Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Mittags |
Abends |
Mi-Sa ab 19 Uhr, So-Di Ruhetag |
Menüs: bis185 € |
Die wichtigste Neuerung zuerst: die Hofstube, das ambitionierte Gourmetrestaurant im Hause Deimann, das bislang seit seiner Eröffnung im Jahr 2016 im Souterrain des Wellnesshotels residierte, ist in neue, noch großzügigere und definitiv schickere Räumlichkeiten im ersten Stock umgezogen, wo es nun zudem auch eine Balkonterrasse gibt. Geblieben ist nicht nur die offen in den Raum integrierte Küche, in der Felix Weber und sein Team für die Gäste sichtbar zugange sind, sondern auch der kulinarische Kurs, der sich weitgehend an der französischen Klassik orientiert, aber sehr weltoffen interpretiert wird. Zeitgemäß leicht und in moderner Ausführung, aber immer mit genügend Schmelz, Volumen und aromatischer Dichte.
Ein deutliches Ausrufezeichen setzte die Küche bereits mit den ersten Snacks, die allesamt das jeweilige Hauptprodukt ganz weit nach vorne stellten und es überdies originell in Szene setzten. Zuerst eine Poget-Auster, die pointiert zusammen mit einer Nocke Austernwasser-Eiscreme mit Staudensellerie und grünem Apfel sowie Salty Fingers in ihrer Schale als jodig-frischer Einstieg präsentiert wurde. Dann ein raffiniert mit Schärfe, Säure und Süße spielendes Tatar von der Gamba Carabinera unter einer schaumig-cremigen Haube aus markanter Jalapeño-Espuma, wobei hier sowohl die mikrofeinen Gurkenwürfel zwischen dem glasig-fleischigen Krustentiertatar als auch die krossen Buchweizenpops auf der Schaumhaube eine nicht zu unterschätzende Rolle auf der sensorischen Microebene spielten. Ähnlich fein abgestimmt war auch das Rindertatar mit Schalotten-Sauerrahmcreme, filigranen Algenstreifen und N25-Kaviar in einem fragilen Knusperzylinder, das hingegen einem gänzlich klassischen Motiv folgte.
Der Chef hat es jedenfalls voll drauf, ausdrucksstarke, im besten Sinne knallige Geschmacksbilder zu kreieren, die bei weit aufgedrehtem Aromenlevel trotzdem sehr fein abgestimmt sind. So wie die bemerkenswert kontrastreiche Vorspeise rund um Bauch und Rücken vom Balfegó-Thunfisch, der hier asiatisch inspiriert (viel Japan und ein bisschen Indien…) zum Besten gegeben wurde. Der fette Bauch in dünnen schmelzigen Scheiben auf einer Tandoori-Cremepaste und das Rückenfleisch als Tatar, flankiert von Avocado, einigen Tupfen einer Tandoori-Mayonnaise, einem intensiven Eis von roter Rettichkresse, sowie kleinen knusprigen und knackigen Komponenten und Partikeln wie Salatherz, Algenknusper, Rettich, Reischips. Spielentscheidend war hier zudem eine mit Ingwer und Zitrusfrucht angespitzte helle Shoyu-Vinaigrette, die das alles mit unaufdringlicher Umami-Note und dynamischer Säure untermalte. Funktioniert hätte das recht komplexe Gericht wahrscheinlich auch ohne den Störkaviar auf den Scheiben vom kurz auf beiden Seiten angebratenen Thunfischbauch hervorragend – er verlieh ihm aber trotzdem ein gewinnbringendes mineralisches Finish, auf das wir im Nachhinein auch nur ungern verzichtet hätten.
Puristischer und ruhiger wirkte der Zwischengang um einen prächtigen Langustino, der zart gegart und ganz ohne Röstnoten, aber mit dem zitrisch-herben Kick von etwas Limettenschalenabrieb auf einer vollmundigen und tiefen Limonen-Buttersauce aus bester französischer Bordier-Butter angerichtet war. Da brauchte es auch nicht mehr als die eskortierenden Karottenzylinder und vollreife aromatische Mango mit etwas Palmherzencreme, um diesem Gericht einen wieder fernöstlich inspirierten, diesmal eher an die Landesküchen Thailands erinnernden Touch zu verleihen. Mit französischer Klassik par Excellence ging es beim geflämmten schottischen Loch-Douart-Lachs weiter, der in glasig-blättriger Perfektion auf einem Bett aus sündhaft buttrigem Kartoffelpüree dockte, von Spargel und jungen Erbsen umgeben war und durch eine mit Estragonöl duftig akzentuierte Beurre blanc Schmelz und Süffigkeit verliehen bekam. Hier war es neben der perfekten Proportionierung das von Buddahs Hand zitrisch zugespitze Spargelkompott auf dem Fisch, welches der Komposition den entscheidenden Schubs in eine schlanke, dynamische Richtung gab.
Prototypisch für Felix Webers Stil und die Stärken seiner Küche war zuletzt der Hauptgang, der sich um Rehrücken, Sellerie, Spitzkohl, Pfifferlinge und Serviettenknödel drehte und bei neun von zehn Köchen eine etwas dröge, matte und breite Angelegenheit gewesen wäre. Nicht so hier, wo schon das Wild aus Sauerländer Jagd selbst mit viel Saft und Kraft, mit zartem Biss und viel Eigengeschmack begeisterte. Aber auch die drei Komponenten von Knollensellerie wirkten elegant und wohlproportioniert, die Pfifferlinge und das cremig unterlegte Spitzkraut waren noch leicht knackig und gut abgeschmeckt, der Serviettenknödel eine raffinierte kleine, fluffige Sache. Den Rest besorgten die beiden fantastischen Saucen, eine klassische dunkle Sauce Rouennaise auf Wildbasis mit grünem Pfeffer und eine als leichter Schaum darübergelegte helle, mit reichlich Gänseleber schmelzig aufgetunte Albufera-Sauce. Komplex und tief, aber zugleich leichtfüßig elegant. Großartig!
Nichts als Freude und Genuss auf unkompliziert anspruchsvolle Art bescherten auch die beiden Desserts, zunächst eine Interpretation von Piña Colada in der Kokosnussschale und dann ein Schichtwerk aus Joghurtmousse, marinierten Mara de Bois Erdbeeren, Rhabarber-Buttereis und Frühlingskräuter-Ganité, das als unmittelbar eingängiges Löffeldessert vom vollmundigen Schmelz bis zum frisch-säuerlichen Topping einen dynamischen Abschluss bescherte, bei dem alle Komponenten smooth ineinandergriffen.
Auch eine vielseitige Auswahl internationaler Flaschenweine und spannende Weinempfehlungen aus der Feder von Sommelier Christian Pufahl sind in der Hofstube, die in den neuen Räumlichkeiten ihrem Namen eigentlich gar nicht mehr gerecht wird, weiterhin gesetzt. Es lohnt sich aber auch, dessen selbstgemachte alkoholfreie Getränkebegleitung zu probieren. Insbesondere der aus Cassis, Kaffee und Rosmarin hergestellte Begleiter zum Reh ließ aufmerken, war dies doch mit Sicherheit eines der besten nullprozentigen Pairings der Testsaison.
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