kaviar, der mit seiner maritimen Salzigkeit den Happen entscheidend mitprägte, während ein geröstetes japanisches Milchbrot mit rohen Jakobsmuscheln und dunklem Algenstaub voll die hervorragende Qualität der Coquilles unterstrich. Ein meisterliches Intro!
Den Übergang zu den größer dimensionierten Kreationen schaffte eine tiefe Schale mit Calamari als ganz zart gegrillte Stücke und roh in Ponzu erwärmte „Tagliatelle“, die mit Fingerlimes, Sesam und der ätherisch frischen Ponzu-Vinaigrette zu einem dicht gewobenen Ganzen wurden und perfekt auf den Stil der Küche einstimmten. Etwa auf den ersten offiziellen Gang, in dem ungestopfte – Schmelz und Ausdruckskraft herkömmlicher Foie Gras aber absolut ebenbürtige –Gänseleber ins Zentrum gerückt wurde. Und das auf fein differenzierte Art als Terrine, Mousse und Eis unter einem zarten Umeboshi-Gelee. Weitere säuerlich-würzige Akzente kamen von getrockneten und dann in Umeboshi-Sud rehydrierten Goji-Beeren sowie einigen dezent würzigen Blüten hinzu, als insgesamt sehr feinsinnig exotische Einbettung des eigentlich eher aus der französischen Hochküche stammenden Hauptprodukts.
Auch als Produkt selbst hätte dagegen die Goldforelle aus Birnbaums Premiumzucht genauso auch aus Japan stammen können. Ganz leicht gebeizt und dann als Tatar mit Apfel und Daikonrettich unter fleischigeren rohen Scheiben der Forelle angerichtet, glänzte diese nämlich mit ihrer außerordentlichen Qualität und ihrem glasklaren Geschmack. Zarte florale Noten steuerte darauf ein kaum süßes Holunderblütensorbet bei, dessen Duft von einer Vinaigrette auf Basis von Holunder-Kombucha sowie Schnittlauch- und Kresseöl erweitert wurde und damit genau diese hochfeinen hintergründigen Nuancen lieferte, die typisch für die Küche des Ikigai sind.
Diese Nuancen gab es dann auch beim in Krustentieröl glasierten Kaisergranat, zusätzlich aber noch etwas mehr „Wumms“ und damit ein echtes Highlight. Eskortiert wurde das quasi mit sich selbst verstärkte Krustentier von einer zarten weißen Spargelstange, die von einem Saucenduo aus hochkonzentriertem, leicht angeschärftem Spargelschaum mit Yuzu und einem cremigeren, aber dennoch transparent leichten Yuzu-Koshu-Sud ergänzt wurden, zwischen denen immer wieder noch duftige Kräuternoten wie von Kerbel und Estragon aufblitzten.
Den perfekten Anschluss daran schaffte das folgende, in Algenbutter arrosierte Filet vom Steinköhler, angerichtet in einer aufgeschäumten Algen-Anchovisbutter und von einer üppigen Nocke aus edlem N25-Kaviar, zart crunchigen Teigsplittern und einem salzig-süßlichen japanischen Barbecue-Gel gekrönt. Das erzeugte im Zusammenspiel Umami pur, aber eben auf höchst feinsinnige Art, die in zu jeder Zeit das perlmuttweiße, zart aufblätternde Fleisch des Steinköhlers in den Mittelpunkt rückte.
Ebenfalls klar im Mittelpunkt stand dann der rosazarte Maibockrücken unter einem hauchzarten Gelee mit Morcheltapenade. Zurückhaltende und dennoch prägnante Akzente lieferten zu diesem außergewöhnlichen Wildbret ein Miso-Auberginenconfit und vor allem die elegant transparente Jus, die markant durch die ätherisch-zitrischen Noten von Sanshobeeren belebt wurde. Der Sansho brachte seine charakteristische, auch leicht pfeffrige Würze außerdem als grüne Emulsion ein und gab dem Wildfleisch einen spannend frischen und dynamisch Twist.
Als einziger Akt ganz knapp hinter den sonstigen Eindrücken lag dann – nach dem originelle Pré-Dessert „Sake-Cup“ mit einer schaumigen, blumig-frischen Creme mit subtil rauchigen Pfirsich-Zubereitungen und etwas auflockerndem Crunch – das anschließende Hauptdessert. Das Schloss zwar in seiner typisch markant reduzierten Ästhetik und akkuraten Gestaltung nahtlos an die vorherigen Teller an, zeigte in der Kombination aus Matcha-Biskuit, verschiedenen zierlichen Rhabarberzubereitungen und einem duftig-cremigen Waldmeistereis auf eine insgesamt eher leise und dezente Art aber minimale Schwächen bei der Feinabstimmung. Hauptsächlich deshalb, weil der Biskuit etwas zu dominant teigig geriet und damit andere, subtil gesetzte Akzente gewissermaßen schluckte. Was aber zugegeben Kritik auf extrem hohem Niveau ist und nichts daran ändert, dass mit dem Dessert ein auf beschwingt frühlingshafte Art überzeugender Abschluss geschaffen wurde – und es für die gesamte Leistung unterm Strich nun für die lange avisierte Aufwertung auf 10 Pfannen reicht.
Ohnehin jedes Mal eine Benchmark sind zu alldem die Weinempfehlungen von Marie-Helen Krebs, die das Gesamterlebnis im Ikigai als Gastgeberin und Sommelière mit ihrem Team genauso entscheidend prägt wie Christoph Rainer in der Küche. Aus dem großen Fundus hochwertiger Weine (und Sake!), der hier im Schlosskeller lagert, gibt es absolut treffsichere und niveauvolle Pairings und auch alkoholfrei werden spannende, schlank und komplex gestaltete Alternativen angeboten.
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